Elf Kinder nehmen einmal in der Woche die Golfschläger in die Hand. Sie nehmen in Steinbach an einem außergewöhnlichen "Unterricht" teil, der pädagogisch punktet.
Mathematik, Englisch, Golf. Golf? Auf den Stundenplänen der Wallburg-Realschule in Eltmann ist diese Sportart längst nichts Ungewöhnliches mehr. Der Golf sorgt seit fast zwei Jahren für schwungvolle Abwechslung im Schulalltag, und den Schülern macht es sichtbar Spaß, die Turnhalle oder das Sportgelände mit dem Golfplatz zu tauschen.
"Abschlag Schule" heißt das neue Zauberwort des Deutschen Golfverbandes (DGV), der Golf als Schulsport etablieren will. Ein Angebot, das die Wallburg-Realschule für sich entdeckt hat, zumal der Golfplatz in Steinbach ganz in der Nähe liegt.
"Durch ,Abschlag Schule' können wir unseren Schülern jetzt eine attraktive und sinnvolle Ergänzung zu den klassischen Disziplinen des Sportunterrichts bieten", freut sich Manuela Küfner, Realschulkonrektorin und Golf-C-Trainerin mit Schwerpunkt Schulsport.
"Wir machen die Erfahrung, dass der Golfsport viele Schüler anspricht, auch sportlich ambitionierte."
Jeden Dienstagnachmittag von 13.30 bis 15 Uhr sehen die Schüler Grün und stapfen nach der Schule über den Golfplatz in Steinbach. Es nieselt, der Himmel ist grau, der idyllische Ausblick ins Maintal und auf den Schulberg in Eltmann verhangen. Den hätten die elf Realschüler auch bei strahlendem Sonnenschein nicht bemerkt, denn ihre Konzentration gilt den Golfschlägern und der Anlage hoch über dem Maintal. Sie wägen ab, welcher Schläger es denn sein soll, und nehmen schließlich einen Putter zur Hand. "Damit locht man ein", erklärt ein Sechstklässler - möglicherweise ein kommender Tiger Woods.
Der DGV und der VCG (Verein Clubfreier Golfer) hat es in Kooperation mit Manuela Küfner möglich gemacht: Die Kosten für die Trainingsstunden der elf Schüler werden bis zu den
Sommerferien vom VCG übernommen, das Material wird gestellt, und sogar ein gemieteter Bus fährt nach Eltmann und holt die Golfbegeisterten nach der sechsten Stunde zum "Termin auf dem Green" ab. "Und das soll auch im kommenden Jahr beibehalten werden", sagt Manuela Küfner, selbst Anhängerin des Sports mit den kleinen Löchern auf dem grünen Rasen. "Golf ist schon lange kein elitärer Sport mehr. Es hat sich ein Wandel hin zu Golf als Trendsportart ergeben", sagt die Konrektorin.
Doch nur ums Einlochen geht es natürlich bei dem Eltmanner Golf-Projekt nicht. Pädagogisch gesehen, fördert das Golfen die Teamfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Rücksichtnahme wird großgeschrieben, denn wer nicht aufpasst, kann einen anderen Mitspieler mit einem ganzen Schwung verletzen.
Der pädagogische Wert ist deutlich sichtbar: Friedlich ist es, wenn abgeschlagen oder eingelocht wird.
So friedlich, dass man die Schüler teilweise gar nicht wieder erkennen würde, meinen die Lehrer. Da läuft der sonst eher aufgedrehte und ständig mit ungefragten Kommentaren zum Unterricht glänzende Schüler über das Green, als würde er die Grashalme am liebsten gar nicht berühren. Seiner Mitschülerin, die keinen Putter hat, steckt er gentlemanlike seinen Schläger zu. Defizite des Schulalltags werden wie von allein ausgeglichen.
Und auch bei stärker werdendem Regen scharen sich die Schüler um Ramon Männel, ihren Golflehrer, der Golftraining im Golfclub Haßberge gibt. Er erklärt den zwölf- und 13-jährigen Schülern, wie sie das Green "lesen" sollen. Das heißt: Welchen Winkel sollen sie mit dem Schläger anpeilen, damit der kleine weiße Ball im Loch landet. Und später auf der Driving-Ranch versuchen sie ihr Glück bei den Abschlägen.
"Die Mädchen machen's besser", sagt Männel mit verschmitztem Seitenblick auf die Buben, die daraufhin den Schläger mit noch größerer Energie schwingen.
Nach eineinhalb Stunden ist es vorbei: Die Eltern stehen in Warteposition, um die jungen Golfer nach Hause zu fahren. Die jedoch lösen sich nur widerwillig von dem Sport mit dem Handicap. Trotzdem: Pause bis nächsten Dienstag, dann heißt es wieder: "Teilt euch die Löcher!", "Lisa, beim Putting musst du die Hände wechseln!" oder "Chippen, nicht pitschen!" Und sie werden wieder da sein, die Elf aus Eltmann, bereit für den nächsten Golfball.
Kommt das Angebot der Realschule bei den Buben und Mädchen an? Offensichtlich ja. "Das Golfspielen bereitet mir richtig Spaß. Ich kann es mit Freundinnen betreiben.
Auf dem Golfplatz ist es schön, und auch die Lehrer sind gechillter." Mit diesen Worten beantwortet Lisa Pflaum aus Eltmann die Frage, warum sie sich für die freiwillige Arbeitsgemeinschaft Golf an der Wallburg-Realschule Eltmann entschieden hat.
Unumwunden gibt sie zu, dass sie sich es schlimmer oder schwerer vorgestellt hat. Sie kommt gerade von ihrer Übung an der Driving-Ranch, wo sie die Abschläge übte. "Hier müssen wir versuchen, die Bälle so gerade und so weit wie möglich zu schlagen. Das gelingt mir eigentlich schon ganz gut." Dann geht sie weiter auf das Green, eine für das Putten hergerichtete Fläche, wo sie die Bälle an wechselnden Stellen in die Löcher setzen soll.
Etwas abseits üben die Buben das Chippen, den Annäherungsschlag aus der unmittelbaren Nähe des Grüns. Benedikt Panitz kam gerade von der Drinving-Ranch und zeigte sich mit seinen Leistungen zufrieden.
"Meinen weitesten Schlag konnte ich schon bis 100 Meter bringen mit einem Siebener-Schläger." Den Spaß und die Freude am Golfspielen sieht man ihm an. "Es macht einfach Spaß, hier draußen Sport zu treiben. Das ist schöner als in der Turnhalle. Man ist in der Natur und an der frischen Luft, und es gibt außerdem viel Abwechslung dabei."
Besonders gerne übt er die Schläge über die Sandbank. Ob das Golfen für ihn auch in der Zukunft interessant sein könnte? "Ich kann mir schon vorstellen, später Golf zu spielen", erklärt der Realschüler.
"Golf-Pro" Ramon Männel hat mit den Buben und Mädchen jüngere Schüler als sonst, und er sieht das als eine willkommene Abwechslung. "Da unser Golfclub Haßberge erst zehn Jahre alt ist, ist unser Publikum im Gegensatz zu manch anderem Club vom Alter her schon gut gemischt. Aber bei dieser Schülergruppe sieht man deutlich, dass sich Kinder leichter tun und viel natürlicher so manche Bewegungen angehen", sagt Männel.