In Schlucht gestürzt - Zeilerin überlebt eiskalte Nacht im Wald

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Die Seniorin wurde im Wald vom Notarzt versorgt. Neben dem Rettungswagen bespricht sich Einsatzleiter Kurt Förg (links) mit einem Kollegen. Fotos: Benedikt Borst
Die Seniorin wurde im Wald vom Notarzt versorgt. Neben dem Rettungswagen bespricht sich Einsatzleiter Kurt Förg (links) mit einem Kollegen. Fotos: Benedikt Borst
Der Fundort: Die Rentnerin lag auf dem Grund der Schlucht in dem Bach.
Der Fundort: Die Rentnerin lag auf dem Grund der Schlucht in dem Bach.
 
Die Schlucht war für die Helfer schwer zu erreichen.
Die Schlucht war für die Helfer schwer zu erreichen.
 

Eine vermisste Frau aus Schmachtenberg wurde am Dienstag aus einer Schlucht am Brühlsteig gerettet. Ihr Zustand ist bedrohlich. Die 79-Jährige war gestürzt und lag die ganze Nacht bei Minusgraden in einem Bach.

Große Erleichterung im dunklen Wald: Am Dienstagmorgen wurde eine 79 Jahre alte Frau in einer groß angelegten Suchaktion lebend aus einer Schlucht gerettet. Die Seniorin, die zuhause auf ambulante Pflege angewiesen ist, verbrachte die Nacht bei Minusgraden in einem kleinen Wasserlauf am Brühlsteig unterhalb des Schleifberges. Die Rettungskräfte fanden sie stark unterkühlt und in lebensbedrohlichem Zustand. Dass die Rentnerin überhaupt noch lebte, grenzte für die Einsatzkräfte und für die Angehörigen an ein Weihnachtswunder. Nachdem die Suche am Vorabend erfolglos geblieben ist, waren die Helfer schon vom Schlimmsten ausgegangen.

Die 79-Jährige Insulin-Patientin verirrte sich bei der früh einbrechenden Dunkelheit in einer schwer zugänglichen Schlucht. Sie war nicht wetterfest angezogen und trug bloß eine Winterjacke sowie Hose, normales Schuhwerk, keine Mütze und keine Handschuhe. Wie Angehörige schildern, wollte sie in Zeil ein paar Besorgungen erledigen. Gegen 15.30 Uhr am Montag wurde sie von Nachbarn zuletzt gesehen, als sie das Haus verlassen hat.
Laut Polizeibericht wurde sie einige Zeit später beobachtet, wie sie zu Fuß in der Jobst-von-Zanthier-Siedlung in Richtung Bundesstraße 26 lief. Wohin die Seniorin wollte und wie sie in die Schlucht am Brühlsteig gelangte, steht nicht fest. Die Polizei schließt aufgrund der Spurenlage aus, dass sie von der Böschung abgestürzt ist. Wahrscheinlich ist die Frau, aus Zeil kommend, vom Weg abgewichen und von der offenen Seite weit in die Schlucht hinein geirrt.

Irgendwann stürzte die orientierungslose Frau und blieb zwischen zwei umgebrochenen Baumstämmen in dem Wasserlauf liegen. Sie schaffte es offenbar nicht mehr, aus eigener Kraft aufzustehen, und verbrachte die ganze Nacht bei Minusgraden in dem eiskalten Wasser.

Als die Angehörigen am Montagnachmittag bemerkt hatten, dass die Rentnerin spurlos verschwunden war, suchten sie zunächst noch auf eigene Faust nach ihr. Später riefen sie die Polizei zu Hilfe. "Wir waren mit allem, was wir hatten, im Einsatz", berichtet Kurt Förg, Einsatzleiter und Chef der Polizei Haßfurt. Mit Polizei-Hubschrauber, BRK-Rettungshundestaffel, mehreren Polizeisuchhunden, 50 Kräften der Freiwilligen Feuerwehren Zeil, Ziegel-anger und Schmachtenberg sowie Angehörigen und Nachbarn wurde bis spät in die Nacht gesucht. "Gegen 1.30 Uhr mussten wir die Suche abbrechen. Keiner hätte eine Chance gehabt, die Frau zu finden", sagt Kurt Förg.

Am Dienstagmorgen setzten die Helfer die Suche nach der Vermissten fort. Zu diesem Zeitpunkt hatte die meisten von ihnen aber schon jede Hoffnung aufgegeben, die Frau lebend zu finden. Um 9.30 Uhr half der Zufall dem Wunder auf die Sprünge: Ein Polizeibeamter entdeckte die Frau vom Rande der Böschung aus unter sich in der Schlucht liegen. "Der Polizist kletterte dann eine steile, etwa 40 Meter hohe Steilwand hinunter", heißt es im Polizeibericht. Als der Beamte die 79-Jährige fand, war sie bereits nicht mehr ansprechbar.

"Es war wirklich eine sehr dramatische Rettung", schildert Förg hinterher. Der Zustand der Frau war lebensbedrohlich und die Bergung in der Schlucht kompliziert. Der Polizist, der sie gefunden hatte, gab dem Hubschrauberpiloten die GPS-Daten der Fundstelle durch. Der konnte weitere Einsatzkräfte in das unwegsame Gelände lotsen. Die Fundstelle war mit Fahrzeugen nicht zu erreichen. Es gab auch keine Möglichkeit für die Retter, die Frau die Böschung hinauf zu transportieren. Daher trugen die Polizisten die Frau abwechselnd mehrere hundert Meter bis zur nächsten passierbaren Stelle. "Dort wurde sie auf eine Bank gelegt und mit Decken gewärmt", sagt Förg. Bis der Notarzt eintraf und sie versorgte. Anschließend wurde die Frau in eine Kink gebracht.

"Es war eine Meisterleistung von den Helfern", sagt ein Angehöriger nach der Rettung. "Wir haben überall gesucht, und sogar nachts um zwölf Uhr das Zeiler Käppele aufschließen lassen, um zu schauen, ob sie dort eingeschlossen wurde." Erfolglos. Am Ende verhinderten viel Glück und aufopferungsvolle Helfer das Schlimmste.

Rückblick - Vermisstensuche im Kreis Haßberge