Das Amtsgericht Haßfurt ließ bei einer Ladendiebin Gnade walten. Es verurteilte die 26-Jährige zu einer Bewährungsstrafe. Die Frau hatte schon mehrfach mit der Justiz zu tun und stand bei der neuerlichen Tat unter Bewährung.
Um ein Haar wäre eine 26-Jährige für einige Monate ins Gefängnis gewandert - bloß weil sie Tabak und Pralinen im Wert von 22,84 Euro geklaut hatte. "Trotz erheblicher Bedenken" gewährte die Strafrichterin Ilona Conver bei einem Prozess am Amtsgericht in Haßfurt der einschlägig vorbestraften und unter laufender Bewährung stehenden Diebin eine allerletzte Chance. Klingt im ersten Moment vielleicht übertrieben, ist aber tatsächlich so: Mit der Freiheitsstrafe von vier Monaten, die drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt wird, kann die Raucherin mehr als zufrieden sein.
Gerade mal zwei Monate ist es her, es war der 27. April, als die Frau in einen Discounter in der Haßfurter Innenstadt ging. Als sie gleich zu den Tabakwaren im Kassenbereich hin marschierte, sich eine Dose Tabak nahm und damit wieder zurück in den Markt lief, schrillten beim erfahrenen Marktleiter alle Alarmglocken. Aus einem versteckten Winkel konnte er beobachten, wie die "Kundin" bei den Regalen für Süßigkeiten stehen blieb und neben der Tabaksdose noch einige Schachteln Pralinen in ihre Umhängetasche gleiten ließ.
Nachdem sie - ohne zu bezahlen - an der Kasse vorbei gegangen und auf dem Weg nach draußen war, stoppte sie der Geschäftsführer. Es half der Angeklagten nichts, dass sie behauptete, die Waren schon vorher in einem anderen Geschäft erworben zu haben. Ein kurzer Anruf dort entlarvte diese Angabe als erlogen, weil der genannte Laden die fragliche Ware gar nicht in seinem Sortiment führt.
Diebstahl ist Diebstahl Der Geschäftsmann versicherte im Gerichtssaal, dass generell alle Diebstähle bei der Polizei angezeigt werden. Eine Bagatellgrenze gebe es nicht: Ob billiger Kaugummi oder teurer Whiskey, Diebstahl ist Diebstahl. Letztlich könne mit Hilfe der installierten Überwachungskameras jeder Täter überführt werden. Durchschnittlich einmal pro Woche, schätzte er aus langjähriger Erfahrung, wird in seinem Markt ein Langfinger ertappt. Trotzdem sei die Dunkelziffer hoch, denn die weitaus meisten Diebe kämen ungeschoren davon.
Für die Angeklagte stand bei diesem Prozess viel auf dem Spiel. Zum einen weil man sie im letzten Jahr schon einmal beim Klauen erwischt hatte und sie deswegen im Juli vor dem Kadi stand. Und zum anderen weil der nun verhandelte Fehltritt die zweite Straftat war, die sie unter laufender Bewährung begangen hatte. Die Bewährung rührte aus einer Verurteilung des Amtsgerichts Wunsiedel vom November 2013 her. Damals musste sich die Mutter zweier Kinder im Grundschulalter wegen Einfuhr und Handel mit Drogen verantworten.
Vor dem Hintergrund konnte es nicht verwundern, dass Ilker Özalp im Namen der Anklage nun eine zweimonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung forderte. Das Gericht rang sich schließlich zu der erneuten Bewährungsstrafe durch. Zusätzlich wurden Auflagen verhängt: Der Verurteilten wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt, sie muss eine begonnene Psychotherapie fortsetzen und 70 Sozialstunden ableisten. Und sie dürfe sich nicht mehr das Geringste zuschulden kommen lassen, schärfte ihr die Richterin ein. Sie unterstrich das mit den Worten: "Sie sollten nicht mal bei Rot über die Ampel gehen!"