Wenn Harald Schneider vor zwei Jahren gewusst hätte, auf was er sich da einlässt, hätte er sich das mit ziemlicher Sicherheit noch einmal gut überlegt. Damals ist er nämlich zu seiner jetzigen Lebensgefährtin Elisabeth Knorr und deren Tochter Anna gezogen. Was nicht das Problem ist, denn Elisabeth liebt ihn wirklich und auch mit Anna versteht er sich gut. Es geht vielmehr um Viktoria Knorr. Sie ist Elisabeths Mutter, die ebenfalls dort wohnt. Von Anfang an hatte sie kein gutes Wort für Harald übrig.
Gott sei dank muss Harald, der im wirklichen Leben Heiko Braunreuther heißt, die Schnapsidee, das Weihnachtsfest in den September vorzuziehen um seiner angeblich kranken alten "Schwiegermama in spe" Viktoria (Margot Wittig) den nahenden "Abschied" zu verschönern, nur auf der Bühne im Ebelsbacher Bürgersaal umsetzen.
Mitten in der Theatersaison
Zwei Mal öffnete sich am Wochenende bereits der Vorhang für die lustige Komödie "Vorgezogene Weihnachten", die die Theatergruppe noch vier Mal präsentiert. Und sie stammt wieder aus der Feder von Rudi Klos. Nach seiner Premiere "Dachschaden mit Zwischenfällen (2009), "Wahrsagen leichtgemacht" (2011) und "Betteln verboten, hausieren erlaubt" (2013) ist der Dreiakter sein viertes Stück in den letzten sechs Jahren.
Der 48-Jährige, der als über- und verdrehter Nachbar Phillip Mörle seine eigentliche Leidenschaft, das Schauspielern, wieder auslebt, hat an dem Stück "mit Unterbrechungen" knapp drei Monate geschrieben und sich absichtlich so viel Zeit gelassen. Seiner Meinung nach "muss so eine Geschichte reifen, was nicht in zwei Wochen klappt. Es bringt doch nichts, wenn man bei der Aufführung merkt, dass man noch so viele Ideen mit hätte einbringen können", begründete er. "Das würde mich unheimlich ärgern."
Hervorragende Darsteller am Werk
Rudi Klos brauchte sich nicht zu ärgern, denn nach "Vorgezogene Weihnachten" verließen die Besucher mit Lachtränen in den Augen den Saal.
Daran war auch die Optik der Darsteller "schuld", denn unter anderem waren Ludwig Niedlich (Dieter Kraft), Resi Schmelz (Ronda Flemming) sowie Dagmar Kaindl (Vorsitzende Daniela Schöpplein) als "skurrile" Senioren kaum wiederzuerkennen. Die Maskenbildnerinnen Sandra Karl und Daniele Schwinn zeigten ihre Künste. "Ich möchte immer was machen, was wir so noch nicht gemacht haben oder, da ich auch viele Stücke lese, so noch nicht gelesen habe", machte der Autor deutlich.
Plötzlich im Hause Knorr
"Nehmen Sie gefälligst Ihre Finger von mir! Lieber Gott, wo bin ich denn hier nur hingekommen?" Das klingt derweil nicht nach Begeisterung. Doch dieses Zitat stammt von Frau Kniebl, der Leiterin des Seniorenheims, die im Stück auf der Suche nach ihren vermissten Klienten plötzlich im Hause Knorr gelandet ist.
Kein Grund zur Panik: Nachdem sie aufgrund einer Verwechslung mit dem Plätzchenteller von Enkelin Anna niedergestreckt wurde, versuchte der hilfsbereite Phillip Möhrle lediglich, sie wieder zu beleben.
Hinter Frau Kniebl steckte Julia Martin, die in diesem Jahr erstmals Theaterluft schnuppert. Wobei: Die 27-Jährige sammelte bereits in ihrer Kindheit und als Jugendliche Bühnenerfahrung beim Ballett und bei einem Musical. Und wie kam sie zu Frau Kniebl? "Meine Nachbarin hat mich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, eine kleine Rolle im Theater zu übernehmen, da noch jemand gesucht wurde", erklärte sie. "Und da hab ich mir gedacht, das probierst du einfach mal aus."
Auf der Bühne ist vieles ganz anders
An einige notwendige Verhaltensweisen musste sie sich in den vergangenen Wochen erst gewöhnen. "Man muss auf der Bühne auf tausend Sachen gleichzeitig achten.
Das ist schon anstrengend", macht sie deutlich. Doch egal, ob "immer übertrieben laut sprechen, sogar wenn man gerade aus der Ohnmacht erwacht, langsam sprechen, was mir besonders schwer fällt, mit dem Körper immer zum Publikum gerichtet sein oder eine übertriebene Mimik und Gestik": Julia Martin hat ihre Aufgaben mit Bravour gemeistert.
Wenn es sich gerade hinsichtlich der zahlreichen Proben bis spät in den Abend zeitlich einrichten lässt, will sie auch weiter in der Theatergruppe Ebelsbach aktiv sein. Indes endete die ganze "Weihnachtszeremonie" im Herbst, die Harald von vornherein für eine absurde Idee hielt, nach einigem Chaos, stürmischen Wortgefechten und sogar Handgreiflichkeiten wie im wahren Leben mit einem harmonischen Miteinander.
Selbst die plötzlich augetauchte und ebenso plötzlich wieder verschwundene Chefin von Harald, Beate Hegenwald (Yvonne Kuhn), wird auf einer Bank vor der Pfarrkirche wohlbehalten wieder aufgefunden.
Zwar hat Rudi Klos momentan seinen Bleistift auf Seite gelegt, doch ein fünftes Theaterstück ist bereits in Sicht. "Ich werde immer gefragt, was ich denn als nächstes schreibe oder ob ich schon am Schreiben bin." Diese Frage empfindet er als "Motivation. Und solange es lustig und kurzweilig ist, ist es den Leuten bestimmt egal, wer das Stück geschrieben hat."
Weitere Termine
Weitere Aufführungen von "Vorgezogene Weihnachten" sind am Freitag, 13. November (20 Uhr), sowie samstags, 7. und 14. November (jeweils 19.30 Uhr). Am Sonntag, 8. November, gibt es um 16 Uhr eine Nachmittagsvorstellung. Karten können unter der Rufnummer 0160/98257382 bestellt werden (ab 18 Uhr). Reservierungen im Internet (www.theatergruppe.ebelsbach.de) sind ebenfalls möglich.