Die Reform des Punktesystems vom 1. Mai sollte mehr Transparenz und Klarheit bei Verkehrssünden schaffen. In Wirklichkeit ist sie verwirrend, meinen Anwälte, und geschäftsschädigend, finden die Betreiber von Fahrschulen.
Am 1. Mai ist die Reform des Punktesystems in Kraft getreten. Für Verkehrsteilnehmer heißt das: weniger Punkte und höhere Bußgelder. Fahrschulen im Kreis Haßberge befürchten allerdings finanzielle Einbußen, denn Seminare zum Abbau von Punkten sind nach der Reform nicht mehr verpflichtend. "Das ist für einige Fahrlehrer existenzbedrohend", sagt Harald Pascher, Fahrlehrer aus Ebern und Regionalvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Fahrlehrer.
Pascher kann an dem neuen Punktesystem "wenig Positives erkennen". Er glaubt, "Ramsauer (der ehemalige Bundesverkehrsminister, d. Red.) wollte sich damit wohl ein Denkmal setzen." Der Fahrschulbesitzer aus Ebern ist sauer. Als Fahrlehrer habe man in den letzten Jahren ohnehin nicht rosig verdient, viele Berufskollegen schlügen sich mit Nebenjobs als Bus- oder Lasterfahrer durch. Jetzt kommt diese Reform, die den Strick noch enger schnürt.
Abbau-Seminare jetzt freiwillig Bisher mussten Verkehrsteilnehmer mit 14 bis 17 Punkten verpflichtend an einem Seminar zum Abbau von Punkten teilnehmen. Wer weniger Punkte hatte, konnte freiwillig pro Seminar bis zu vier Punkte abbauen. Seit zwei Monaten kann alle fünf Jahre nur noch ein Punkt pro Seminar abgebaut werden. Das Fazit lautet: Verpflichtende Seminare fallen komplett weg und die Teilnahme an freiwilligen Kursen hat sich früher mehr gelohnt, weil auf einen Schlag mehr Punkte abgebaut werden konnten. "Damit werden die Seminare unattraktiv", sagt Harald Pascher.
Holger Endres hat - wie auch Pascher - seit der Reform noch keine Seminare zum Punktabbau angeboten. "Ich überlege, ob ich damit weitermachen soll, weil ich nicht weiß, ob es sich rentieren würde", sagt der Fahrlehrer aus Hofheim. Er müsste sich weiterbilden, um die neuen Seminare anzubieten, denn deren Struktur wurde verändert.
Die Seminare bestehen seit der Reform aus einem verkehrspädagogischen Bereich mit einem Fahrlehrer und einem verkehrspsychologischen Bereich mit einem Psychologen. Vor der Reform haben die Fahrschulen die Seminare eigenständig geplant und die Kosten selbst bestimmt. "Da wir jetzt mit Psychologen zusammenarbeiten müssen, vermute ich, dass die Seminare teurer werden. Und der Psychologe wird wohl einen Großteil des Geldes bekommen", meint Endres.
Harald Pascher glaubt sogar, dass der Psychologe potenzielle Seminarteilnehmer abschrecken könnte. Er versteht nicht, warum der verkehrspsychologische Bereich in die Seminare eingebunden werden musste: "Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die alten Punktabbau-Seminare zu einem besseren Verhalten im Verkehr geführt haben."
Eine Fortbildung für Fahrlehrer, die weiter Seminare anbieten wollen, kann bis zu 1000 Euro kosten. Dazu kommt ein Verdienstausfall während der dreitägigen Fortbildung. "Wenn wir dann an den Seminaren auch noch weniger verdienen, wird es unrentabel", sagt der Hofheimer Fahrlehrer Endres. Gleiches meint der Eberner Pascher.
Leicht war es schon ohne die Reform nicht für Fahrlehrer: Mit der Einführung des Führerscheins ab 17 wurde der Rollerschein fast überflüssig und wegen des Bevölkerungsschwundes kommen immer weniger Fahrschüler nach. "Ohnehin standen viele Fahrschulen finanziell sehr schlecht da. Jetzt wurde die Lage noch verschärft", sagt Pascher.
