Plädoyers im Janina-Prozess: die schwierige Suche nach Gerechtigkeit

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"Ich bitte um Verzeihung": Zum Ende der Beweisaufnahme entschuldigte sich Roland E. bei den Eltern der getöteten Janina. Fotos: Matthias Hoch
"Ich bitte um Verzeihung": Zum Ende der Beweisaufnahme entschuldigte sich Roland E. bei den Eltern der getöteten Janina.  Fotos: Matthias Hoch

Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung halten ihre Plädoyers. Dabei werden die tragischen Geschehnisse der Silvesternacht unterschiedlich bewertet.

+++ 11-Jährige Janina an Silvester erschossen: Urteil im Mordprozess

Lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes an der elfjährigen Janina M. aus Burgebrach. Das forderte Oberstaatsanwalt Otto Heyder am vierten Verhandlungstag vor dem Landgericht Bamberg. In seinem Plädoyer machte Heyder deutlich, dass die Kriterien der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe gegeben seien. Roland E. sei voll schuldfähig.

Der Angeklagte sei kein boshafter Mensch. Aber er habe in der Silvesternacht in Unterschleichach aus einem Versteck heraus hinterhältig auf ein elfjähriges Mädchen geschossen, das zu diesem Zeitpunkt wehrlos war. Deshalb müsse vor Gericht aktuell ein "sinnloses und absurdes" Verbrechen verhandelt werden, das schwer zu ertragen sei und den Hinterbliebenen unfassbares Leid beschert habe. Eine gerechte Strafe zu finden sei jetzt die schwierige Aufgabe des Gerichts. "Die Öffentlichkeit schreit nach Vergeltung. Aber es muss eine Strafe gefunden werde, die allen Umständen gerecht wird", betonte Heyder.


Problemen aus dem Weg gegangen

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hätten den Angeklagten Frust, Wut und Ärger dazu getrieben, in der Silvesternacht in Unterschleichach zum Revolver zu greifen und in Richtung der Feiernden zu schießen. Eine fatale Entscheidung. "Er ist ein Mensch, der in seinem ganzen Leben Problemen aus dem Weg gegangen ist", so Heyder. Es gebe zwar keine Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte gezielt auf das Mädchen geschossen habe. Aber das ballistische Gutachten ergebe, dass Janina M. durch einen Direktschuss getötet wurde. "Er hat mehrere Schüsse abgegeben und sich so positioniert, dass er nicht gesehen wird. Er muss sich der Gefährlichkeit der Tat bewusst gewesen sein."


Wie konnte er so eiskalt bleiben?

Es sei zudem nur schwer nachvollziehbar, warum sich der Beschuldigte nach der Tat derart berechnend verhalten habe. Zwölf Tage habe er dem öffentlichen Druck standgehalten, ohne sich zu stellen. "Es gab Zeitungsberichte und Vernehmungen. Selbst die Verwandten konnten nicht nachvollziehen, dass er so eiskalt bleiben konnte", sagte Heyder.

Die Vertreter der Nebenklage schlossen sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Das Leben seines Mandanten sei zerstört worden, sagte der Anwalt von Janinas Vater. "Der Angeklagte hat sich hinter formalen Erklärungen versteckt. Das war enttäuschend." Ähnlich äußerte sich der Anwalt der Mutter. Worte der Entschuldigung seien im Prozessverlauf nicht gefallen, obwohl der Angeklagte nur wenige Meter von der Nebenklägerin entfernt saß. "Damit muss meine Mandantin jetzt leben."


Nie aggressiv aufgetreten

Verteidiger Thomas Drehsen forderte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung oder Totschlags. Sein Mandant habe Schüsse in Richtung Wald zugegeben. Gezielt auf jemanden zu schießen, sei für ihn "wesensfremd". Er habe die Tat nicht geplant und sei nie aggressiv aufgetreten. "Von niedrigen Beweggründen kann keine Rede sein." Drehsen hatte seinen Mandanten Anfang der Woche aufgesucht. Dabei sei deutlich geworden, dass es Roland E. schwer falle, über die Geschehnisse zu sprechen. "Er bestätigt aber, dass er aus Verärgerung geschossen hat", sagte Drehsen.

Zum Abschluss der Beweisaufnahme wendete sich Roland E. dann doch noch mal an die Eltern der getöteten Janina. "Ich bitte die Eltern um Verzeihung", sagte der 54-Jährige.

Das Urteil wird am Donnerstag, 22. Dezember, um 13 Uhr gesprochen.


Psychiatrischer Gutachter schließt Aufhebung der Schuldfähigkeit aus

Der psychiatrische Sachverständige Jörg Groß sagte, dass es beim Angeklagten aufgrund mehrerer körperlicher Erkrankungen zu einer "reaktiven Depression mit leicht- bis mittelgradiger Ausprägung" gekommen sei. Deshalb seien Medikamente eingenommen worden. Es lägen aber keine hirnorganischen oder wahnhaften Störungen vor.

Zum Tatzeitpunkt habe sich der Angeklagte aufgrund der Erkrankungen und einer familiären Trennung in einer besonderen Lebenssituation befunden. Trotzdem sei die Aufhebung der Schuldfähigkeit auszuschließen. Vor- und Nachtatverhalten würden dagegen sprechen. Darüber hinaus könne man eine verminderte Schuldfähigkeit "nicht ausschließen, aber auch nicht positiv bewerten". In einem "affektiven Ausnahmezustand habe sich Roland E. zur Tatzeit aber nicht befunden.

Groß betonte, dass es nicht Aufgabe des Sachverständigen sei, das Motiv zu bewerten. "Auch wenn diese Frage viele beschäftigt." Aus seiner Erfahrung gebe es aber eine Erklärung dafür, warum es dem Angeklagten schwer fällt, über die Geschehnisse zu sprechen. "Das ist Teil des Verarbeitungsprozesses. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf."