Westheimer Roller Oldies: Wilde Kerle über 70

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Peter Melcher (66), Hermann Jilke (76), Alfred Ackermann (78), Franz Kreckel (78), Franz Siebeneicher (77), Theo Stretz (79), Reinhold Beckert (73) und Ottmar Persch (77) sind die Roller-Oldies. Foto: Barbara Herbst
Peter Melcher (66), Hermann Jilke (76), Alfred Ackermann (78), Franz Kreckel (78), Franz Siebeneicher (77), Theo Stretz (79), Reinhold Beckert (73) und Ottmar Persch (77) sind die Roller-Oldies. Foto: Barbara Herbst
Die Roller-Oldies auf Tour im Gründungsjahr 2003. Das Bild ist in Sand am Main entstanden. Foto: privat
Die Roller-Oldies auf Tour im Gründungsjahr 2003. Das Bild ist in Sand am Main entstanden. Foto: privat
 
Sweat-Shirt statt Lederkutte bei den Oldies. Foto: Barbara Herbst
Sweat-Shirt statt Lederkutte bei den Oldies. Foto: Barbara Herbst
 

In einem Alter, in dem andere ihren Führerschein abgeben, gründen acht Westheimer einen Rollertreff. Zehn Jahre später sind sie immer noch unterwegs. Eine Geschichte über echte Männer, die irgendwie jung geblieben sind.

Freiheit auf zwei Rädern. Dazu braucht es nicht mehr als acht dicke Freunde, acht Roller und Zeit. Acht Männer, die sich fast ihr ganzes Leben kennen, entschließen sich vor zehn Jahren dazu, ein echtes Männerding durchzuziehen. Sie gründen ihren eigenen Rollerclub. Und zwar in einem Alter, in dem sich sonst das eine oder andere Ziepen und Zwacken bemerkbar macht. Peter Melcher (66 Jahre), Hermann Jilke (76), Alfred Ackermann (78), Franz Kreckel (78), Franz Siebeneicher (77), Theo Stretz (79), Reinhold Beckert (73) und Ottmar Persch (77) werden ab März 2003 zu den "Roller-Oldies" aus Westheim.

Fränkischer Asphalt

Es braucht ganze Kerle, um die fränkischen Straßen unsicher zu machen. Ihr Revier ist die Gegend zwischen Rhön und Maintal, zwischen den Haßbergen, dem Steigerwald und der Fränkischen Schweiz.
Weit über 200 Touren sind die Oldies zusammen gefahren. "Wir waren sogar schon im Knast", erzählt Franz Kreckel. Und zwar im Jugendgefängnis in Ebrach. Da haben sie eine Führung mitgemacht. "Wir haben versucht, dass sie uns behalten, aber da hatten wir keine Chance", flachst Peter Melcher.

Die Roller-Oldies sind der harte Kern einer Truppe aus Westheim, die immer aktiv geblieben ist und Neues gesucht hat. Man kannte sich und hatte die schon früh ähnliche Interessen, gleich ob bei der Westheimer Narrenzunft, beim Fußball oder Fahrradfahren. "Das Radfahren ist uns irgendwann zu beschwerlich geworden. Dann haben wir uns gefragt, hören wir auf oder nicht?", erzählt Reinhold Beckert. Eigentlich sei die Antwort von vornherein klar gewesen: "Nein, wir hören nicht auf", sagt Beckert.

Man entscheidet sich kurzerhand dazu, ab sofort Ausflüge mit dem Roller zu machen. Also besorgte sich zunächst jeder eine kleine Maschine mit 50 Kubikzentimeter Hubraum. Auf schönes Wetter warten, Helm aufsetzen und Gas geben. Damit waren alle einverstanden: Wer sich so lange aufeinander eingespielt hat, bei dem läuft es harmonisch, wie bei einem gut geschmierten Vespa-Getriebe.

Ein Bett im Heu

Wenn dicke Kumpels auf heißen Reifen unterwegs sind, geht es natürlich mitunter etwas derber zur Sache. "Wir haben mal in einem Heubodenhotel in Waischenfeld übernachtet. Da war der Boden so hart. Gott sei Dank gab es da vorher ne ordentliche Feier, sonst hätte keiner schlafen können", erzählt Franz Kreckel. Um eine gepflegte Nachtruhe zu gewährleisten, wurde die Gruppe sicherheitshalber noch aufgeteilt. "Die Schnorcher auf die eine, die Pforzer auf die andere Seite"sagt er. Weltweit gibt es wahrscheinlich keine Mannerclique, die ohne markige Sprüche und Frotzeleien auskommt.

Hinter jedem Quatsch steckt aber auch der nötige Ernst. "Früher hatte man keine Zeit, sich die eigene Gegend anzuschauen. Viele Leute hier kennen ja nicht einmal den Steigerwald", sagt Reinhold Beckert. Er ist so etwas wie der Organisator der Gruppe, plant die Touren und sucht immer andere Ziele raus. Mal die JVA Ebrach, mal das Drei-Franken-Eck bei Heuchelheim, oder die Schwedenschanze nahe Rottenstein. "Für jede Fahrt muss es ein Ziel geben", sagt Beckert. Ein wenig Kultur ist ihm und den Oldies wichtig.

Blindes Vertrauen

Vor der Abfahrt wissen nur Beckert und der "Frontfahrer" bescheid, wo es hingeht. Der Rest fährt vertrauensvoll hinterher. Echte Kerle brauchen eben nicht viele Worte, um sich zu verständigen. "Wir entscheiden immer einstimmig, wo es hin geht und die eine Stimme ist Reinhold", sagt Peter Melcher.

Kompromisse mit dem Alter

Die Roller-Oldies haben es irgendwie geschafft, jung zu bleiben. Sie haben sich den Spaß am Leben bis ins Alter bewahrt.Trotzdem zwingt die Zeit ihnen Kompromisse auf. "Die Gesundheit spielt halt nicht bei jedem immer mit", sagt Reinhold Beckert.

Rollerfahren ist körperlich anspruchsvoll und erfordert volle Konzentration. Deshalb sind die Touren kürzer geworden, Tagesausflüge gibt es so gut wie nicht mehr. "Manchmal muss auch einer mit dem Auto hinterher kommen, wenn er mit dem Roller nicht fahren kann", sagt Franz Kreckel. Das mache schon wehmütig. "Man ist trotzdem froh, dass man noch etwas zusammen macht", sagt Peter Melcher gelassen.

Den Roller-Oldies bleibt allerdings immer der nostalgische Blick zurück, wie an ihre längste Tour: Eigentlich hatten sie schmerzende Pobacken in Kauf genommen, um das Waffenmuseum in Suhl zu besuchen. Das hatte nur leider an dem Tag geschlossen."Da sind wir 230 Kilometer für eine Thüringer Bratwurst gefahren", sagt Kreckel und lacht.

Auch wenn die Roller-Oldies älter und die Touren kürzer werden. Sie bleiben optimistisch, denn sie wissen: Reinhold Beckert wird schon das nächste gute Ausflugsziel finden.