Das Angebot ist da, die Nachfrage bislang nicht: Ende April wurde am Badesee "Löchle" in Wonfurt ein Storchennest installiert. Jetzt ist Geduld gefragt.
Eine passende Wohnung im Landkreis Haßberge zu finden, darüber können viele ein langes Klagelied singen. Vor allem Familien. Keine kleinen Kinder, keine Haustiere erwünscht, das sind nur zwei der vielen Gründe, warum manche Vermieter ihre Türen nicht so gerne öffnen. In Wonfurt allerdings ist die Situation derzeit etwas entspannter.
Zumindest, wenn man ein Storch ist: Das passende freie Apartment für die Vögel mit den langen roten Beinen und weißem Federkleid wartet auf Mieter. Kinder sind dabei ausdrücklich gewollt. Ein Storchennest wurde Ende April am Badesee "Löchle" aufgebaut, aber bis heute von einigen Störchen lediglich überflogen.
Es gab schon einmal ein Nest
"In den 50er und 60er Jahren gab es in Wonfurt schon einmal ein Nest und auch Störche", weiß der Wonfurter Bürger und Allgemeinarzt Jürgen Suckfüll, auf dessen Initiative die Wohngelegenheit hoch in den Bäumen entstanden ist. "Sie überfliegen Wonfurt auf ihrer Reise in den Süden", so Suckfüll, der die Langbeiner auf ihrem Winterflug gen Sonne schon zigmal beobachten konnte. Doch von Jahr zu Jahr überwintern immer mehr Störche in Deutschland.
Allein im Freistaat Bayern sind über 200 Tiere erfasst, die es vorziehen, nicht mehr in den Süden zu ziehen, zeigen die Zahlen vom Naturschutzbund Deutschland. "Man muss doch mal ein Angebot machen, dass sie hier bleiben", so Jürgen Suckfüll über seine Nest-Idee. Gesagt, getan: Das Internet hat dem Mediziner einige Informationen zum Wohnangebot für Störche gegeben. Auch mit Manfred Husslein von der Umwelt- und Naturschutzbehörde am Landratsamt Haßberge hat er Kontakt aufgenommen. "Ich habe lange nach jemanden gesucht, der ein Nest flechten könnte", kann sich Jürgen Suckfüll erinnern. Bei Herbert Magdalener aus Sand am Main ist er mit seinem tierfreundlichen Anliegen auf offene Ohren gestoßen. Innerhalb einer Woche war das Weidengeflecht mit einem Durchmesser von 1,20 Meter fertig, obwohl sich der Korbflechter dabei auch an sein Erstlingswerk dieser Art wagte. "Er fand das eine tolle Idee", weiß Jürgen Suckfüll noch.
Storch vor Bieber
"Lange Diskussionen" sind Jürgen Suckfüll mit Blick auf den besten Platz für das Storchennest in Erinnerung geblieben. Einer der Bäume am "Löchle", den Jürgen Suckfüll zusammen mit dem Anglerverein und dessen Ehrenvorsitzenden Ewald Rauschert gepachtet hat, sollte es aber werden. Es folgte eine Abholzaktion im großen Rahmen und das Areal wurde von Unmengen an Totholz befreit. "Da half fast das ganze Dorf mit", erzählt Jürgen Suckfüll begeistert, "die Gemeindearbeiter haben das Holz später gehäckselt und entsorgt." Um der Biberfamilie ihre Grenzen aufzuzeigen wurden auch die Stämme der Bäume teilweise mit Maschendrahtzaun umwickelt.
Dann sollte das Nest installiert werden. Felix Jäger und Matthias Scheder, von Beruf Baumpfleger und exzellente Kletterer, waren die Macher des Storchennestes in zehn Meter Höhe. An Seilen gesichert, brachten sie das "handgefertigte Luxusappartment für die Familie Adebar", wie es Jürgen Suckfüll gern bezeichnet, an Ort und Stelle in der Baumkrone an. "Sie haben erst ein Grundgerüst aus Latten gesetzt und dann das Nest befestigt", beschreibt es Suckfüll.
Warten auf den Storch
Seit Ende April sind die Wonfurter nun also auf "Storchenschau". Am 5. Mai wurde bereits ein Tier gesehen, doch setzte sich dieses lieber auf eine Antenne im Dorf als in das frisch gemachte Nest am idyllischen "Löchle". "Das ist jetzt Zufall, ob die Störche kommen oder nicht", betont Jürgen Suckfüll, "aber jeder schaut und wenn etwas gesichtet wird, kommt sofort eine Meldung." Enttäuscht ist er nicht, wenn er jetzt etwas länger warten muss. "Das ist ein bisschen wie die Vorfreude an Weihnachten", beschreibt er seine Gefühlslage.