Seit Montagnacht herrscht auf den Bahnstrecken rings um Breitengüßbach Betriebsruhe. Wer in die Schulstadt Ebern will, muss auf den Bus oder das Auto umsteigen. Doch der Parkplatz vor dem Schulzentrum wurde auch umfunktioniert - zum Busbahnhof.
Spätestens am Montag mutierten Eberns Schulen zu "Universitäten". Das Studium von Fahrplänen stand auf dem Stundenplan. Zumindest für die Bahnfahrer, für die in diesem Schuljahr der letzte Zug abgefahren ist. Denn erstmals seit dem Bau der Strecke nach Baunach vor über 120 Jahren wird der Bahnbetrieb vom heutigen Dienstag an für mehrere Monate vollständig eingestellt, da die Hauptstrecke am Abzweigbahnhof Breitengüßbach wegen des ICE-Ausbaus komplett neu projektiert wird.
Dieses epochale Ereignis beschäftigt nicht nur die Zugschüler, die auf Busse umsteigen müssen, seit Wochen. Im Friedrich-Rückert-Gymnasium, auf dessen Schüler nun kürzere Fußwege warten, lief eine Informationskampagne auf "mehreren Kanälen", wie Oberstudiendirektor Klauspeter Schmidt wissen ließ.
Seit Schuljahresbeginn informiert
"Wir haben bereits bei den
Klassenelternabenden informiert, des Weiteren haben wir den Hinweis mit Fahrplänen in der Aula ausgehängt und haben außerdem alle Eltern per ESIS (unser elektronisches Informationssystem) informiert. Dazu haben wir seit mehreren Wochen die Info unter einem speziellen Link auf der Homepage. Die Lehrer wurden informiert in der Lehrerkonferenz, durch Aushang und durch Aushang aller relevanten Presseberichte am schwarzen Brett im Lehrerzimmer", so Schmidt.
Nicht anders die Vorgehensweise in der Dr- Ernst-Schmidt-Realschule, deren Zugschüler aus dem Landkreis Bamberg nun vom Parkplatz unterhalb der Mittelschule einen längeren Marsch antreten müssen. "Unsere Schüler, Eltern und das Kollegium wurden seit Anfang September über Elternbriefe, Aushänge im Schulhaus sowie die neuen Fahrpläne (auch zum Mitnehmen) über den nun anstehenden Schienenersatzverkehr informiert", teilte Realschuldirektor Hartmut Weis mit, der selbst in
Reckendorf wohnt.
"In den letzten Wochen vor Weihnachten verschickten wir nochmals einen Elternbrief an alle Eltern (über das elektronische Schüler-Informations-System), um die jeweiligen Informationen nachhaltig weiterzugeben. Auf der Schulhomepage wird zusätzlich seit September der aktuelle Stand bekannt gegeben", beschreibt Weis das Procedere.
Fürsorglich kümmerte sich Philipp Arnold, der Leiter der Mittelschule, um das Problem: "Der Informationsbedarf war gering, weil's nur eine Schülerin betrifft." Alle Eltern wurden aber davon in Kenntnis gesetzt, dass der bisherige Parkplatz zum Bus-Bahnhof umfunktioniert wird, weshalb Einschränkungen greifen, so Arnold.
Bauzäune grenzen Parkplatz ein
Bereits in der vergangenen Woche hatte der städtische Bauhof deswegen mit Bauzäunen die Flächen abgegrenzt, die in den nächsten Monaten an Werktagen den Bussen vorbehalten
bleiben. Nicht alle Eltern, die ihre Kinder von der Schule abholten, hatten sich aber daran gehalten.
Trotz der Vorinformation auf allen Ebenen, auch ein Agilis-Kundenberater war vergangene Woche am Bahnsteig im Einsatz, gibt es doch noch Leute, bei denen Fragen offen blieben: "Weiß jemand zufälligerweise, ob und ab wann/wo Busse von Ebern nach Bamberg fahren und zurück?", fragte gestern jemand auf der Facebookseite "Spotted Ebern und Umgebung".
Zur Ruhe finden werden die Kritiker, die sich nicht an die Warnsignale der Züge vor den unbeschrankten Bahnübergängen gewöhnen können. Sie werden - zumindest - fast neun Monate lang verschont. Die Betriebsruhe auf der Strecke wird von der DB Netz genutzt, um zumindest die längst projektierten Schranken an den Übergängen Hetschingsmühle und Lind zu installieren. "Der Bahnübergang Hetschingsmühle wird im Sommer während der Sperrung gebaut.
Beim Bahnübergang Lind laufen die Planungen zur Aufrüstung. Wir stehen in engem Kontakt mit der Marktgemeinde (Rentweinsdorf; Anm. d.Red.) . Der Bahnübergang soll mit Halbschranken und einer Lichtzeichenanlage aufgerüstet werden. Aktuell sind noch einige schwierige Grundstücksfragen zu klären", hieß es von einem Bahnsprecher.
Die erste Bewährungsprobe beim Umstieg von der Bahn in den Bus dürfte schon Mittwoch, eintreten, da der erste ernsthafte Wintereinbruch vorhergesagt wird.
Unfälle vorprogrammiert?
So empfahl Lukas Iffländer vom Fahrgastverband Pro Bahn den Berufspendlern sowieso, "die ersten Tage erst einmal Urlaub zu nehmen". "Der Bus ist nicht das zuverlässigste Verkehrsmittel", kritisiert der stellvertretende bayerische Landesvorsitzende des Fahrgastverbands, der glaubt, dass es in den ersten Tagen "knallen" wird.
Daher wagt Iffländer eine
düstere Prognose: "50 Prozent der Fahrgäste werden durch die Sperrung auf Dauer abspringen!" Aus Erfahrung wisse sein Verband, dass viele Berufspendler bei einer so langen Sperrung aufs Auto umsteigen oder sogar einen Umzug in Erwägung ziehen. "Manche werden dauerhaft vergrault." Ein Ende der Nebenstrecke, das manche Skeptiker schon wieder befürchten, sieht Iffländer dennoch nicht nahen. Durch die Verlagerung der Landesbaudirektion nach Ebern und das zuletzt ständig gestiegene Fahrgastaufkommen blicke er für die Nebenstrecke zuversichtlich in die Zukunft.