Der Meisterschüler Christian Kemmerer verpasst bei den Berufsweltmeisterschaften in Leipzig "World Skills 2013" das Treppchen nur knapp.
Das war Gänsehaut pur!" Christian Kemmerer gerät ins Schwärmen, wenn er von der Berufsweltmeisterschaft in Leipzig erzählt. Der Einmarsch von über 1000 Teilnehmern aus 53 Nationen, die in 46 Handwerksberufen um die Weltmeisterschaft rangen; all die Fahnen, die Hymnen; dann der im wahrsten Sinn des Wortes heiße Wettkampf und das Zeremoniell der Siegerehrung. Wie bei den Olympischen Spielen. Dazu das Vielerlei der Kulturen, Arbeits- und Verhaltensweisen. "Das war alles sehr bewegend", sagt der Hesse, der seit September 2011 an der Schreinermeisterschule in Ebern lernt.
Natürlich wird er auch den Stress und den Zeitdruck nie vergessen. Ein halbes Jahr lang hatte er sich gezielt auf den Wettbewerb vorbereitet, doch nie war es ihm bei den Tests gelungen, sein Werkstück in den vorgegebenen elf Stunden fertig zu stellen. Bei der WM schaffte er das. Ein Sieg über sich selbst für den 21-Jährigen. "Ich war komplett durchgeschwitzt und konnte mein T-Shirt auswringen," berichtet Kemmerer, begeistert von seiner eigenen Energieleistung. Neun seiner 22 direkten Konkurrenten mussten ihre Werkstücke unverleimt vorlegen. Punktabzug!
Denkbar knapp am Podest vorbei Der Schreiner-Geselle aus Seligenstadt ist mächtig stolz, denn sein Ziel bei der fünftägigen Veranstaltung, unter die besten zehn zu kommen, hat er erreicht. Andererseits kann er auch die Enttäuschung dessen nicht verbergen, der denkbar knapp an einer Silbermedaille vorbeigeschrammt ist. Ein Österreicher, ein Asiate und ein Franzose, die sich den zweiten Platz teilten, waren bei einer maximalen Punktzahl von 600 nur um zwei Punkte besser gewesen. "Das sind nicht einmal 0,5 Prozent," hadert Kemmerer mit dem knappen Ergebnis. Gold war in die Schweiz gegangen. "Nur vier in der Welt waren besser als ich", fasst der ambitionierte Handwerker zusammen: "Damit kann ich leben" .
Nur die Besten eines jeden Landes hatten sich für die Berufsweltmeisterschaften qualifiziert, die im zweijährigen Rhythmus ausgetragen werden. Zuletzt in London und Tokio, das nächste Mal in Brasilien. Die "World Skills 2013" fanden nun in Leipzig statt.
Der Eberner Schreiner-Fachschüler Christian Kemmerer hatte sich als deutscher Bundessieger in der Kategorie "Bauschreiner" qualifiziert. Das hatte es unter den rund 1100 Absolventen der Eberner Schule in 29 Jahren nur zwei Mal gegeben, erinnert sich Schulleiter Oliver Dünisch. Lukas Eck hatte es 2010 sogar zum Vizeweltmeister geschafft.
Dünisch ist stolz auf Kemmerers Leistung, die sogar mit einer Exzellenzauszeichnung gewürdigt wurde. Bescheiden räumt er ein, dass sich die wesentliche Qualifikation aus Kemmerers Abschluss bei der Gesellenprüfung ergeben habe."Ich hoffe natürlich, dass ihn die Schule weiter fortentwickelt und unterstützt hat," sagt der Diplom-Holzwirt, der mit einer kleinen Delegation der Eberner Meisterschule zur Siegerehrung nach Leipzig reiste. "Für uns alle war das natürlich eine große Freude," sagt er, "und dass die WM diesmal in Deutschland stattfand, war doppelt toll!"
Die Wettbewerbsanforderungen bewertet Dünisch als sehr anspruchsvoll. So musste Kemmerer eine Stehleiter fertigen, in der es keine rechten Winkel geben durfte. "Das klingt erst mal banal, ist aber ganz schön verzwickt". Außerdem galt es, die Rahmenteile für ein gotisches Türblatt zu schreinern.
Kemmerer hatte seine fachtheoretische Prüfung bereits in der Tasche, ehe er sich über Monate hinweg gezielt auf die "World Skills" vorbereitete. "Eine intensive Geschichte," sagt Dünisch, mit mehrerer Vorbereitungstagen und speziellen Trainern sowie einigen PR-Terminen.
Prestigeträchtige Sache Denn dieser prestigeträchtige Wettbewerb will natürlich auch öffentlichkeitswirksam "verkauft" werden. Der Bundesverband Holz wirbt mit seinen Besten und weiß 34 Sponsoren hinter sich. So wurde Kemmerer mit der gesamten 36-köpfigen deutschen Mannschaft auch im Bundeskanzleramt von Angela Merkel empfangen. Klar, dass solch ein Spitzenplatz bei einer WM sich auch in Bewerbungsunterlagen gut ausmachen wird. Doch so weit denkt Christian Kemmerer zurzeit noch nicht.
Zurzeit steht er wieder in der heimischen Schreinerei in Seligenstadt an der Werkbank, arbeitet erneut unter Druck und genießt es dennoch, sich für sein Werkstück Zeit lassen zu können. Zumindest ist der Zeitdruck in diesem Fall relativ. Er arbeitet an einem Schreibtisch in Bretteroptik, seinem Meisterstück. Und das muss erst in sieben Wochen fertig sein. Siebter wurde Deutschland am Ende im Medaillenspiegel hinter Korea, der Schweiz, Taiwan, Japan, Brasilien und Österreich. Zwei Gold-, vier Silber und drei Bronzemedaillen sowie 16 "Medallions for excelence" gingen in das Gastgeberland - eine davon hat Christian Kemmerer geholt.
Weiter Infos auch unter
http://www.worldskillsleipzig2013.com/de/http://www.tischler-schreiner.de/presse/aktuelles/artikel/2013/worldskills-2013-live/http://www.meisterschule-ebern.de/