Popmusik und Couch statt Orgel und Kirchenbänke. Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm besuchte einen Jugendgottesdienst in Sendelbach.
Auf der Bühne spielen fünf Jugendliche laute Rockmusik, davor sitzen auf Sofas und Bierbänken rund 50 junge Menschen, Erwachsene und Kinder. Mit Gitarren- und Schlagzeugklängen beginnt jeden Sonntag der Jugendgottesdienst "Rocksofa" der evangelischen Kirchengemeinde Rentweinsdorf. Doch an diesem Sonntag ist ein prominenter Gast in den "Feststall" im Ortsteil Sendelbach gekommen: Heinrich Bedford-Strohm, der bayerische Landesbischof und Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, sitzt auf einem Sofa, nickt mit dem Kopf zur Musik und singt mit.
Nach dem ersten Lied der "Rocksofa"-Band hält Heinrich Bedford-Strohm eine kurze Rede auf der Bühne. Der evangelische Landesbischof kommt gerade aus Coburg, wo er früher Gemeindepfarrer war; dort hatte er an der Wiedereröffnung der Coburger Morizkirche teilgenommen.
"Die volle Kirche und lauter Gesichter, die ich kenne und liebe, da sind meine Augen schon etwas feucht geworden, muss ich zugeben", resümiert er den Tag in seiner ehemaligen Heimatgemeinde. Außerdem freute er sich über eine Coburger Bratwurst, die er auf dem Weg nach Sendelbach gegessen hat.
Den Jugendgottesdienst finde er schon jetzt super, so Heinrich Bedford-Strohm. Besonders gefällt ihm, dass es "echte Sofas, in die man sich reinlümmeln kann, und keine harten Kirchenstühle" gibt. Er höre normalerweise keine Rockmusik, lobt aber die Band und findet: "Da kann man echt auf den Geschmack kommen. Das ist schon klasse, was Ihr hier auf die Beine stellt."
Das "Rocksofa" gibt es bereits seit neun Jahren. Junge Menschen aus Rentweinsdorf und Umgebung gestalten eigenständig einen christlichen Gottesdienst mit Musik, Predigt und Gebeten.
Es ist eine Projekt der evangelischen Kirchengemeinde Rentweinsdorf und wird von Pfarrer Hans Körner mitbetreut. Die Veranstaltung richtet sich sowohl an evangelische als auch an katholische Jugendliche. Der Gottesdienst findet jeden Sonntag um 18 Uhr statt. Heinrich Bedford-Strohm wurde zum "Rocksofa" von dem FDP-Kommunalpolitiker und Katholiken Alfred Neugebauer bei einem Treffen in Berlin letztes Jahr eingeladen.
Der evangelische Landesbischof Bedford-Strohm begrüßt in seiner Rede den ökumenischen Ansatz des "Rocksofas". Weiter erinnert er daran, dass 2017 das 500. Jubiläum der Reformation ansteht. Er hofft, dass davon ein geistlicher Impuls an junge Menschen ausgeht. Er betont die Botschaft Martin Luthers, "dass du allein durch Glauben an Christus zu Gott gehörst". Der Glaube könne modernen Jugendlichen helfen, die zum Beispiel unter Leistungsdruck oder gesellschaftlichen Schönheitsidealen leiden.
Heinrich Bedford-Strohm freut sich über junge Menschen, die "frischen Wind in die Kirche reinbringen". Dafür sei das "Rocksofa" ein gutes Beispiel. Deswegen freue er sich auf den Gottesdienst, bevor er noch am gleichen Tag zu einer Pressekonferenz nach Berlin reist. Der prominente Kirchenmann sagt: "Schön, dass ich da sein darf."
Dann spielt wieder die Rockband, auf eine Leinwand werden die Liedtexte projiziert, so dass jeder mitsingen kann. Der Rentweinsdorfer Jugendreferent Manuel Reiß hält die Predigt. Der 28-Jährige verwendet die Jugendsprache. Er beginnt mit einem Spiel, angelehnt an die Kindersendung "1, 2 oder 3". Er stellt dem Publikum die Frage: Was bedeutet Christi Himmelfahrt für Dich? Auf der Leinwand erscheinen drei Bilder: ein Ausflug mit Bollerwagen, der Schriftzug "Feiertag" und ein Symbolbild der Auferstehung Christi. Michael Reiß spricht vom Leben Jesus und zitiert Bibelstellen. "Jesus war cool.
Er hat ein menschliches Leben geführt", sagt der Jugendreferent. Nach der Predigt kann jeder Besucher, der möchte, ans Mikrofon treten und Gebete und Anekdoten vortragen. Nach einem gemeinsamen Gebet und Musik endet der Jugendgottesdienst nach ungefähr einer Stunde.
Heinrich Bedford-Strohm kommt mit Jugendlichen ins Gespräch. Die Stimmung ist gut, die jungen Menschen und der Landesbischof scherzen miteinander. Bei einer Abschlussrunde mit allen Beteiligten des "Rocksofas" fragt Heinrich Bedford-Strohm , was sich die Jugendlichen von den Kirchenleitern wünschen. Die Antwort: Gerne würde man andere christliche Jugendgemeinden kennenlernen und sich besser vernetzen.
Der Ratspräsident der EKD begrüßt diesen Vorschlag und verspricht: "Ich werde nächsten Dienstag natürlich im Landeskirchenrat von Rentweinsdorf erzählen." Vor der Abreise trägt sich Heinrich Bedford-Strohm ins goldene Buch von Rentweinsdorf ein, das Bürgermeister Willi Sendel-beck (SPD) mitgebracht hat.
Der evangelische Landesbischof kam gut bei der Rentweinsdorfer Jugend an. "Er hat es geschafft, die Brücke von höher Persönlichkeit zum einfachen Bürger zu schlagen", findet Jugendreferent Manuel Reiß.