Schulen in Ebern sind nun Referenzschulen für Medienbildung

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Das Handy ist für Jugendliche längst zu einem universalen Wegbegleiter geworden. Foto: Eckehard Kiesewetter
Das Handy ist für Jugendliche längst zu einem universalen Wegbegleiter geworden. Foto: Eckehard Kiesewetter
Die Teamleiter von Mittelschule, Konrektor Toni Binder, und Gymnasium Oberstudienrat Alexander Kleber, Ministerialdirigentin Elfriede Ohrnberger und Gymnasial-Direktor Klauspeter Schmidt (von links) bei der Übergabe des Referenzschulen-Zertifikats. Foto: privat
Die Teamleiter von Mittelschule, Konrektor Toni Binder, und Gymnasium Oberstudienrat Alexander Kleber, Ministerialdirigentin Elfriede Ohrnberger und Gymnasial-Direktor Klauspeter Schmidt (von links) bei der Übergabe des Referenzschulen-Zertifikats. Foto: privat
 
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Philipp Arnold, Leiter der Mittelschule.Foto: Eckehard Kiesewetter
Philipp Arnold, Leiter der Mittelschule.Foto: Eckehard Kiesewetter
 
Roland Baumann, Medienpädagoge.Foto: Michael Gründel
Roland Baumann, Medienpädagoge.Foto: Michael Gründel
 

Die Mittelschule und das Gymnasium in Ebern haben durchdachte Konzepte für den Umgang mit den Medien im Unterricht ausgearbeitet. Dafür wurden sie jetzt zu "Referenzschulen für Medienbildung" erklärt.

Jugend wächst heute in einer Welt der "Apps", "Tweeds" und "Hashtags" auf. Begriffe vor denen viele Erwachsene kapitulieren, ebenso wie vor der Allgegenwart von Smartphone und Tablet-Computern. Soziale Netzwerke sind die Interessengruppen von heute; Kinder und Jugendliche leben online und in ihrer eigenen, trendigen Medienrealität. "Diese Welt ist Eltern und Erziehern nicht immer ganz geheuer," sagt dazu Roland Baumann, "aber sie existiert und wir müssen damit umgehen." Der Studienrat mit Doktortitel lehrt am Friedrich-Rückert-Gymnasium in Ebern und ist zugleich medienpädagogisch-informationstechnischer Berater für die Gymnasien in Unterfranken.

Wie bekommt man die Möglichkeiten, aber auch die Schattenseiten dieser Medienwelt in den Griff? Dieser Frage haben sich die Schulleitungen und Lehrerkollegien von Gymnasium und Mittelschule in Ebern gestellt. Es ist die Frage nach der Medienkompetenz. Die Verantwortlichen beider Schulen sind sich einig, dass man die Jugend nicht von den Medien fern halten kann. Ziel müsse es vielmehr sein, Schüler zu kompetenten Medien-Nutzern zu erziehen.

Schulen mit Prädikat

Für ihr Bemühen, die richtige Strategie für einen sinnvollen und dosierten Umgang mit Medien in der Schule zu finden, wurde beiden Schulen in der vergangenen Woche in Dillingen das Prädikat "Referenzschule für Medienbildung" zugesprochen. Sie reihen sich damit in eine Phalanx von mittlerweile 120 Schulen in Bayern ein, die sich dieser besonderen Herausforderung der Zeit stellen wollen.

Drei Jahre sind seit der Bewerbung beider Schulen um dieses Zertifikat vergangen. Dies waren aber keine Jahre des Wartens, sondern Jahre intensiven Arbeitens an schlüssigen Konzepten. An der Mittelschule leitete Konrektor Toni Binder diese Bemühungen, am Gymnasium war Oberstudienrat Alexander Kleber der Koordinator.
In Arbeitsgruppen entstanden sogenannte Medienentwicklungspläne. Instrumente, das laut Roland Baumann planvolle und bedarfsgerechte Anschaffungen für die Medienerziehung gewährleisten. Bislang, erklärt er, haben Schulen ihre Beamer, digitalen Tafeln oder anderes Gerät jeweils dann beschaffen können, wenn die nötigen Finanzmittel zur Verfügung standen. So klaffen tatsächlicher Bedarf und verfügbare Kapazitäten mitunter weit auseinander.

