Kann der Kreis Haßberge TTIP verdauen?

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TTIP-Kekse wurden jüngst beim SPD-Bundesparteitag serviert. Dort war das geplante Freihandelsabkommen ebenso ein Thema wie am gestrigen Montag in der Sitzung des Kreistages Haßberge in Haßfurt. Ganz so schwere Kost wie befürchtet ist TTIP offenbar nicht. Foto: Kay Nietfeld/dpa
TTIP-Kekse wurden jüngst beim SPD-Bundesparteitag serviert. Dort war das geplante Freihandelsabkommen ebenso ein Thema wie am gestrigen Montag in der Sitzung des Kreistages Haßberge in Haßfurt. Ganz so schwere Kost wie befürchtet ist TTIP offenbar nicht. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Gabriel Felbermayr Foto: privat
Gabriel Felbermayr Foto: privat
 

Der Kreistag Haßberge informierte sich über die geplanten Freihandelsabkommen. Zwar gibt es die ersten Weichenstellungen und Leitplanken, aber noch kann nicht gesagt werden, wie sich die künftigen Verträge auswirken werden.

Ein besseres Beispiel dafür, wie eine globalisierte Welt bis ins kleinste Dorf, vielleicht auch im Landkreis Haßberge, hineinwirken kann, sind die geplanten Freihandelsabkommen. TTIP, CETA oder TiSA heißen sie und beschäftigten am gestrigen Montag den Kreistag Haßberge. Das Kommunalparlament des Landkreises tagte am Nachmittag im Landratsamt in Haßfurt und war am Ende ein bisschen schlauer als am Anfang. Dass es sich noch kein umfassendes Bild machen kann, liegt einfach daran, dass noch nicht konkret bekannt ist, wie die Freihandelsabkommen im Detail aussehen werden.

Als Referent sprach der Professor Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (München). Er räumte ein, dass "wir immer noch sehr wenig wissen. Wir tappen im Nebel", sagte er. Aber die ersten Weichenstellungen seien getroffen worden, und die ersten Leitplanken stünden, erläuterte er.

Da ist erstens das Mandat in Deutschland, dass sich das Land an den Verhandlungen über die geplanten Abkommen mit den USA, Kanada und anderen Nationen beteiligt. Es gebe zweitens eine Resolution des Europäischen Parlaments und drittens hätten die USA mittlerweile ein erstes Gesetz erlassen.


Vom Außenhandel abhängig

Felbermayr warb um Vertrauen für die geplanten Freihandelsabkommen - "selbst wenn wir wenig wissen." Unstrittig ist für ihn, dass ein besseres Regelwerk für den Außenhandel erforderlich sei. Deutschland müsse daran ein großes Interesse haben, denn das Land mit seinem Wohlstand sei wie kaum eine zweite Nation vom Export und vom Außenhandel abhängig.

Der Experte ist überzeugt, dass "man keine Standards" aufgeben muss, um bessere Märkte" zu schaffen. Die Kaufkraft "könnte deutlich zunehmen", und die deutsche Wirtschaft würde nach seiner Ansicht von niedrigeren Handelsschranken (Zöllen) profitieren.

Was hat das alles mit dem Landkreis zu tun? Felbermayr zitierte die Untersuchung eines Würzburger Kollegen, wonach der Landkreis dank der geplanten Freihandelsabkommen mit einem Wachstum von 1,5 Prozent rechnen könne. Das werde aber seine Zeit dauern, sagte er. Felbermayr rechnet mit zehn bis zwölf Jahren. Aber das Wachstum wäre nach seiner Darstellung kein Einmal-, sondern eher ein Dauereffekt.


Felbermayr mahnt zur Geduld

Im Kreistag äußerten vor allem die Vertreter der links angesiedelten Parteien und Wählergruppen Befürchtungen, dass sich die Freihandelsabkommen negativ vor Ort auswirken könnten. Der Kreisrat Matthias Lewin (Grüne) vertrat die Ansicht, dass Unternehmen in Billiglohnländer abwandern könnten. Rainer Baumgärtner (ÖDP) meint, dass es bei Wachstum immer auch Verlierer gebe. Felbermayr teilte die Befürchtungen teilweise. "Es gibt immer Verlierer, aber auch Gewinner", sagte er. Kurzfristig rechnet er mit Problemen, aber langfristig werden nach seiner Erwartung die Vorteile überwiegen. Und er mahnte zur Geduld: "Erst dann, wenn die Dinge auf dem Tisch liegen, sollten wir unsere Rechenstifte zücken. Wir müssen sehen, was möglich ist."

Eine weitere Befürchtung bei TTIP ist, dass Standards vor allem bei der Daseinsvorsorge wie etwa der Wasserversorgung verloren gehen. Gabriel Felbermayr konnte diese Bedenken nicht zerstreuen, aber das EU-Parlament habe erste Leitplanken gesetzt, und der Experte glaubt nicht daran, dass die so leicht verrückt werden können.
Eine kurze Debatte lieferten sich die Kreisräte über die Frage, ob es Sinn macht, dass der Kreistag eine Resolution zu den Freihandelsabkommen verabschieden soll. Einige Kreisräte plädierten dafür, andere lehnten dieses Ansinnen ab.

Am Ende setzte sich der Thereser Landtagsabgeordnete und Kreisrat Steffen Vogel (CSU) mit seinem Vorschlag durch, der Kreistag solle als Basis für eine Diskussion über ein eigenes Statement die Resolution des Landkreis- und des Städtetages nehmen. Es gebe keinen Zeitdruck, sagte er. Damit könnte auch der Wunsch zahlreicher Kreisräte nach mehr Transparenz sowie einem besseren Informationsfluss erfüllt werden.