Die evangelischen Christen aus Ebern haben sich gegen das Kunstwerk von Rießbeck entschieden. Bald wird es aus der Christuskirche entfernt. Mit den Flüchtlingen konnte die Bevölkerung am Gemeindefest viele neue Kontakte knüpfen.
Es war eine demokratische Entscheidung, die den Traum von Luftballons in der Eberner Christuskirche am Sonntag zerplatzen ließ: Die Mehrheit der Gemeindemitglieder, die während des Gemeindefests zur Wahlurne gingen, haben sich gegen Rießbecks Arbeit entschieden. Nun wird das Kunstwerk, das Jesu Leiden und Tod mit Dornenkrone und bunten naiven Luftballons darstellen soll, nach einem Jahr wieder abgehängt. "Ich persönlich habe mich damit angefreundet. Es war durchaus eine Bereicherung und hat immer wieder neue Facetten und Aspekte hervorgebracht", teilte Pfarrer Bernd Grosser auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Zehn Prozent stimmen ab
Lediglich zehn Prozent der Gemeindemitglieder haben sich an der Entscheidung zum Verbleib des Kunstwerkes, das im Rahmen der Aktion "12(W)orte" in der Kirche installiert wurde, beteiligt. 125 gültige Stimmen landeten im Topf, davon stimmten 56 für den Verbleib und 67 für die Demontage. "Die Entscheidung war damit knapp und nicht ganz eindeutig. Dieses Stimmungsbild hat sich aber schon vorher abgezeichnet. Deswegen haben wir im Kirchenvorstand beschlossen, dass wir hier eine demokratische Abstimmung aller brauchen", so Bernd Grosser.
Der Künstler ist enttäuscht
Gerhard Rießbeck aus Bad Windsheim zeigte sich sehr enttäuscht, als er von dieser Entscheidung der Eberner Kirchengemeinde erfuhr. "Das ist natürlich eine ganz neue Situation. Er muss jetzt überlegen, was er damit macht", sagte Grosser. Im Hinblick auf Spender und Sponsoren hätte die Gemeinde nur noch gut 6000 Euro für die außergewöhnliche Installation bezahlen müssen. "Jetzt müssen wir schauen, dass wir nicht auf Folgekosten sitzen bleiben. Die Luftballons waren ja auch an den Wänden angebracht." Wann das Kunstwerk letztendlich entfernt wird, steht noch nicht fest. Bis zum 31. Oktober bleibt es aber auf alle Fälle. An diesem Tag findet noch der Dekanatsempfang in Ebern statt, an dem Gerhard Rießbeck das Referat des Abends halten wird.
Ein Stück Integration
Zwar ist der Traum der Luftballons somit für die Eberner geplatzt, aber ein anderer scheinbar in Erfüllung gegangen: der des Lebens in Frieden miteinander. Einige Dutzend Asylbewerber und Flüchtlinge, die in Ebern derzeit Zuflucht finden, sind der Einladung zum Gemeindefest gefolgt. "Von früh bis spät waren sie da", freute sich Pfarrer Grosser. Sie kamen mit kulinarischen Köstlichkeiten aus ihren Heimatländern und gingen mit neuen Freundschaften am Abend wieder in ihre Unterkünfte zurück.
"Dass wir das so mit der Stadt und dem Asylhelferkreis gemacht haben, hat sich also bewährt", empfand Grosser.
Wider die Vorurteile
Mit Vorurteilen aufräumen und persönliche Schicksale kennenlernen stand dabei in der Gesprächsrunde am Nachmittag im Mittelpunkt. Männer aus Syrien, Somalia, Afghanistan und der Ukraine berichteten von Krieg, Verzweiflung, Verfolgung und sprachen von ihren Träumen.
"Wenn alles wieder in Ordnung ist, dann will ich zurück in die Heimat gehen", machte der Familienvater Ziad aus Syrien deutlich. Seit einem Jahr wohnt er mit seiner Familie in der Alten Kaserne. Seine Tochter Nagham besucht seit einem Jahr die Mittelschule in Ebern und spricht mittlerweile besser Deutsch als ihr Vater. Sie bekommt mit, was in Europa anderenorts mit den Flüchtlingen aus ihrer Heimat passiert. Ihr kamen die Tränen, als sie vor all den Gästen sprach. Sie ist froh, dass sie in Deutschland nun sicher ist. "Nur ihr Deutschen wollt uns Asylmenschen. Wo wären wir, wenn wir nicht hier wären? Danke für alles. Ich liebe Deutschland."
Nur Positives
Auch Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) brachte sich in die Gesprächsrunde zu "Ein Jahr Asyl in Ebern" ein und konnte nur auf positive Momente zurückblicken: "Ich bin ganz stolz auf die Eberner, dass diese Willkommenskultur als etwas ganz normales angesehen wird. Wir haben das toll hin bekommen. Jeder Einzelnen leistet dabei seinen ganz persönlichen Beitrag."
Derzeit leben etwa 180 Männer und Frauen aus Kriegs- und Krisengebieten in Ebern. Es können noch mehr werden, sobald der Winternotfallplan, der gerade im Landratsamt Haßberge ausgearbeitet wird, zum Tragen kommt. "Wir wollen die Menschen aber nicht in Turnhallen unterbringen", verdeutlichte Hennemann seine Strategie.