Für den Historischen Verein Kreis Haßberge hat der Archivar Thomas Schindler lesenswerte Anekdoten zusammengetragen. Bei der Zeitreise schaut der Besucher beispielsweise auf das Hebammenwesen vor Jahrhunderten.
Kleine "Geschichten aus der Geschichte" erzählte der Archivar Thomas Schindler, der seit 1992 im Zuge der Ordnungsarbeiten in verschiedenen Archiven des Landkreises tätig ist, bei der Jahresversammlung des Historischen Vereins Kreis Haßberge in der Eltmanner Stadthalle.
Die Aufsätze mündeten in das Heft acht der Schriftenreihe des Historischen Vereins mit dem Titel "Zeitreisen durch die Haßberge und das Maintal". Schindler trug einiges daraus vor und ergänzte seinen Vortrag mit Anekdoten aus der Zeit vom Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) bis zur Säkularisation (1803). Sie brachten die Zuhörer immer wieder zum Schmunzeln und sorgten für einen unterhaltsamen Abend.
Unfähige Geburtshelferinnen Angesichts der Diskussion um die demographische Entwicklung und die zurückgehenden Geburten im Landkreis ist eine Geschichte über das
Hebammenwesen im Ritterkanton Baunach interessant:
"Diejenige Frau im Dorfe, welche Alters wegen sich ihren Unterhalt nicht mehr erwerben kann und sonst keine Aussicht hat, ihr Leben hinzubringen, wird gewöhnlich Hebamme. Daher kommt es, dass solche Personen ohne die geringsten theoretischen Grundsätze zu Werke gehen und die feinsten unter ihnen mit nichts als geheimen Mitteln und Seegenssprüchen sich schleppen. Der Schade, der dadurch angerichtet wird, ist unglaublich gros." Mit diesen Worten beschrieb am 2. Dezember 1783 der Arzt Hoffmann aus Rentweinsdorf den damaligen Stand der Geburtshilfe in den Haßbergen.
Aus Birkenfeld berichtete am 28.
August 1784 der dortige Amtmann Carl Gottlieb Engel:
"Es ist bisher keine bestellte noch vielweniger eine unterrichtete examinirte und beeidigte Hebamme alhier gewesen, sondern es befinden sich 3 bis 4 Weiber hier, von welchen bald diese bald jene Gebährenden in Kindesnöthen beigestanden hätte. Doch sei inzwischen die tauglichste von diesen, nehmlich des Schuzverwandten Caspar Schippels Eheweib, zur Schulung nach Rentweinsdorf geschickt worden und sei laut dem Zeugnis des Ortsphysikus zur alleinigen Hebamme für die Ortschaften des hochfreiherrlichen Amtes zu Birkenfeld zu empfehlen."Als eine seiner ersten Maßnahmen nach dem Erwerb des Reichsrittergutes Wonfurt durch die Freiherren von Seckendorff-Aberdar (1769) ließ deren Amtmann Johann Georg Friedrich Grienseysen die Schuhmachersfrau Dorothea Barthel in Königsberg zur Hebamme ausbilden.
Ebenfalls auf Gemeindekosten gab Grienseysen beim Schreiner der benachbarten Benediktinerabtei Theres außerdem einen Gebärstuhl in Auftrag, "weil an diesem nothwendigen Stük ein Mangel war, der durch Aushülfe der Judengemeinde ersetzt werden musste." Der Umstand, dass die Wonfurter Schutzjuden damals bereits besser mit geburtshelferischem Gerät ausgerüstet waren als die christlichen Einwohner, dürfte den Reformeifer des Amtmannes vielleicht angespornt haben, meint Thomas Schindler.
Orientalische Reisende Interessant auch: "Orientalische Reisende durchquerten im 18. Jahrhundert das Maintal"; davon berichtet teilweise schon die Haßfurter Stadtchronik von Josef Kehl.
Dort heißt es, der Haßfurter Bürgermeister habe türkische und arabische Prinzen, wohl auf höheren Befehl, verpflegen und ins nächste Städtchen fahren lassen müssen.
Auch in der Eltmanner Bürgermeisteramtsrechnung für 1777 "wurden drei Gulden und 17 Pfennig für Zehrung eines arabischen Printzen auf gutheißen Herrn Amts Kellers dem Johann Jacob Creutz wirth ausbezahlt."
Von der oft feindseligen Reaktion des heimischen Pöbels angesichts der exotischen Erscheinung Asulais (Gelehrter hohen Rangs und Abgesandter der Judenschaft des Heiligen Landes) erfährt man. Er legte wohl Wert auf repräsentative Kleidung.
Über seinen Empfang in der Reichsstadt Schweinfurt liest man:
"Während wir dort auf eine Kalesche zur Weiterfahrt warteten, scharten sich haufenweise Männer, Frauen und Kinder um uns, die unsere Kleider, Barttracht begafften, schrien und spotteten."