Bevor die Knauf-Mitarbeiter im Steinbruch (hier in Nenzenheim) an das Gipsgestein herankommen, müssen erst etliche Meter andere Boden- und Gesteinsschichten abgeräumt werden. Foto: Ronald Rinklef
Der Bohraufsatz am Radlader steht bereit für die nächste Bohrung von Sprenglöchern. Foto: Ronald Rinklef
Es staubt, aber der Bohrer frisst sich schnell ins Gestein. Foto: Ronald Rinklef
3,80 Meter tiefe Löcher entstehen. Foto: Ronald Rinklef
Der Loch-Durchmesser ist so groß, dass das Sprengpulver hineinpasst. Foto: Ronald Rinklef
Jetzt bereitet Erich Volkamer die Sprengung vor. Foto: Ronald Rinklef
Elektrodrähte werden bereitet. Foto: Ronald Rinklef
Das Pulver wird mit Druckluft eingeblasen. Foto: Ronald Rinklef
Dazu verwendet Erich Volkamer einen Schlauch, den er in die Bohrlöcher steckt. Foto: Ronald Rinklef
Diese Gesteinswand ist überschaubar. Foto: Ronald Rinklef
Die Drähte liegen bereit. Foto: Ronald Rinklef
Jetzt müssen alle Fahrzeuge raus aus dem Steinbruch. Foto: Ronald Rinklef
Die Zündung kann erfolgen. Foto: Ronald Rinklef
Das geschieht mit einer Kurbel. Foto: Ronald Rinklef
Zuvor wird gewarnt - mit einer Signalhupe. Foto: Ronald Rinklef
Hinweisschilder informieren über die Sprengsignale. Foto: Ronald Rinklef
Jetzt knallt es. Foto: Ronald Rinklef
Erich Volkamer Foto: Ronald Rinklef
600 Tonnen Gestein wurden gesprengt. Arbeit für den Radlader. Foto: Ronald Rinklef
Auch dicke Brocken sind dabei. Foto: Ronald Rinklef
Alles wird aufgeladen und kommt ins Brechwerk nach Markt Einersheim. Foto: Ronald Rinklef
Blaue Lkw fahren ständig zwischen Steinbruch und Produktionswerk. Foto: Ronald Rinklef
Nicht immer ist das Gipsgestein so weiß wie hier, in der Regel ist es grau. Foto: Ronald Rinklef
Mit dem tonnenweise abgebauten Rohstoff Gips hat sich die Firma Knauf zum führenden Baustoffhersteller in Europa hochgearbeitet. Unterwegs im Steinbruch.
Aus der Signalhupe hinten auf der Ladefläche des Pritschenwagens dröhnt ein langer weithin hörbarer Ton. Kurze Zeit später erneut dieser Ton. Diesmal zweimal und ganz kurz. Jetzt wird es richtig gefährlich. Erich Volkamer löst mit einer Kurbel die Sprengung aus. Es knallt gewaltig. Eine Staubwolke steigt hoch, Gesteinsbrocken fliegen durch die Luft. Doch davon kriegt der 57-Jährige nur wenig mit. Er steht einige hundert Meter entfernt an seinem Sprengauto - außerhalb des Steinbruchs.
Felder gepachtet
Hier auf einem Feldhügel in Possenheim in der Nähe von Iphofen (Landkreis Kitzingen) baut die Firma Knauf einen Rohstoff ab, der für sie inzwischen synonym steht: Gips. In der Gegend gibt es aktuell vier aktive Gruben. Die betreffenden Felder hat Knauf von den Landwirten gepachtet, später nach dem Gipsanbau werden sie rekultiviert.
Es ist kalt heute. Doch das macht Erich Volkamer nichts aus. "Man gewöhnt sich dran. Warme Schuhe sind wichtig. Grippe kriegt man selten", sagt er locker. Seit 1980 arbeitet er bei Knauf, kommt aus dem nahen Hüttenheim, einem Ort mit 550 Einwohnern. Ursprünglich hatte er Landmaschinenmechaniker gelernt. Dann bewarb er sich bei Knauf. "Ich bin Sprenghauer", sagt er. Der Begriff aus der Bergmannssprache verweist nur auf einen Teil der Tätigkeit des Unterfranken. Er liebt seinen Job an der frischen Luft vor allem, weil dieser so abwechslungsreich ist.