Positiver könnte sich die Reform bei Fachanwälten für Verkehrsrecht auswirken. Nachdem der Führerscheinentzug seit Mai nicht mehr nach 18, sondern bereits nach acht Punkten droht, ist ein Ansteigen der Verfahren um Führerscheinentzug wahrscheinlich.
Verunsicherung bei Fahrern Bislang beobachtet Rechtsanwältin Kerstin Rieger von der Kanzlei "Blankenburg Frank Weidentaler" aus Haßfurt noch kein Mehr an Verfahren. Sie erklärt: "Das liegt daran, dass zwischen der Verkehrsordnungswidrigkeit und dem Gerichtstermin in der Regel einige Monate vergehen."
Bereits zugenommen haben in Riegers Kanzlei die Anfragen von Verkehrsteilnehmern zu der Punktereform. Mit Einführung des neuen Punktesystems sei die Verunsicherung der Bevölkerung deutlich gestiegen: "Die häufigste Anfrage, mit der uns Verkehrsteilnehmer aufsuchen, ist die Frage, was mit den alten Punkten nach der Punktereform geschieht: Welche werden gelöscht, welche werden umgerechnet und wie sieht eine solche Umrechnung aus?"
Tilgungsfristen fallen weg Trotz der Verunsicherung: Rieger sieht auch Vorteile in der Reform: etwa darin, dass nur noch Ordnungswidrigkeiten ab 60 Euro - und nicht wie bisher ab 40 Euro - sowie Verkehrsstraftaten im Punkteregister eingetragen werden. Und darin, dass keine Eintragung bei Taten stattfindet, die nicht unmittelbare Bedeutung für die Verkehrssicherheit haben. Darunter fallen zum Beispiel Beleidigungen im Straßenverkehr.
Noch einen Vorteil sieht die Anwältin darin, dass seit dem 1. Mai die starren Tilgungsfristen weggefallen sind. Das heißt, dass neue Verstöße die Tilgung alter Eintragungen nicht - wie vor der Reform üblich - verlängern.
So rechnen Sie die Punkte um - vieles wird teurer Umrechnung Seit dem 1. Mai 2014 werden die Punkte im Fahreignungsregister in das neue System umgerechnet:
Muster Aus einem bis drei Punkten wird ein Punkt. Aus vier bis fünf Punkten werden zwei. Aus sechs bis sieben Punkten werden drei. Aus acht bis zehn Punkten werden vier. Aus elf bis 13 Punkten werden fünf. Aus 14 bis 15 Punkten werden sechs. Aus 16 bis 17 Punkten werden sieben und
18 Punkte ergeben acht Zähler.
Kategorien Das neue Fahreignungs-Bewertungssystem unterscheidet nur noch zwischen drei Kategorien: Jegliche Verstöße werden entweder mit einem, zwei oder maximal drei Punkten bewertet. Seit 1. Mai 2014 wird der Führerschein dann nicht mehr - wie bisher geschehen - bei 18 Punkten, sondern bereits bei acht Punkten entzogen.
Teurer Wer etwa mit dem Handy am Steuer erwischt wird, zahlt seit der Reform jetzt 60 statt 40 Euro, Vorfahrtsverstöße kosten seit Mai 70 statt 50 Euro und ein Verstoß gegen das Sonn- und Feiertagsverbot für Lastkraftwagen kostet künftig sogar 570 statt wie bisher 380 Euro.
Wer so viele Punkte ansammelt bzw. angesammelt hatte, ist für mich schon einer, der es mit den Regeln nicht so genau nimmt und das sehr bewusst. Meiner Meinung nach solten solche Seminare einfach abgeschafft werden und gar nicht mehr angeboten werden.
Führerschein schon bei 8 Punkten weg ist, machen doch die Fahrschulen mehr Geschäft. Verdienen sie mehr als an einem Punkte-Abbau-Seminar.
"Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die alten Punktabbau-Seminare zu einem besseren Verhalten im Verkehr geführt haben."
das mag sein.
Hoffen wir, dass durch diese Reform mal so einige Autofahrer aufwachen und sich von vornherein besser verhalten. Dann würde man sich auch sicherer auf unseren Straßen fühlen.
Und es würde dieses Punktesystem gar nicht benötigt werden und man könnte sich den ganzen Kram sparen. Sprich Verwaltungsaufwand etc.