In der Schulzeit müssen die Jüngsten im Kreis Haßberge Bücher wälzen. In den Ferien, die am Dienstag beginnen, dürfen sie. Aber immer weniger wollen es auch, bedauern Bibliothekarinnen. Die "Neuen Medien" sind daran nicht unschuldig.
Sommerferien. Seit Dienstag haben die Jüngsten im Kreis Haßberge viel Zeit, abzuschalten und ein gutes Buch zu lesen - oder gleich mehrere gute Bücher. Einfach in die lokale Bücherei spazieren, Regale durchstöbern und mit einem Packen Literatur die Heimreise antreten. Das ist allerdings ein unrealistisches Szenario, meint Elisabeth Broszat. Die Leiterin der Pfarrbücherei in Eltmann beklagt, dass immer weniger Schüler zum Buch greifen.
Gerade einmal 62 Schulkinder besuchen regelmäßig die Eltmanner Pfarrbücherei. Bei den Erwachsenen kommen noch 120 regelmäßige Besucher. Erklären lässt sich das laut Broszat mit der Tatsache, dass die "Generationen unterschiedlich aufgewachsen" sind.
Digitale Medien hätten mehr Reiz auf die Kinder dieser Zeit: "Man müsste schon die Computer abschaffen, um sie mit Büchern wieder erreichen zu können", sagt Broszat nur halb im Spaß.
Belohnungen für Vielleser Trotz der digitalen Konkurrenz bemühen sie und sechs weitere ehrenamtliche Mitarbeiterinnen der Bibliothek sich, Kinder fürs Lesen zu begeistern. Das Beginnt schon mit intensivem Kontakt zum Kindergarten.
Auch andere Maßnahmen und Versuche wurden in Eltmann schon gestartet, um Kinder wieder in die Bücherei zu locken. Lesenächte oder Stempelaktionen zum Beispiel, bei denen Kinder, die regelmäßig Bücher ausleihen, eine Überraschung bekommen.
Der Erfolg solcher Aktionen ist mäßig: "Lesen ist nicht mehr das, was es einmal war", sagt Elisabeth Broszat.
Noch relativ gut laufen in Eltmann die Bücher mit vielen Bildern. Die Reihe "Gregs Tagebuch" von Autor Jeff Kinney gehört zu dieser Sorte. Textlastige Bücher für Zehn- bis 15-Jährige kommen bei den Kindern und Jugendliche nicht an, meint die Bibliothekarin.
Um die Kinder zum selbstständigen Lesen zu bringen, sei es wichtig, dass ihnen vorgelesen wird, meint Broszat. Das bereichere nicht nur den Wortschatz. Viel wichtiger sei, "dass es die Fantasie der Kinder anregt".
Die Zeiler Stadtbibliothekarin Rita Simon teilt die Erfahrungen ihrer Kollegin aus Eltmann: "Lesen ist bei Kindern nicht mehr selbstverständlich", sagt sie. Dabei sei es ein essenzieller Bestandteil des Lebens, nicht zuletzt bei der sprachlichen Entwicklung von Kindern.
Besucherzahlen schrumpfen Seit dem Jahr 2000 gehen die Besucherzahlen auch in Zeil laut Simon immer weiter zurück. Und wenn gelesen werde, dann vor allem Comics. "Hauptsache wenig Text und viele Bilder", meint Simon.
Es sei viel Aufwand nötig, um Kinder heutzutage zum Lesen zu animieren. Noch vergleichsweise populär seien Bücher zu bekannten Hollywood-Filmen wie Star Wars oder Fluch der Karibik. Auch Harry Potter oder die "Biss"-Bücher von Autorin Stephenie Meyer liefen gut. Der Einfluss, den das Fernsehen auf die Kinder hat, ist laut Rita Simon klar zu erkennen. Statt zu lesen, schauen die Kleinen nun lieber TV oder spielen mit dem Smartphone.
Eltern sollten Vorbild sein "Die Eltern haben einen großen Einfluss auf das Leseverhalten der Kinder", meint Simon.
Wenn Eltern ihren Kindern nicht vorlesen, sei es schwer, die Kleinen später zum Lesen zu animieren. Bei ihr in der Bücherei wird einmal im Monat Vorlesen angeboten. 15 Kinder kommen pro Termin.
Die Katholische öffentliche Bücherei in Haßfurt hatte früher viele Chorkinder zu Besuch, erinnert sich Brigitte Amthor. Sie leitet ein Team aus vier ehrenamtlichen Helferinnen. Heute leihen nur noch 15 Kinder pro Monat Bücher aus. Vor wenigen Jahren waren es mindestens 50, meint Amthor. Auch sie ist der Meinung, dass das Vorbild der Eltern eine große Rolle spielt. Durch das Lesen erlange man Wissen und Bildung, lerne die Rechtschreibung und baue den Wortschatz aus, sagt Amthor. Wie die Kollegin in Eltmann versucht sie, mit kleinen Belohnungen Anreize für Schüler zu schaffen. Das ist nicht einfach. Sie versucht, den Bestand der Bücherei auf die Bedürfnisse der Kinder abzustimmen. Von E-Books oder PC-Spielen hält sie allerdings nichts. In den anderen beiden Büchereien gibt es sie.