Ein köstliches Crossover an Kabarett, Klamauk, Kritik und Rock bot die "Erste Allgemeine Verunsicherung" (EAV) am Donnerstag.
So unterhaltsam ist Polit-Satire. 2500 Besucher fasste der ausverkaufte Schlosshof des Rotenhan-Renaissancebaus. Alle Zuschauer gingen nach über zweieinhalb Stunden begeistert nach Hause. Ob sie sich dabei Gedanken machten, welche Botschaften ihnen eben - als Ulk und in österreichischem Schmäh verpackt - präsentiert worden waren?
Da wurde einem eindrucksvoll der Spiegel vorgehalten: Gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Ignoranz, Atomkraft, Macho-Gehabe, Kirchen-Unterwürfigkeit, Großmachts-Streben, Unterdrückung - und dies alles eingepackt in eine Trauerfeier, da die EAV zu Grabe getragen wird, da es sich um die (vorerst) letzte Abschiedstour der launigen Alpen-Jodler handelt, die seit Jahresbeginn für ausverkaufte Konzerte in gesamten deutschsprachigen Raum sorgt.
Jede Menge Grabräuber, Leichenfledderer, Nekrophilisten Hinter- und Zurückgebliebene in der Trauergemeinde unterwegs. An dem heißen Sommerabend glich Schloss Eyrichshof nicht einem Zentralfriedhof, sondern eher einem Krematorium, wie einer feststellte, der in die Rolle des Till Eulenspiegel schlupfte.
Als solcher fungiert Klaus Eberhartinger (69), ein brillanter Entertainer, dessen Ansagen zum Kunstwerk geraten. Der Kopf der Band ist aber Gitarrist Klaus Spitzer (66), der die Songs und Texte schreibt, sämtliche Grafiken und Karikaturen zeichnet. Zweifelsohne ein Multitalent und Rebell bis zum heutigen Tag. Seine Rock-Comic startete er Ende der 1970er mit Gert Steinbäcker und Günter Timischl (von S.T.S.).
"Wir freuen uns an der regen Anteilnahme, da die EAV zur letzten Ruhe gebettet wird hier auf Schloss Eyrichshof", begann Eberhartinger, der vor zwei Jahren bereits mit der skandalträchtigen Watzmann-Aufführung von Wolfgang Ambros an gleicher Stätte auftrat. "Aber heute wollen wir noch keine Ruhe geben und alle Hits aus 40 Jahren EAV anspielen und so manche Todsünde unserer Zeit, wie die der Rechtsabbieger, ansprechen", lautete das Versprechen zum Auftakt, da Eberhartinger eben einem Sarg entstiegen ward und damit eine Rock-Revue voller Perfektion einläutete (wobei auch ein bisschen Playback nachhalf).
"Unterhaltung mit Haltung" umschrieb Eberhartinger die Intention der fünfköpfigen Band, die mit glasklarem Sound und Perfektion glänzte. Von der Bühne prasselte eine Breitseite an politischer, hochintelligenter Polit-Satire und Wortwitz auf die begeisterten Zuhörer ein. "Österreich hat zurzeit keine Regierung, Deshalb müssen wir das machen."
So die Hymne der Anti-Atomkraft-Bewegung: "Burli" mit ihrem pechschwarzen Humor, weshalb der Song vom Bayerischen Rundfunk mit einem Bannstrahl bedacht wurde. "In Bayern gab's keine Radio-Aktivität gegen die Radioaktivität." Was die Band nicht daran gehindert hat, den Song nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima nochmals umzutexten und zu erweitern.