Wenn der Postmann vergeblich läutet

2 Min
Wer den streitbaren Herrn in Ebern postalisch kontaktieren möchte, bekommt Probleme. Einschreiben nimmt er nicht entgegen bzw, holt sie auch nicht ab. Es handelt sich um "die eindringende Sendung eines lebenden Organes eines Anbieters", womit eine Behörde oder Firma gemeint ist.
Wer den streitbaren Herrn in Ebern postalisch kontaktieren möchte, bekommt Probleme. Einschreiben nimmt er nicht entgegen bzw, holt sie auch nicht ab.  Es handelt sich um "die eindringende Sendung eines lebenden Organes eines Anbieters", womit eine Behörde oder Firma gemeint ist.

Die Staatsanwaltschaft hat mehrere Schreiben des vermeintlichen Reichsbürgers unter die Lupe genommen und verfolgt gestellte Strafanzeigen nicht weiter.

"Kurzen Prozess" hat die Staatsanwaltschaft in Bamberg mit den Strafanzeigen gegen einen 48-jährigen Mann aus Ebern gemacht, der für die Verteilung von rund 10 000 Flugblättern Mitte August verantwortlich zeichnete, die Reichsbürger-Ideen beinhalteten. Im Nachgang hatte der Mann Vertreter mehrerer Institutionen mit einem ganzen Katalog an zum Teil konfusen Forderungen, aber auch finanziellen Ansprüchen überzogen.

Daraufhin wurden Strafanzeigen gegen den Familienvater und "Firmenbesitzer" erstattet. Nach weniger als zwei Wochen hat die Staatsanwaltschaft Bamberg die Ermittlungsverfahren eingestellt. Die Begründung in Kurzform und vollkommen unjuristisch formuliert: Die Darlegungen des selbst ernannten Treuhänders sind einfach zu abstrus.

Wörtlich heißt es in der Begründung der Staatsanwaltschaft: "Die Gesamtschau der Flugblätter lässt ohne weiteres Erkennen, dass diese nicht von einer staatlichen Stelle herrühren (...) Insgesamt ist das Flugblatt auch von kaum nachvollziehbaren Texten belegt, die nicht verständlich sind."


An allen Fronten

Mit seinem gestaffelten Forderungskataolog hat der einstige Industriemechaniker, der Anfang 2013 eine Firma ins Vereinsregister eintragen ließ, um sich selbstständig zu machen, Eberner Polizeibeamte, Bedienstete im Landratsamt und auch in der Verwaltungsgemeinschaft Ebern konfrontiert, die der Polizei vorgelegt wurden, wie Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) auf Anfrage mitteilte. "Wir warten auf Rückmeldung zur weiteren Vorgehensweise, erst dann wird über mögliche Handlung unsererseits entschieden."

Wenig aufgeregt befasst man sich im Landratsamt in Haßfurt mit dem Fall bzw. dem Mann, der seit Jahren zusammen mit Ehefrau und Tochter in einem etwas abgelegenen Haus am Rande der Altstadt lebt, wobei er bislang kaum auffällig geworden war. "In der Zulassungsstelle wurde mal ein Flyer abgegeben", weiß Monika Göhr, die Sprecherin des Landratsamtes, wo "der Forderungs-Katalog auch gelandet ist".

Das in großer Stückzahl verteilte Flugblatt zum "Referendum über die Siegelrechte", das am 17. September irgendwo (?) ansteht, wurde von Haßfurt aus dem Landratsamt Bad Kissingen "zur Kenntnis gegeben", weil dort die Fäden für die Bundestagswahl zusammenlaufen.

Derweil macht der selbst ernannte Treuhänder mit eigenwilligem Rechtsverständnis aber eifrig weiter und bastelt aus den Textbausteinen seines Regionalverbandes von "Einiges Deutschland" ein Fax nach dem anderen zusammen. So bezichtet er seine Adressaten des "Mitbe-treibens organisierter Regierungskriminalität", so wörtlich, und der Sklaverei, des Kredit-, Post-, Wohnsitz- und Identitätsbetrugs, der Nazifizierung, der Personenstandsfälschung, des Handelns ohne Rechtsfähigkeit und mit unechten Urkunden.

Um den Humbug perfekt zu machen, soll der Adressat "unstreitig stellen", dass er "in Anschrift oder Anrede eine vom BGH verbotene Personifikation nutzt, indem durch den Zusatz Herr/Frau, aus dem Mensch eine juristische Person vortäuscht". Hilfe!

Da mit solcher Reichsbürger-Diktion schon versucht wurde, finanzielle Forderungen gegen Bedienstete aus öffentlichen Verwaltungen über eine Bank in den USA anzumelden und nach europäischem Vollstreckungsrecht über ein Inkasso-Büro aus Malta einzutreiben, sind sowohl das Auswärtige Amt wie auch das Bundesjustizministerium in Berlin, ebenso wie die Landesjustizverwaltung mit dem Thema befasst, erfuhr diese Zeitung auf Anfrage. "Wir stehen mit den Behörden auf Malta in Kontakt", hieß es dazu aus dem Bundesjustizministerium. Und noch eine Empfehlung gab eine Sprecherin. "Sollten Sie Kenntnis vom Eintrag einer Forderung gegen Sie in einem US-Register erlangen, können Sie auch leicht eine Löschung erwirken."

Und während die Staatsanwaltschaft in Bamberg die Strafanzeigen zu den Akten legt, will sich das Auswärtige Amt "sofort einschalten", wenn Forderungen aus dem Ausland eingehen.

Bislang stammen die Schreiben bzw. Faxe nur aus Computern, die in Ebern und nahe Chemnitz stehen. "Zu Klagen ist es noch nicht gekommen", beruhigt eine Justizsprecherin aus Berlin. "Die Faxe und Schreiben sollen einschüchtern und verunsichern."