Wirtshäuser und Restaurants suchen händeringend nach geeignetem und flexiblem Personal.
Sie ist eine begehrte Dame, die "freundliche Bedienung auf 450-Euro-Basis". Immer wieder wird sie gesucht, landauf, landab. Per Stellenanzeige in der Zeitung, auf Facebook - per Aushang im Kasten neben der Speisekarte, im Schwimmbad, wo der Saisonbetrieb tobt. Wenn sie dazu noch belastbar, schnell und zeitlich flexibel und gar attraktiv ist, hat sie beste Chance n auf eine Sofortanstellung oder einen Blitztransfer. Wenn sie auch noch nicht so genau auf die Uhr schaut, sich bei der Aufteilung der Trinkgelder großzügig zeigt, ist ihr die Gunst jedes Arbeitgebers in der Gastronomie sicher.
Solche Prototypen gibt es in Reihen des Servicepersonals in der Gastronomie zwar, aber sie sind selten - und begehrt. Händeringend suchen Gastwirte nach Bedienungen, Küchen- und Spülhilfen, Beiköchen/innen. Oftmals wird mit dem Instrument der Festanstellung gelockt, einige versprechen sogar eine übertarifliche Bezahlung.
Etliche Gastwirte klagen schon darüber, dass gute Kräfte, die sie unter großem Aufwand und Einsatz selbst ausgebildet haben, von der Konkurrenten regelrecht abgeworben werden.
Die Personalsituation bereitet den Gastwirten neben den Vorgaben wie Einführung elektronischer Kassen, Hygienevorschriften und -Dokumentation, Steuerrecht, Besuchen von Zoll und Lebensmittelüberwacherin zusätzlich Kopfzerbrechen.
Doch wer mag schon 13 Stunden am Tag, und dies an sechs Tagen in der Woche schuften? Dieses Szenario beschwört aktuell die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für rund 1600 Beschäftigte im Kreis Haßberge herauf.
Aktuell arbeiten demnach in der Region Main-Rhön rund 26 000 Menschen an Sonntagen - 22 000 sogar nachts. Und 53 000 Beschäftigte sind zwischen 18 und 23 Uhr im Job aktiv, habe eine NGG-Umfrage ergeben
"Die Zahlen zeigen, dass Arbeitszeitgesetz und Tarifverträge den Arbeitnehmern bereits jetzt eine hohe Flexibilität abverlangen. Den Betrieben geben sie die Freiheit, ihre Beschäftigten weitgehend so einzusetzen, wie sie es brauchen", sagt Ibo Ocak. Der Geschäftsführer der NGG Unterfranken hält jede Aufweichung dieser Regeln für unnötig. Insbesondere der Einführung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit müsse eine klare Absage erteilt werden, so Ocak. Dies sei ein Angriff auf Beschäftigte in der Region - besonders im Gastgewerbe.
Öffnungszeiten werden reduziert
Es gibt auch Gegenmodelle. In Bamberg legt die Traditions-Gaststätte in Greifenklau einen zusätzlichen Ruhetag auf den Sonntag, um den Personaleinsatz zu reduzieren. In Mönchsambach am Rande des Steigerwalds fühlt sich ein Familienbetrieb seit der Eröffnung des Baumwipfelpfades von den Ausflüglern überrannt. Nun wurde ein zusätzlicher Ruhetag ebenfalls auf Sonntag, eigentlich der umsatzstärkste Tag, gelegt. "Wir wollen in unserer Familie auch noch Zeit für uns haben", sagt der Braumeister und Familienvater. "Das Geldverdienen ist zwar schön, aber es soll noch Spaß machen. Und der ging uns zuletzt verloren."
Treues Personal wandert ab
Auch im beliebten Gutsgasthof Andres in Pettstadt ändern sich die Öffnungszeiten nach dem Urlaub. "Ich musste die Reißleine ziehen", erklärt Küchenchef Bernd Andres. "Ich hatte im April eine Servicekraft und im Juni eine Köchin und eine Küchenhilfe - alle mit Festanstellung- eingestellt. Diese sollten die Mehrarbeit der anderen Mitarbeiter verringern bzw. die Arbeitszeiten für alle flexibler werden lassen und die Möglichkeit, mehr freie Tage an Wochenenden zu geben, eröffnen."
Leider hätten eine langjährig angestellte Küchenhilfe, eine fest angestellte Kellnerin und nun noch ein im eigenen Betrieb angelernter Koch, der zuvor als Bäcker tätig war, gekündigt.
Zwei gingen zur Awo nach Ebern, eine zur Lebenshilfe. "Sie wollten nicht mehr abends oder an den Wochenenden arbeiten." Deshalb auch die neuen Öffnungszeiten in Pettstadt."Da die Gastronomie personalintensiv ist, werden so wie ich viele Gastronomen nicht mehr in der Lage sein, diverse Feierlichkeiten anzunehmen bzw. auszurichten," so Andres.
Aus ganz Europa
Auch die Familie Poli in Ebern hat ihre Ruhetags-Regelung zuletzt ausgedehnt und gönnt sich und dem Personal derzeit ein paar Wochen Urlaub. "Wir sind im Moment gut mit Personal bestückt", freut sich Senior-Chef Peppo Poli. Die meisten davon sind fest angestellt "Wir halten uns an die Tarifvorgaben und die vorgegebene Arbeitszeit."
Das Personal haben die Restaurantbesitzer auch in Italien und Tschechien rekrutiert, damit gute Erfahrungen gemacht. "Denen stellen wir auch Appartements." Peppo Poli betont aber auch, dass die zufriedenstellende Situation "aktuell so ist". Was mögliche Änderungen nicht ausschließt. So bangte er vor Beginn der Gartensaison lange, ob denn ein Koch aus Turin auch rechtzeitig eintrifft.