TV-Technik hilft Sehbehinderten

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Die Aktion "So können Blinde und Sehbehinderte barrierefrei fernsehen" am Sehbehindertentag fand in der Firma Schlegelmilch in Haßfurt statt. Unser Bild zeigt (von links) den Mitarbeiter des Unternehmens, Werner Nöth, den Geschäftsführer Michael Schlegelmilch, der auch Zweiter Bürgermeister in Haßfurt ist, sowie Michael Schulz, Hans-Josef Hero und den Sehbehinderten Christoph Stumpf aus Königsberg. Foto: Ulrike Langer
Die Aktion "So können Blinde und Sehbehinderte barrierefrei fernsehen" am Sehbehindertentag fand in der Firma Schlegelmilch in Haßfurt statt. Unser Bild zeigt (von links) den Mitarbeiter des Unternehmens, Werner Nöth, den Geschäftsführer Michael Schlegelmilch, der auch Zweiter Bürgermeister in Haßfurt ist, sowie Michael Schulz, Hans-Josef Hero und den Sehbehinderten Christoph Stumpf aus Königsberg.  Foto: Ulrike Langer

Der Blindenbund informierte in Haßfurt darüber, dass Menschen, die Probleme mit den Augen haben, Filme am Fernsehgerät verfolgen können.

"Blinde und sehbehinderte Menschen schauen sehr gerne und sehr viel fern. Doch weil viele Fernseher nicht barrierefrei zu bedienen sind, benötigen sie technische und menschliche Hilfe", sagt Michael Schulz, Blinden- und Sehbehindertenberater des Baye-rischen Blinden- und Sehbehindertenbundes der Bezirksgruppe Unterfranken/Würzburg für den Landkreis Haßberge. Er leitete am Dienstag, dem "Sehbehindertentag", die Aktion "So können Blinde und Sehbehinderte barrierefrei fernsehen" in der Firma Schlegelmilch in Haßfurt, einem der bisher 50 ausgewiesenen "Fernsehfachhändler für sehbehinderte und blinde Menschen".
Es gibt mehr als eine Million sehbehinderte Menschen in Deutschland, denen sich seit 1998 der Sehbehindertentag besonders widmet. Wie Michael Schulz mitteilte, sind rund 100 Menschen im Landkreis Haßberge blind und weitere 400 Personen sehbehindert. Sie alle wollten möglichst selbstständig am Leben teilnehmen. Dazu gehöre auch das Fernsehen. "Es gibt in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern mittlerweile ein umfassendes Programm mit Audiodeskription. So nennt man Bildbeschreibungen, die in den Dialogpausen eines Filmes eingesprochen werden und in knappen Worten zentrale Elemente der Handlung sowie Mimik, Gestik und Dekor beschreiben. Diese Audiodeskription macht einen Film zum Hörfilm - perfekt für blinde und sehbehinderte Menschen", erklärte Michael Schulz, der selbst blind ist.
Um diese Funktion nutzen zu können, benötigt man fachkundige Hilfe bei der Einstellung des Fernsehgeräts beziehungsweise beim Einkauf eines neuen Gerätes. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenbund hat daher eine bundesweite Aktion gestartet und zu einer Service-Offensive aufgerufen. So gibt es bereits die ersten Fachhändler, die im Internet unter www.sehbehindertentag.de veröffentlicht wurden.
Einer von ihnen ist Michael Schlegelmilch von der gleichnamigen Firma in Haßfurt. "Ich habe mich auf Initiative von Michael Schulz mit dem Thema befasst und kann mit meinem Mitarbeiter Werner Nöth entsprechende Unterstützung leisten", sagte er bei der Aktion, an der auch Hans-Josef Hero, Blinden- und Sehbehindertenberater im Landkreis Haßberge und kommunaler Behindertenbeauftragter des Landkreises Haßberge, sowie der Sehbehinderte Christoph Stumpf aus Königsberg teilnahmen.
Wie Michael Schlegelmilch bekanntgab, bieten die aktuellen Fernseher die Möglichkeit, das "barrierefreie Sehen" von Hörfilmen einzustellen. Im Einzelfall aber ist eine Beratung unumgänglich. Wie man einen Fernseher einstellt, zeigte er anhand eines Filmes. Wer weitere Informationen sucht und die Voraussetzungen wissen möchte, wird im Internet unter www.hörfilm.info fündig.
Des Weiteren präsentierte Werner Nöth einen Film mit Audiodeskription und das aktuelle Tagesprogramm an entsprechenden Filmen. So gab es am Dienstag beispielsweise zwölf Sendungen bei ARD, One, 3sat, NDR und verschiedenen Regionalsendern. Immerhin hat der Bayerische Rundfunk seit 1996 insgesamt 1296 Hörfilme ausgestrahlt. Da in den Dialogpausen Szenen, Protagonisten und Handlungen von einem zusätzlichen Erzähler beschrieben werden, können alle relevanten Aspekte eines Films erfasst - und auf Wunsch an- oder abgestellt werden. Weiter kann man sich auch das eingestellte Programm und Informationen zur laufenden Sendung ansagen lassen. "Diese Art Fernsehen ist gut für die Gleichberechtigung und die Auswahl verbessert sich stetig", ergänzte Michael Schulz und fuhr fort: "Einen Fachhändler vor Ort zu haben, ist besonders wichtig, da die Wege kurz sind, man individuell beraten wird, das Ganze auch zu Hause eingerichtet werden kann und man bei Problemen gezielte Hilfe erhält."
Christoph Stumpf, der nur noch eine Sehkraft von drei bis dreieinhalb Prozent besitzt, jedenfalls ist begeistert: "Durch die hervorragende Beratung hier im Geschäft habe ich nun eine Dimension mehr, um das Fernsehen zu nutzen", sagte er.
Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte seien oft sehr überteuert. Doch Hörfilme kosteten kein extra Geld. "Das ist wirklich klasse!"
Wer mit einer normalen Fernbedienung nur schwer zurecht kommt, für den gibt es auch eine gut bedienbare Fernbedienung mit wenigen, großen Tasten, die Michael Schlegelmilch vorführte. Die Tasten können im Geschäft individuell eingestellt werden und so kann man sich mit einem Tastendruck ebenfalls Informationen zu Sendungen ansagen lassen.
Darüber hinaus präsentierte Christoph Stumpf ein iPhone, das sprechen kann, so dass auch Sehbehinderte und Blinde dieses "Wischkästchen" bedienen können. Apps wiederum bieten viele Möglichkeiten, beispielsweise Geldscheine zu lesen, Verkehrsverbindungen ansagen zu lassen, Barcodes zu lesen, Gedrucktes zu scannen und vorlesen zu lassen oder die Farbe und das Material der Kleidung im Kleiderschrank ansagen zu lassen. "Solche Apps gibt es auch für andere Smartphones", teilte Michael Schlegelmilch weiter mit. Welche Apps besonders gut geeignet sind, hat die Stiftung Warentest im Heft 07/2016 getestet. Den Bericht kann man sich im Internet vorlesen lassen sowie herunterladen und auch ausdrucken.