Passgenaue Lehrpläne

In einem weiteren Schritt haben beide Eberner Schulen jeweils eigene Lehrpläne für den Medienunterricht ausgearbeitet. Dafür war es wichtig, herauszufiltern, welche Medienkompetenzen man in welcher Jahrgangsstufe verbindlich vermitteln kann, wobei das Angebot auch noch in den Lehrplan des jeweiligen Schulfachs passen muss. Alle Fachvertreter waren aufgerufen, sich in diesen entscheidenden Denkprozess einzubringen. Ein zutiefst pädagogischer Schritt, denn damit konnte man die Nähe zum Fachunterricht garantieren und zugleich alle Lehrer mit "ins Boot holen". Das erhöht die Akzeptanz unter den Pädagogen. Deshalb fanden auch Lehrerkonferenzen statt. Der unterrichtsfreie Bus- und Bettag wurde dafür genutzt; und es gab Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen zum Umgang mit modernen Programmen (beispielsweise "Moodle" oder "Mebis") für die Medienarbeit im Unterricht.

Für die Teamleiter und Betreuer wiederum organisierte das Kultusministerium, spezielle Konferenzen und Tagungen in der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen.

Das Gymnasium kann mit Studienrat Baumann auf eine Koryphäe im Bereich Medienpädagogik und Informationstechnik bauen. Als Berater für Unterfranken ist er da ganz in seinem Metier. Er lobt die Motivation seiner Kollegen: "Es ist schön, dass alle Beteiligten sich mitreißen lassen und mitziehen", sagt er. Schließlich gehe es darum, die Schüler zum "verantwortungsbewussten Umgang mit Medien im eigenen Leben anzuhalten."

Entscheidend ist die Praxis

Im schwäbischen Dillingen konnten die Verantwortlichen der beiden Schulen in der vergangenen Woche nach der zweijährigen Projektphase ihre Zertifikate in Empfang nehmen. Die erfolgreichen Qualifizierung zur "Referenzschule für Medienbildung" war dem Kultusministerium einen kleinen Festsempfang wert.

Doch das Zertifikat allein macht's natürlich nicht. Jetzt geht's an die Praxis. Die Pläne müssen in die Tat umgesetzt werden, und außerdem soll das erarbeitete Medienwissen ja auch an weitere Schulen und Bildungseinrichtungen weitergeben werden. "Hierzu werden Mittelschule und Gymnasium auch weiterhin zusammenarbeiten - wie es sich für pädagogische Nachbarn eben gehört", sagt Baumann: "Für die praktische Umsetzung stimmen sich die neu ernannten Referenzschulen eng ab und werden gemeinsam organisierte schul- und schulartübergreifende Lehrerfortbildungen zu Aspekten des Medieneinsatzes im Schulunterricht anbieten."
Ein Schwerpunkt am Friedrich-Rückert-Gymnasium wird beispielsweise der Jahrgangsstufe 6 gelten. Deren Medienkompetenz soll eine Initiative namens "Netzgänger" (siehe Bericht rechts) fördern, die in Ebern mitentwickelt wurde.

Laut Klauspeter Schmidt, Schulleiter am Eberner Gymnasium geht es nicht nur um den Einsatz der Medien, sondern auch um eigene Medien-Produktionen. "So haben wir zum Beispiel Kurse, die eigene Podcasts oder kleine Filmsequenzen erstellen." Videos als Klassenarbeit. Dies sei , so der Oberstudiendirektor, nur mit entsprechender Ausrüstung möglich, weshalb es darauf ankomme, "die technische Ausstattung auf ein höheres Niveau zu heben." Das bedeutet Kosten für den Sachaufwandsträger.

Das Gymnasium will einen der Computerräume zum Medienraum umwandeln. In jüngster Zeit hat man bereits zwei zusätzliche Klassenzimmer mit interaktiven Whiteboards (Smart-boards) ausgestattet. Zum Teil gemeinsam mit der Mittelschule wurden Computer mit spezieller Software für das Schneiden von Videosequenzen, Kameras, Aufnahmegeräte für Podcasts, dazu weitere Soft- und Hardware gekauft. Beide Schulen sollen die Geräte benutzen können.

