Im Sailershäuser Wald haben die Vorbereitungen für den Bau der umstrittenen Windkraftanlagen begonnen. Ganz ohne etwas Knirschen geht es nicht. Trotz der Hürden: Die Realisierung des Projekts steht unmittelbar bevor.
Jetzt werden offenbar Nägel mit Köpfen gemacht. Im Sailershäuser Wald sind an zehn Standorten mit einer Fläche von jeweils etwa einem halben Hektar Bäume gefällt worden. Die Flächen sind nicht zufällig gewählt worden: Es sind die Areale für die zehn Windräder, die im Sailershäuser Wald gebaut und betrieben werden sollen. Das umstrittene Projekt ist als WK 88 bekannt.
Reibungslos gingen die Arbeiten offensichtlich nicht über die Bühne. Die Bürgerinitiative "Gegen WK 88" (Kleinmünster) hat heftig protestiert.
Bei der Polizei ging eine Anzeige gegen die Fällaktion ein. Offenbar ohne Aussicht auf Erfolg. Die Polizei bestätigte unserer Zeitung die Anzeige, die zur Folge hat, dass sich die Ermittler an Behörden gewandt haben.
Handlungsbedarf sah die Polizei wohl nicht, da es sich um eine übliche holzwirtschaftliche Maßnahme handelte.
Jedenfalls sind auf den zehn geplanten Windrad-Standorten die Bäume gefällt worden, wie Hans Stark unserer Zeitung am Dienstag bestätigte. Er ist der Leiter des Universitätsforstamtes Sailershausen. Sechs Windrad-Standorte liegen im Wald des Universitätsforstamts, drei in der Gemarkung der Gemeinde Riedbach und ein Standort auf dem Gebiet der Stadt Königsberg. Die sechs Windrad-Areale im Wald des Universitätsforstamtes sind an die GUT verpachtet; das ist die Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte, hinter der der Landkreis und die Kommunen im Landkreis stehen.
Der GUT liegt zwar die Genehmigung für den Bau der zehn Windräder noch nicht vor. Das spielt aber für die Fällaktion keine Rolle.
Denn das Forstamt kann Bäume in seinem Bereich im Zuge der herkömmlichen Waldbewirtschaftung fällen, ohne extra eine Genehmigung einholen zu müssen. In diesem Fall, betont Hans Stark, sei das Baumfällen jedoch mit dem Amt für Landwirtschaft und Forsten sowie mit dem Landratsamt Haßberge in Haßfurt abgesprochen gewesen.
Für ein Windrad ist eine Fläche von 0,5 bis 0,6 Hektar erforderlich. Ein großer Teil der Fläche wird benötigt für die Bauarbeiten, für die ein großer Kran eingesetzt werden muss.
Das Universitätsforstamt hat bei der Fällaktion zwei Auflagen der Naturschutzbehörde erfüllen müssen. Die Bäume mussten vor dem 28. Februar umgesägt werden. Bei einem späteren Termin hätte die Gefahr bestanden, dass in den Baumwipfeln nistende Vögel vertrieben worden wären. Und: Es durfte nur gefällt und nicht gerodet werden.
Das bedeutet: Die Wurzeln bleiben vorerst im Boden. Der Grund ist ein kleines, geschütztes Tier: die Haselmaus. Sie nutzt Wurzelräume für ihren Winterschlaf, aus dem sie nicht gerissen werden soll. Etwa ab April können dann die Wurzeln der gefällten Bäume aus dem Boden entfernt werden.
Vermutlich schon viel früher hat die GUT die Genehmigung für den Bau der zehn Windräder. Wilfried Neubauer, Geschäftsführer und Sprecher der GUT, rechnet damit, dass "in den nächsten ein bis zwei Wochen" die Genehmigung vorliegt. Das Verfahren läuft am Landratsamt Haßberge.
Für den Bau und Betrieb der zehn Windräder soll eine neue Gesellschaft gegründet werden. Sie heißt "Bürgerwindpark Sailershäuser Wald GmbH& Co. KG". Der Kreistag hat vor einigen Tagen grünes Licht für die Gründung gegeben, sie aber laut Wilfried Neubauer noch nicht vollzogen.
Derzeit werde die Finanzierung zusammengestellt, und mit den Beteiligten werde gesprochen, erklärte er gestern zum aktuellen Stand. Das gesamte Investitionsvolumen für die zehn Windräder beträgt rund 47 Millionen Euro.
Neben der GUT und der geplanten weiteren Gesellschaft ist eine dritte Organisation im Boot. Das ist die Bürger-Energiegenossenschaft eG. Sie gibt Anteile aus; interessierte Bürger können sich über die Genossenschaft am Bau und Betrieb der zehn Windräder beteiligen.
Die Bürgerinitiative "Gegen WK 88" hat heftig gegen die Baumfällaktion "genau" auf den zehn "ausgewiesenen Windrad-Standorten" protestiert. Sie bezeichnet das Vorgehen als "unverantwortliche Naturzerstörung mit staatlicher Duldung", wie aus einem Schreiben der Bürgerinitiative hervorgeht.
Sie spricht von der "Zerstörung des ökologisch sensiblen, geschlossenen Waldgebietes WK 88", so heißt es in dem Protest, den Hans Werner Theile unterzeichnet hat. Die heftige Kritik an dem Windrad-Projekt kommt vor allem aus dem Riedbacher Gemeindeteil Kleinmünster.
Hans Stark räumt zwar ein, dass der Bau der Windräder ein Eingriff in die Natur ist. Aber immer wieder seien die Standorte auch aus ökologischer Sicht betrachtet und bewertet worden und es sei, wenn es erforderlich war, nachgebessert worden.