Bohren, Sprengen, Aufladen
Wenn die Geologen von Knauf ein Gebiet für den Gipsabbau ausfindig gemacht haben, kommen zunächst einmal die Bagger, um die Erdschicht abzuräumen. Das sind in der Regel zwischen drei bis zehn Meter Boden und Gestein, die die begehrte Gipsschicht überdecken. Erst dann beginnen Volkamers Arbeiten: Bohren, Sprengen und Aufladen. "Wir schaffen von 6 Uhr bis nachmittags um halb drei. Sommer wie Winter." Mit wir meint er sich und noch einen Kollegen. Mehr Mitarbeiter sind im Possenheimer Steinbruch nicht nötig. Derzeit arbeiten sie in der Früh mit künstlichem Licht. "Im Januar bauen wir am meisten ab, weil die Baustoffhändler die Lager voll machen, bevor im Frühjahr die Bausaison beginnt", erklärt Volkamer.
Sprengung nicht vor 8 Uhr
Zunächst muss der 57-Jährige den großen Radlader mit hydraulischem Bohraufsatz an die Gipswand fahren, um die Löcher für die nächste Sprengung vorzubereiten. Immer wieder frisst sich der Bohrer 3,80 Meter tief in das Gestein. "Die Abstände der Bohrlöcher habe ich im Gefühl", sagt Volkamer. Gesprengt wird an jedem Arbeitstag. "Nicht vor 8 Uhr und nicht um die Mittagszeit." Zuvor bläst der Knauf-Mitarbeiter noch mit einem Schlauch und Druckluft Sprengstoffpulver in die vorgebohrten Löcher.
600 Tonnen Gestein
Der Geruch von Pulver liegt in der Luft, als Volkamer nach der heutigen Sprengung mit seinem Pritschenwagen wieder in den Steinbruch hineinfährt. Die vier Meter hohe Gesteinswand ist auf einer Länge von 30 Metern eingebrochen. Gesteinsbrocken mit bis zu einem Meter Durchmesser auf einem Haufen - ungefähr 600 Tonnen liegen da. Schon nähert sich ein blauer Lkw mit Knauf-Aufschrift. Volkamer steigt in den Radlader. Mit dessen Schaufel lädt er die Brocken auf den Lkw. Zwei dieser Transportfahrzeuge fahren den Tag über zwischen Steinbruch und dem Brechwerk in Markt Einersheim. Ungefähr 24 Ladungen schaffen sie täglich dorthin. "Ein Teil bleibt dort und wird zu Feinputzen verarbeitet. Der andere Teil kommt ins Werk Iphofen, wo Gipsplatten produziert werden", erklärt Volkamer.
Niedrige Exportquote
Die Produkte aus dem fränkischen Gips bleiben in der Region. Der Transport in ferne Länder wäre aus Gewichtsgründen zu teuer. Die Exportquote der Knauf-Gruppe ist deshalb gering. Im Gegenzug ist kaum eine Firma so international ausgerichtet wie Knauf, was die Produktion angeht. Das Unternehmen betreibt weltweit Werke, rund 160 Stück. Hergestellt werden unter anderem Trockenbau- und Bodensysteme, Putze, Farben, Fließestriche und Wärmedämm-Verbundsysteme.
Gegründet im Saarland
Der Hauptsitz in Iphofen besteht erst seit der Nachkriegszeit, gegründet wurde die Firma im Saarland. Geführt wird die Knauf-Gruppe heute unter anderem in dritter Generation vom Enkel eines der beiden Firmengründer.
Jahrtausende altes Produkt
Gips ist ein uralter Baustoff. Vor etwa 220 Millionen Jahren gab es an den heutigen Abbauorten in Unterfranken subtropisches Klima und eine Lagune am Rande eines Meeres. Eine dicke Sedimentschicht lagerte sich ab: Anhydrit. Nach und nach wurde die Anhydritschicht von anderen Schichten überdeckt. Und nach und nach sorgte die Erosion dafür, dass diese Schichten im Laufe von Jahrmillionen wieder abgetragen wurden. Dort, wo Wasser den Anhydrit erreichte, wurde er - ebenfalls wieder nach Jahrmillionen - zu Gipsgestein. Der Rohstoff Gips fällt aber heute auch häufig als Nebenprodukt verschiedener chemischer großtechnischer Verfahren an. Gips - das ist der einzige Nachteil - kann man im Außenbereich nicht verwenden.