Die Sommerferien fallen für eine Gruppe von Schülern des Eberner Gymnasiums diesmal kürzer aus. Sie organisieren einen gemeinsamen Pilgermarsch nach Santiago de Compostella.
"Wir sind dann mal weg‘‘. Unter ähnlichem Motto ging schon der Comedian Hape Kerkeling den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela, wo das Grab des heiligen Jakobus liegen soll. Ihm tun es jetzt 14 Schüler der 11. Jahrgangsstufe des Friedrich-Rückert-Gymnasiums in Ebern nach. Sie haben sich entschlossen, jetzt im September im Rahmen eines Projekt-Seminars 160 Kilometer dieses Weges durch Galicien zu gehen. Vier tage vor dem offiziellen Ende der Sommerferien machen sie sich auf den Weg.
An allen bayrischen Gymnasien ist ein solches Seminar ein wichtiger Teil der Oberstufe und beinhaltet die Planung, Durchführung und Bewertung eines Projektes. Dass sich damit ein derart beschwerlicher Weg verbindet, ist allerdings nicht alltäglich. Die Idee zu diesem Unterfangen stammt von der Lehrkraft Martina Jäger, welche das Projekt auch gleichzeitig leitet. "Dadurch, dass ich Psychologie und Spanisch unterrichte, bot es sich an, die beiden Fächer zu verknüpfen und das Projekt gemeinsam mit den Schülern durchzuführen‘‘, sagt sie.
Die Frage, was Menschen zu dieser außergewöhnlichen Reise bewegt, stellt sich den Gymnasiasten. ,,Warum Menschen diesen harten Weg auf sich nehmen, welche verschiedenen persönlichen Geschichten und Beweggründe dahinterstehen, das wollen wir herausfinden‘‘, sagt Nina Diringer.
Jeder tag hat sein Motto Schon im Dezember wurden die Flüge für die Gruppe gebucht. Danach stand die Organisation der Wegabschnitte der Reise an, welche einzeln von den Schülern vorbereitet und während der Reise von diesen individuell gestaltet werden. ,,Jeder Tag steht unter einem persönlichen Motto, das sich jeder frei aussuchen darf. Sei es ein Lied oder ein Gebet‘‘, erzählt die Schülerin Mareike Riemer, ‚,dazu gehört natürlich aber auch die Suche nach einer Herberge, zu welcher wir die ganze Gruppe selbstständig führen.‘‘ Die Tagesetappen liegen zwischen 19 und 25 Kilometern.
Neben der Organisation der Reise, ist es außerdem Aufgabe der Jugendlichen, sich auf die Suche nach Sponsoren zu machen, welche das Vorhaben finanziell unterstützen möchten. Ronja Alt gibt zu, ,,Wir haben das ganze Ausmaß des Projektes ein bisschen unterschätzt. Es ist doch mehr Arbeit als erwartet, aber durch die gute Gruppendynamik wurden bis jetzt alle Herausforderungen erfolgreich gemeistert. Bis jetzt haben wir auch alle Ziele eingehalten.‘‘
Wallfahrt zur Probe Eine dieser Herausforderungen war das Probepilgern nach Vierzehnheiligen, welches eine Tagesetappe simulieren sollte. Um den gewünschten Effekt zu erreichen, trugen die Schüler zusätzlich Gewichte von Sieben Kilo in ihrem Rucksack. ,,Die Gewichte machten den Weg zwar bedeutend anstrengender, aber das Gefühl, sein Ziel erreicht zu haben, machte die ganzen Strapazen wett‘‘, meint Fabian Busch, der den Trip vorbereitet hatte. Die Wanderschuhe haben die Jugendlichen so zumindest schon einmal eingelaufen.
Das Gewicht zählt ,,Momentan sind wir dabei, unsere Rucksackinhalte zu planen und zu organisieren, wer was mitnimmt‘‘, teilt Lena Hennemann mit, ,,Das ist ganz schön umfangreich. Manche von uns zweifeln da schon einmal, wie wir das alles zehn Tage lang tragen sollen. Vor allem stellt sich für uns die Frage, was wir alles brauchen und was wir lieber zu Hause lassen. ‘‘
Pilgerin gibt Tipps Dieses Problem kennt Monika Koch nur zu gut, schließlich ist sie selbst eine erfahrene Pilgerin. ,,Es passt nicht alles rein. Da müsst ihr einfach einen Kompromiss machen. Einer von vielen Kompromissen die Euch auch im Leben begegnen werden‘‘, sagt sie. Die Referentin stand den Schülern mit hilfreichen Tipps und Tricks zur Seite, und versuchte, die zahlreichen Fragen so gut es ging zu beantworten.
Sie erzählte von ihren eigenen Erfahrungen und nannte ein paar Dinge, die auf jeden Fall im Rucksack vorhanden sein sollten. ,,Was auf jeden Fall sehr nützlich ist, sind Oropax. Der größte Schlafsaal, den ich bis jetzt angetroffen habe, hatte 250 Schlafplätze. Da macht man sonst kaum ein Auge zu‘‘, erzählt sie. Zum Schluss des Vortrags gab sie jedem Schüler eine Jakobsmuschel, ein typisches Zeichen für den Jakobsweg, mit auf die Reise.
Der Schüler Louis Flachsenberger informierte die Gruppe über die richtige Ernährung für solch eine sportliche Unternehmung und fasste kurz zusammen, wie man am besten mit Blasen und Co. umgeht. ,,Ein guter Tipp gegen Blasen und Aufrieb sind Nylonstrumpfhosen, nicht nur für die Mädchen,‘‘ was für einige Lacher in der Klasse sorgte. "Außerdem soll Hirschtalg ein wahres Geheimmittel sein, das über Nacht wahre Regenerationswunder bewirkt.‘‘
Bilder von unterwegs Um ihre Reise zu dokumentieren und alle, die von zu Hause aus daran teilhaben wollen, auf dem Laufenden zu halten, haben die Schüler eine eigene Facebookseite erstellt, auf welcher sie während ihrer Reise auch immer wieder Bilder und andere Eindrücke festhalten werden. Nach Abschluss der Pilgerfahrt planen die Gymnasiasten einen ,,Bunten Abend‘‘, an welchem sie Bilder, besondere Erlebnisse und Erfahrungen teilen und weitergeben möchten.
"Je näher das Datum der Abreise rückt, desto aufgeregter werden wir alle. Uns steht nur noch ein Treffen bevor, an welchem wir unser Gepäck checken werden‘‘, sagt Matthias Schmitt. Allgemein ist die Angst unter den Schülern mit der Zeit gewachsen und es herrscht großer Respekt vor den täglichen Etappen. Dennoch ist sich Hannes Güßbacher sicher: ,,Den eigenen Schweinehund zu überwinden, ist auch eine Motivation. Wir werden richtig stolz sein, wenn wir in Santiago ankommen.‘‘
"Richtig, das ist eine Erfahrung, an die wir uns noch alle in 15 Jahren erinnern werden‘‘, stimmt der Rest des Kurses begeistert zu.
von Annafried Schmidt