Neue Schuhe hängen mit Lohnzettel zusammen

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Rund 25 Weiss-Mitarbeiter aus Maroldsweisach reihten sich bei den Valeo-Kollegen im Protestzug durch Ebern ein.Ralf Kestel
Rund 25 Weiss-Mitarbeiter aus Maroldsweisach reihten sich bei den Valeo-Kollegen im Protestzug durch Ebern ein.Ralf Kestel
Sonja Meister und Matthias Gebhardt (im Bild von links) hielten die Ansprachen.
Sonja Meister und Matthias Gebhardt (im Bild von links) hielten die Ansprachen.
 
Gellendes Pfeifkonzert bei unliebsamen Thesen.
Gellendes Pfeifkonzert bei unliebsamen Thesen.
 
 
Rot war die bestimmende Farbe am Marktplatz.
Rot war die bestimmende Farbe am Marktplatz.
 
Die Valeo-Mitarbeiter kamen aus dem Werk, die Bratwürste aus Ebelsbach.
Die Valeo-Mitarbeiter kamen aus dem Werk, die Bratwürste aus Ebelsbach.
 
 
Von unrhythmischen Paukengetrommel angeführt wurde der Protestmarsch zum Marktplatz geleitet.
Von unrhythmischen Paukengetrommel angeführt wurde der Protestmarsch zum Marktplatz geleitet.
 

Die Frühschicht des Valeo-Werkes in Ebern legte die Arbeit nieder und zog zu einer Protestkundgebung zum Marktplatz, was auch der Bürgermeister gut fand.

Schicht im Schacht? Nicht ganz. Schicht am Marktplatz. Protestzug der IG Metall, Stillstand am Band. Zwischen 250 und 300 Mitarbeiter verließen am Mittwoch aus Protest ihren Arbeitsplatz, formierten sich - unter Polizeischutz- zum Marsch zum Marktplatz, angeführt von einer Trommlergruppe, zu der kein gelernter Schlagzeuger gehörte. Danach Reden, Pfiffe und Sirenengeheul, gefolgt vom Arbeitsende zum Mittagsläuten. Fast schon ein Ritual - diesmal aber nicht mehr gegen FTE-Bosse gerichtet, sondern gegen Manager von Valeo Powertrain actuator systems.

Eine Anekdote auf dem Rückweg: Ein Ehepaar strebt dem Auto auf dem Firmen-Parkplatz zu, als die Frau am Schuhhaus hängen bleibt und die Auslage auf dem Gehweg begutachten. Ihr Ehegespons zerrt sie weiter: "Neue Schuhe gibt's erst nach der Lohnerhöhung."


Sechs Prozent mehr Gehalt

Es ist ihnen also ernst mit der Forderung nach sechs Prozent mehr auf den Konto, wofür sie sich auch am Mittwoch die Haken abliefen, ihre Stimmen erhoben, Pfeifen trällern ließen.

Das machte auch Betriebsratsvorsitzende Sonja Meister, die von guten Zahlen und besten Aussichten bei Valeo sprach. Schon unter FTE-Ägide sei in den vergangenen drei Jahren der Umsatz kontinuierlich gesteigert worden. "Das war Euer Verdienst. Die Bude brummt und wir wollen auch an den Gewinnen partizipieren und uns nicht mit zwei Prozent abspeisen lassen. Ihr habt alle einen fairen Anteilen verdient."

Als "schlichtweg unverschämte Forderung" bezeichnete die Belegschaftsvertreterin die Idee im Arbeitgeberverband, die Arbeitszeit zu erhöhen, anstelle sie für Erziehung oder Pflege auf zwei Jahre befristet zu verkürzen.

Durch längere Arbeitszeiten sah sie jeden siebten Arbeitsplatz am Standort Ebern gefährdet. "Es kann doch nicht sein, dass das weiter steigende Wachstum auf noch weniger Schultern verteilt wird", da jetzt schon viele ihre persönlichen Umstände an die Anforderungen am Arbeitsplatz anpassen und immer flexibler und am Wochenende ins Werk gehen. Sonja Meister: "Anders herum wäre es richtig. Wir wollen, dass die Arbeitszeiten an unsere Bedürfnisse und die unserer Familien angepasst werden."

Nicht anders sieht dies der IG Metall-Bevollmächtige Matthias Gebhardt, der aus einer Statistik herauslas, dass die Wochenarbeitszeit in der Metallindustrie jetzt schon bei 39,2 Stunden liege. "Da muss es doch möglich sein, dass Kollegen in der Schichtarbeit unter bestimmten Voraussetzungen eine verkürzte Vollzeit gewährt wird."

Als Provokation zum Streik wertete er das Verhalten bestimmter Arbeitgeber, wie bei Siemens, die Milliardengewinne einfahren, aber trotzdem die Schließung von drei Werken ankündigen, Gebhardt: "Siemens könnte sich auch sechs Prozent mehr Lohn leisten, weswegen wir nur einen Abschluss knapp darunter akzeptieren werden."

Falls es in den nächsten Tagen zu keinen Kompromissen kommt, kündigte der Gewerkschafts-Chef aus Bamberg einen 24-Stunden-Streik bei Bosch in Bamberg an, wozu auch zwei Busse aus Ebern fahren werden. "Wir verstärken den Druck und mit Eurer Teilnahme zeigt Ihr den Arbeitgebern, dass Ihr hinter unseren Forderungen steht und es nicht um irgendwelche Ideen von Gewerkschaftsfunktionären handelt."


Solidarität des Bürgermeisters

Dass die Stadt gute Betriebe brauche, deren Erfolge von der Belegschaft erbracht werden, sagte Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD). "Dass FTE Gewinne macht, sehen wir an der Gewerbesteuer." Durch gute Löhne werde aber auch die Einkommenssteuer-Beteiligung als zweite Einnahmequelle der Stadt gestärkt. "Dann können wir auch Betreuungs- und Pflegeplätze schaffen. Deshalb sind Eure Forderungen gerechtfertigt."