"Wichtig war für uns," sagen Schmidt und sein Kollege Philipp Arnold von der Mittelschule in einer Art Zwischenbilanz, "die gemeinsame Bewerbung beider Schulen. "Wir wollen damit die enge schulartübergreifende Kooperation betonen und zeigen, dass beim Einsatz moderner Medien schulartspezifische Unterschiede weniger bedeutsam sind, als die Gemeinsamkeiten." Arnold betont den Wunsch, die Zusammenarbeit weiter zu pflegen und verweist zugleich auf den schuleigenen Medienlehrplan der Mittelschule, der festschreibt, welche medialen Kompetenzen Schüler in welcher Jahrgangsstufe erreicht haben sollen.

Philipp Arnold: "Fast alle unsere Klassenzimmer sind mit Whiteboards ausgerüstet, so dass Lehrer auch im Unterrichtsalltag damit arbeiten können, und die Schule ist komplett vernetzt." Über dieses Netzwerk seien Lernlinks und -programme in jedem Raum des Hauses verfügbar, so dass medialer Unterricht unabhängig vom Fachraum überall in der Schule möglich wird.

Arnolds Angaben zufolge entstehen jedes Jahr eigene Musikvideos in der neunten Jahrgangsstufe. Dazu analysieren die Kinder zunächst Musikvideos verschiedener Künstler, schreiben ihr eigenes Drehbuch, übernehmen Rollen, üben Videoschnitt, und Szenengestaltung. Der Schulleiter: "Die Eigenständigkeit der Schüler wird dadurch gefördert."

"Die mediale Arbeit," kann Philipp Arnold heute behaupten, "ist selbstverständlich in unser Schulprofil integriert und unersetzbarer Bestandteil des täglichen Unterrichts."

Schüler lernen von Schülern

Die so genannte "Netzgänger-Initiative" macht sich das Vorreiterwissen junger Leute zu eigen und nutzt den so genannten "Peer-Effekt" für eine effektive Medienerziehung. Tutoren aus höheren Jahrgangsstufen (im Eberner Gymnasium sind das Schüler der elften Klasse) leiten die Mädchen und Buben der sechsten Klassen im selbst- und verantwortungsbewussten Umgang mit sozialen Netzwerken und digitalen Spielwelten an. Es geht aber auch um Einkäufe, Downloads und allgemein Rechtsgeschäfte im Internet.

Die Tutoren wiederum werden in einem eigenen Profilfach "Medienkunde" speziell für ihren pädagogischen Einsatz ausgebildet. Ältere Schüler genießen, laut dem Eberner Medienpädagogen Roland Baumann, bei der Zielgruppe, also Kindern in der sechsten Klasse, "in solchen Themenfeldern wesentlich mehr Vertrauen und Glaubwürdigkeit" als Lehrer.

Baumann war beteiligt, als die Initiative im Jahr 2009 am Friedrich-Rückert-Gymnasium Ebern in Zusammenarbeit mit dem Clavius-Gymnasium und einem Institut der Uni Bamberg entstand. Sie wird von der Bayerischen Staatskanzlei finanziert.

"Dieses Tutorium soll auch dazu dienen", sagt Baumann, "die Kinder und Jugendlichen vor Schattenseiten der Mediennutzung, wie etwa dem Cybermobbing, zu bewahren." Er spricht von einem "wichtigen Beitrag bei der Erziehung zu heutiger Lebenstüchtigkeit." In über 30 Schulen gibt es die "Netzgänger" bereits. Auch die Mittelschule Ebern will das Konzept umsetzen.

Die Referenzschulen

Die "Referenzschulen für Medienbildung " gelten als Anlaufstation und Vorbild in Sachen Medienbildung. Als Multiplikatoren sollen sie weitere Schulen auf den Weg bringen. Die Initiative des bayerischen Kultusministeriums und des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung setzt auf das Schneeballprinzip.

Ausgezeichnet werden Schulen, die ihre Medienarbeit professionalisieren, um den Anforderungen der Zeit in der Erziehung gerecht zu werden.

Die Schulen erarbeiten einen Medienentwicklungsplan, der jeweils auf die Schulart und Jahrgangsstufe abgestimmt ist, und setzen ihn um. Dazu gehört auch ein fächerübergreifender Methodenlehrplan, Ein Ausstattungskonzept und ein Plan für Fortbildungen zum Thema sind weitere Voraussetzungen .