Der Katholische Frauentreff in Zeil setzte ein Dramolett der Schriftstellerin Tanja Kinkel in Szene. Die Vorsitzende Monika Schraut schlüpfte in die Rolle einer Nonne zur Zeit der Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert.
Eine Frau, innerlich zerrissen, zweifelnd an der Kirche und sich selbst, hadernd mit ihrem Schicksal, das ist Annamaria, die Tochter des angesehenen Bamberger Ratsherrn und Bürgermeisters Johannes Junius. Der wird als Hexer verdächtigt, gefangen genommen, gefoltert und umgebracht, und seine Tochter bekommt einen Brief ihres Vaters aus dem Gefängnis in die Hände, in dem er seine Unschuld beteuert und der den ganzen Wahnsinn der Hexenverfolgung, wie sie im 17. Jahrhundert vor allem in Bamberg und Zeil wütete, deutlich macht.
Aus heutiger Sicht ist schwer zu verstehen, was damals passiert ist. Wie konnte es geschehen, dass Menschen, Männer, Frauen und sogar Kinder, als Hexen denunziert, verhaftet, gemartert und getötet wurden?
Aus der Feder von Tanja Kinkel Der Katholische Frauentreff Zeil hat sich des Stoffs in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule angenommen. Am Samstag- und am Sonntagabend setzte der Frauentreff in zwei Aufführungen mit begleitendem Programm das Dramolett "Bitte für uns Sünder" der Erfolgsautorin Tanja Kinkel in Szene. Sie hat es 2007 geschrieben. Der Hintergrund beruht auf Tatsachen, das Dramolett ist fiktiv.
Zunächst lud der Frauentreff die Besucher in das Dokumentationszentrum "Zeiler Hexenturm" ein. Dort erläuterte Christa Dölker die Zeit der Hexenverfolgung. In mehreren Wellen wurden in Zeil zwischen 1616 und 1631 rund 400 Menschen als Hexen verfolgt und getötet. Zeil war der Brennofen der Machthaber im nahen Bamberg. Dort fanden, wie Dölker schilderte, unter dem berüchtigten Fürstbischof Johann Georg von Dornheim und Weihbischof Friedrich Förner mehr als 600 Hexenprozesse statt.
Viele Gründe Warum wurden Menschen als Hexen denunziert, ins Gefängnis geworfen, gefoltert und getötet. "Es gibt nicht den einen Grund", sagte Christa Dölker. Mehrere Faktoren kamen zusammen: der Glaube an Zauberei, eine gewisse Endzeitstimmung, der 30-jährige Krieg, Katastrophen (Seuchen, Krankheiten, Ernteausfälle), die Unterstützung durch die Herrscher und persönliche Motive.
In Erinnerung und zu Ehren der Opfer hat die Stadt Zeil vor einigen Jahren am und im Stadtturm das Dokumentationszentrum "Zeiler Hexenturm" eingerichtet. Es ist ein Originalschauplatz, denn im Turm befand sich ein Verlies, in dem die sogenannten Hexen eingesperrt waren.
Der "Zeiler Hexenturm" mit dem benachbarten ehemaligen Fronhaus umfasst auch drei Räume, die nach drei Aussagen des Bamberger Ratsherrn und Bürgermeisters Johannes Junius benannt sind. Er hatte aus dem Gefängnis heraus einen Brief an seine Tochter Veronika geschrieben. Der Brief ist zwar nie bei seiner Tochter angekommen, aber er ist in den Prozessakten erhalten geblieben und trägt die berühmten Sätze: "Unschuldig bin ich in das Gefängnis gekommen. Unschuldig werde ich gemartert. Unschuldig muss ich sterben." Gefangennahme, Folter (Marter) und Tod sind die Themen für die drei zentralen Räume im Zeiler Dokumentationszentrum.
Den Junius-Brief hat die Schriftstellerin Tanja Kinkel, die bekannt ist für ihre historischen Romane, aufgegriffen für ihr Dramolett "Bitte für uns Sünder". In Kinkels Erzählung kommt der Brief zu Junius' zweiter Tochter, Annamarie. Sie ist Nonne und eine "gute gläubige Christin".
Hier setzt nun der zweite Teil der Frauentreff-Veranstaltung ein. Die Besucher gingen zur nahen Annakapelle. Dort spielte Frauentreff-Vorsitzende Monika Schraut die Nonne Annamarie. Es ist ein Monolog. Sie liest den Brief ihres Vaters Johannes Junius und macht einen Wandel durch.
Widerstrebend nimmt sie das Schreiben zur Kenntnis. "Ich will den Brief nicht lesen. Ich glaube kein Wort von dem", was der Vater schreibt. "O Herr, bewahre uns vor dem Teufel", liegt sie auf einer Linie mit den Hexenjägern. Zunächst noch. Sie glaubt an die Richtigkeit der kirchlichen Vorgehensweise. Denn: "Kein guter Mensch kommt in das Malefizhaus." Selbst an ihrer eigenen Mutter lässt sie kein gutes Haar: "Das ist nicht meine Mutter. Ein Hexenweib war sie."
Je mehr sich Annamaria in den Brief vertieft, desto mehr Zweifel kommen ihr. Sie blickt aus dem Fenster und erkennt: "So viele Häuser stehen leer in der Langen Gasse. Es ist keiner mehr übrig." Die Hexenjagd entvölkert die Stadt.
Zweifel und Fragen Tut die Kirche doch nicht das Richtige? "Dann hätte nicht die Gerechtigkeit Gottes gewaltet, sondern Mord", erkennt sie. "Wie soll ich das glauben, Vater?", fragt sie. "Ich verstehe das nicht." Weitere Zweifel kommen, als die Nonne aus dem Brief erfährt, dass ihr Vater ein Pferd getötet hat, obwohl von ihm verlangt worden war, dass er seine Kinder opfern sollte. "Welcher Hexer liebt" seine Kinder?, fragt sie weiter.
In ihrer Not und Verzweiflung ruft sie die Muttergottes an: "Heilige Maria, bitte für uns Sünder, bitte für alle, die noch warten im Malefizhaus." Und: "Bitte für den Weihbischof", den schlimmsten Hexenjäger.
Monika Schraut spielte die Rolle mit großer Intensität. Die Vorsitzende, die Theologin ist und ebenso wie Christa Dölker im Hexenbeirat der Stadt mitarbeitet (einem ehrenamtlichen Kreis von an der Geschichte der Hexenverfolgung interessierten Personen in Zeil), kann sich gut in die Situation der fiktiven Annamaria hineinversetzen. Sie hat sich mit der Rolle stark identifiziert, wie sie gegenüber unserem Portal bestätigte.
Im dritten Teil der Veranstaltung, einer Diskussionsrunde im Pfarrsaal unter Leitung der katholischen Familienseelsorgerin Dagmar Schnös, kamen die Zerrissenheit und die Zweifel der Annamaria nochmals zur Sprache. Eine der Fragen, die im Raum stand, lautete: Wie kann man an einen Gott glauben, der solche Grausamkeiten zulässt?