"Betrugsfälle", "Mitten im Leben", "Die Schulermittler" - Sendungen die Lena, David, Aileen und Katharina gerne schauen - vier Stunden täglich. Ob sich die Jugend mit "Assi-TV" doof glotzt? Der Jugendkreistag ging den Dingen auf den Grund.
Wenn Aileen, Lena, Katharina und David von der Schule nach Hause kommen, greifen sie zuerst nach der Fernbedienung. Fernseher an - Kopf aus. Einfach nur runterkommen, entspannen, berieseln lassen - an nichts mehr denken müssen. Über ihren Bildschirm flackern dabei immer dieselben Sendungen: "Berlin Tag und Nacht", "Familien im Brennpunkt", "Die Schulermittler" und noch viele andere gehören längst zu ihrem Alltag. Bis zu vier Stunden am Tag schauen sie in die Röhre. "Ich brauch' das einfach", sagt Aileen. "Ohne ging es gar nicht, das wäre der Horror", findet Lena.
Die Rede ist vom "Assi-TV", also dem Vor- und Nachmittagsprogramm privater Sender, das auch oft als "scripted reality" bezeichnet wird. Die Dialoge sind trotz Drehbuch meist improvisiert, Handlungen und Lebenssituationen inszeniert. Besonders untere Gesellschaftsschichten werden oft abwertend dargestellt, die Realität ist verfälscht.
Aileen, Lena, Katharina und David aus der 9. Klasse der Mittelschule Kitzingen-Iphofen sowie andere Schulen aus dem Landkreis setzten sich mit der Theorie auseinander und zeigten gestern im Jugendkreistag selbst erarbeitete Präsentationen über die negativen Folgen des "Assi-TV" zeigten.
Aileen und Co. gingen auf eine neuseeländische Studie ein, nach der ein häufiger Fernsehkonsum das Bildungsniveau von Kindern und Jugendlichen stark beeinträchtigen kann - bei Kindern mit mittlerem Intelligenzniveau mehr als bei hochbegabten Kindern. Auch Noten verschlechtern sich, wenn bereits Grundschulkinder einen eigenen Fernseher haben. "Wichtig ist, dass man unterscheiden kann, ob die gesehene Sendung Realität oder Fiktion ist", sagen die Schüler.
Zu hoher Fernsehkonsum ist bildlungsschädlich Zu viel "Assi-TV" kann jedenfalls massive Folgen haben, davor warnten die Schüler
des Armin-Knab-Gymnasiums in Kitzingen: Mangelnde schulische Leistungen, Aufmerksamkeitsdefizite, Konzentrationsprobleme, fortschreitender Verlust der Sprachkompetenz und Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten können bei dem einen früher, bei dem anderen später eintreten. "Man kann den Sendern vorwerfen, dass sie bei zu hohem Fernsehkonsum bildlungsschädlich sind", finden auch die Schüler der Leo-Weismantel-Realschule Marktbreit.
Aber warum wird das "Assi-TV" dann überhaupt geschaut, wenn es für die Persönlichkeitsentwicklung so gefährdend sein kann? Warum ist es gerade unter Jugendlichen so beliebt? Ist es aus Langeweile, Sensationslust, Neugier oder gar Schadenfreude? Die Schüler der Dr. Karlheinz-Spielmann-Mittelschule Iphofen können sich auch Gruppenzwang als Motiv vorstellen.
Raus aus der "Doofen-Falle" komme man ihnen zufolge vor allem mit Hobbys - und einem geregeltem Fernsehkonsum.
Johannes Wagenblast von der Fachstelle für Prävention bot jeder Schule an, einen Vortrag in Sachen Medienkompetenz halten zu können. Für ihn liegt die Verantwortung vor allem bei den Eltern: "Es ist nicht sinnvoll, den Fernseher als billigen Babysitter zu nutzen." Laut einer Studie haben bereits 20 Prozent der Zweijährigen ein eigenes Fernsehgerät. "Von diesen Eltern ist keine Bereitschaft da, sich um den Fernsehkonsum ihres Kindes zu kümmern", bedauert er.
Auch Aileen, Lena, Katharina und David haben alle einen eigenen Fernseher in ihrem Zimmer."Es lenkt ab bei Problemen in der Familie oder in der Beziehung", meint David.
Das reale Leben ist ihnen aber immer noch tausendmal wichtiger: "Freunde haben Vorrang." Dann bleibt der Fernseher aus, hat das "Asi-TV" Meldepause, zählt nur noch das Hier und Jetzt.
Anträge gegen Konsum Die Schulen aus dem Landkreis stellten dem Kreistag insgesamt drei Anträge, um gegen einen zu großen Konsum des "Assi-TV" vorzugehen.
Angenommen Fünf Schulen beantragten, dass der Landkreis Kitzingen die Schulen bei der Einrichtung von Angeboten für Schüler, Eltern und Lehrer zum Thema "Medienkompetenz" unterstützen sollte. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.
Abgelehnt Die Mädchen-Realschule Volkach empfahl, dass der Landkreis sowohl Vereine finanziell unterstützen sollte, um Kindern und Jugendlichen mehr Freizeitangebote zu bieten, als auch Gemeinden, um die Vielfältigkeit von Angeboten zu steigern. Beide Anträge wurden abgelehnt.