Eberner Raiffeisenbank strafft ihr Filialnetz

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Dort ist der neue Kollege eingezogen: Die Bankvorstände Christian Senff und Bernd Bindrum. Foto: Ralf Kestel
Dort ist der neue Kollege eingezogen: Die Bankvorstände Christian Senff und Bernd Bindrum. Foto: Ralf Kestel

Die Minuszins-Politik zwingt den Vorstand der Eberner Raiffeisen-Volksbank zu Anpassungen. Keine Filialen mehr in Untermerzbach und Pfarrweisach.

Gravierende Einschnitte stehen bei der Raiffeisen-Volksbank ins Haus: Bankautomaten und Personal werden abgebaut, Zweigstellen geschlossen oder zusammengelegt, die Möglichkeit zur Fusion mit einer Nachbargenossenschaft abgeklopft. Schuld daran ist ein Italiener, Mario Draghi der Präsident der Europäischen Zentralbank. "Dessen Minuszins-Politik bringt die Genossenschaftsbanken in ein gefährliches Fahrwasser wie nie zuvor in 150 Jahren", findet Vorstandssprecher Christian Senff, der am Mittwoch die geplanten Gegenmaßnahmen und seinen neuen Vorstandskollegen, Bernd Bindrum (54) aus Hammelburg, vorstellte.

Diese Personalie gebe nicht die Richtung einer möglichen Fusion vor, versicherten Senff und Bindrum, sondern lasse "alle Türen und Tore offen" , sagte Senff mit Hinweis auf das Alter des früheren Vorstands der Hammelburger Raiffeisenbank.

Vielmehr würden Überlegungen - bei acht Nachbargenossenschaften - in alle Richtungen angestellt. "Wir prüfen, ob sich ein Gleichgesinnter findet, der ähnlich wie wir denkt und handelt. "

In einem solchen Fall lasse sich das Thema angehen, andernfalls bleibe die Eigenständigkeit eine Option, wobei "wir dann unsere Regionalität stückweise aufgeben müssten", spricht Senff die Notwendigkeit von Rationalisierungen an.

Die Zwänge, die sich aus Negativzinsen und personalintensiver Regulierungswut durch Aufsichtsbehörden ergäben, haben Senff und Bindrum in den vergangenen zwei Wochen in sechs Informationsversammlungen den 176 Vertretern der 9000 Mitglieder als Eigentümer der Bank bereits vorgestellt.

Auch der Aufsichtsrat trägt die Einschnitte nach "kontroversen Gesprächen" mit, so Vorsitzender Günther Stottele. "Wir bleiben in der Region und halten unverändert das dichteste Zweigstellen-Netz im Geschäftsgebiet vor", zog Senff den Vergleich zu Mitbewerbern.

Konkret werden sämtliche SB-Zweigstellen, in Rentweinsdorf und Westhausen, geschlossen. "Die Bankomaten lohnen sich erst ab einem gewissen Volumen. Dies wird aber mitunter nur zu einem Fünftel erreicht", weiß der Vorstandssprecher aus entsprechenden Erhebungen.

Und auch die Kundenfrequenz in allen Zweigstellen stand seit dem Sommer vergangenen Jahres auf dem Prüfstand, was jetzt zur Schließung kleiner Standorte in Hafenpreppach und Bundorf sowie zu Zusammenlegungen führt.


Einzug in einen Neubau

So geht die Zweigstelle von Untermerzbach in der von Kaltenbrunn auf, Pfarrweisach siedelt nach Burgpreppach um und Ermershausen und Maroldsweisach beziehen im Jahr 2017 einen Neubau im neuen Maroldsweisacher Gewerbegebiet an der B 279, wo sich die Bank einmietet. "Dabei schaffen wir einen zentralen Anlaufpunkt für den Oberen Haßgau", so Senff. Die Telefonzentrale in Ermershausen bleibt davon unberührt.

Als Grund für die Schließungen führt Senff auch das Verbraucherverhalten an, wenn "in einer Zweigstelle pro Stunde nur ein oder zwei Überweisungen oder Abhebungen vorgenommen werden, lässt sich das nicht mehr vertreten."

Zusammen mit den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen werde versucht, vor Ort Anlaufstellen zu finden, um Geldauszahlungen bis 200 Euro nach dem Vorbild des Heilgersdorfer Dorfladens möglich zu machen.

Der Bankdirektor ist sich darüber bewusst, dass es ob er geplanten Maßnahmen Beschwerden hageln werde.
Derlei Erfahrungen hat Senff in Neubrunn, wo der Bankautomat längst abgebaut wurde, schon gemacht. "Dort haben wir den Einsatz eines Kunden-Taxis mit dem Bürgermeister vereinbart. Das ist seit dem 1. Oktober nicht ein einziges Mal in Anspruch genommen worden. Da fahren doch lieber die Enkel die Oma zur nächsten Zweigstelle, weil dann noch ein Fünfer dabei rausspringt."

Die strukturellen Veränderungen ziehen auch personelle Konsequenzen nach sich. "Es wird langfristig zu einem sozialverträglichen Stellenabbau kommen", macht Senff keinen Hehl über eine Reduzierung der 90-Mitarbeiter-Belegschaft in Franken und Thüringen.

Die Bilanzsumme der Raiffeisen-Volksbank lag 2014 bei 320-Millionen-Euro. "Damit erzielten wir ein gutes Ergebnis, für 2015 wird es nochmals ein zufriedenstellendes Ergebnis geben, in 2016 wird es aber sinken. Es geht nach unten. Der Minuszins ist das Problem, nicht nur für die Rentenkassen, sondern das gesamte Finanzsystem und auch für unser Geschäftsmodell", bilanziert Christian Senff.

Der neue Vorstand

Seit 1. April fungiert Bernd Bindrum als Vorstandskollege von Christian Senff nach dem Vier-Augen-Prinzip. Der 54-Jährige stammt aus Hammelburg, wo er das Gymnasium besuchte und die Lehre als Bankkaufmann absolvierte, ehe er in Würzburg Betriebswirtschaftslehre studierte. Nach einer Zwischenstation bei der DG-Bank in München kehrte er 2008 als Vorstand zur Hausbank zurück. Dort hatte er zum 31. März 2015 gekündigt, um eine Krankheitsvertretung anzutreten.

Dieser Station folgte nun der Ruf nach Ebern, da er und Senff sich durch verschiedene Genossenschaftsveranstaltungen kannten und "einander schätzen", wie beide versichern. Bindrum tritt die Nachfolge von Norbert Knorr an, der zum Jahresende aus dem Vorstand der Eberner Bank ausschied. Zu den Gründen wollten sich Senff und Stottele nicht äußern. "Das war intern und bleibt intern."