Am 6. November entscheidet sich, wer als Präsident der Chef im Weißen Haus ist. Allein in Bayern sind 35.000 Amerikaner wahlberechtigt. Wir haben mit zwei US-Bürgern im Kreis Haßberge und einer Amerikanerin aus Ebelsbach gesprochen.
"Yes we can" - mit dickem Ausrufezeichen - schreibt die aus Ebelsbach stammende Andrea Bauerfeind über den Großen Teich per E-Mail zurück auf unsere Anfrage, wie sie in Amerika den Wahlkampf erlebt. Die 33-Jährige wohnt mit ihrem Freund in Washington DC, ist politisch interessiert und natürlich voll dabei im US-amerikanischen Wahlkampf. In ihrem Garten hat sie gut sichtbar ein Plakat für ihren Favoriten aufgestellt. Obama, wer sonst? Und für unsere Zeitung ist sie auf einen Fotostreifzug gegangen und schickte ein Bild von einem Straßenzug mit: Wahlwerbung, wohin das Auge reicht. In diesem Jahr darf die junge Frau das zweite Mal wählen. Seit 2008 ist die Unterfränkin, die vor zwölf Jahren in die USA emigrierte, eingebürgert, und auch damals meldete sie sich gleich ganz korrekt als registrierter Wähler an und nutzte stolz ihr neues Wahlrecht.
Andrea Bauerfeind schreibt:
"Leider interessieren sich sehr viele Amerikaner nur wenig für Politik. Von der Minderheit, die zum Wählen gemeldet ist, geht nur ein Prozentsatz auch wirklich zur Wahl. Und von dem Anteil interessieren sich wenige während des Jahres für politische Themen. Viele Wähler lassen sich in den letzten paar Wochen vor der Präsidentenwahl von den Medien, Kandidatsdebatten, Wahlkampf-Telefon anrufen und Werbezetteln im Bezug auf ganz bestimmte Themen (Frauenrechte, Jobs) beeinflussen, ohne den Kandidaten auf seinem Werdegang verfolgt zu haben.
So kommt es, dass nur wenige die Veränderungen in Romney von doch sehr extremen Positionen (zum Beispiel während seiner Zeit als Massachusetts-Gouverneur und während der Vorwahlen) zu einem moderaten Politiker bemerken. Die Isolationspolitik im Bezug auf Energie und Handel, die Romney durchsetzten möchte, ist kurzsichtig und unrealistisch."
Wechsel würde die USA zurückwerfen Die 33-Jährige schaut über den Tellerrand und meint:
"Wir können nicht glauben, dass die Medien von einer Kopf-an-Kopf-Wahl berichten. Für uns ist Obama der bessere Kandidat, um Land und Leute nach vorne zu bringen. Er hat sich eindeutig in seinem Amt bewiesen und bräuchte eine zweite Amtszeit, um die meisten seiner Ziele umzusetzen. Ein Wechsel zur republikanischen Seite würde sehr viel zerstören und unserer Meinung nach die USA zurücksetzen, im Inland und Ausland."Andrea Bauerfeind freut sich auf die Präsidentenwahl:
"Ich werde sehr früh am Morgen meine Stimme abgeben. Mit meinem ,I-Voted‘-Aufkleber, den man nach dem Wählen von den Wahlhelfern bekommt, werde ich den ganzen Tag angeben." Der Gedanke, dass Romney vielleicht eine Chance habe zu gewinnen, erschrecke sie und ihren Freund, beschreibt die junge Frau.
Deswegen nutzten sie - wie viele Familien in den USA - den eigenen Garten als Werbefläche.
Blick von Franken über den großen Teich Das ist der Blick nach Amerika. Wie sehen Amerikaner, die hier im Lande leben, die Wahl in ihrem Heimatland? Für den Kalifornier Robert Daggs ist es ein besonderer Tag. Mit gespannter Erwartung hat er die Rededuelle zwischen Barack Obama und Herausforderer Mitt Romney verfolgt und sich danach laufend über aktuelle Wahlprognosen und Hintergründe informiert.
Bis der neue Präsident seine Hand zum Schwur hebt, dauert es noch eine Weile. Der 6. November ist nur der erste Tag eines langwierigen Wahlprozesses, der erst am 6. Januar seinen Abschluss findet. Vereidigt wird der höchste Mann des Staates am 20. Januar.
Ginge es nach Robert Daggs, so würde Barack Obama 2013 seine zweite Amtszeit antreten. "Ich bin Realist. Was George W. Bush in den acht Jahren seiner Amtszeit angerichtet hat, konnte Obama nicht in vier Jahren ausmerzen. Bush hat uns zwei Kriege hinterlassen, die noch nicht bezahlt sind, und eine Finanzmisere. Das braucht Zeit."
Obama for president Der 56-Jährige lebt seit 2000 mit seiner Familie in Zeil und arbeitet bei Schaeffler Technologies (FAG) in Schweinfurt als Bediener der KSS-Anlage (Kühlschmierstoff). Der Amerikaner vermisst im Maintal zwar manchmal die kalifornische Sonne.
Aber das deutsche Gesundheits- und auch das Wahlsystem sind für ihn zwei gute Gründe, um hier zu leben.
Deshalb findet er Obamas Bemühen um eine allgemeine medizinische Krankenversorgung sehr gut. "Wir sind unter den zehn führenden Ländern der Welt das einzige, das keine deckende Gesundheitsversorgung anbietet", sagt Robert Daggs. Er selbst war auch während seiner Zeit in den Staaten versichert: "Erst war ich bei meinem Vater mitversichert und später habe ich in einem Krankenhaus gearbeitet, da war man auch medizinisch versorgt", erzählt er.
Macht und Geld Zu dem Machtstreit zwischen den Republikanern (Romney) und Demokraten (Obama) hat er eine klare Meinung. "Es geht hauptsächlich um Macht und Geld und nicht darum, was für Amerika das Beste wäre. Hätten wir ein Drei- oder Vier-Parteiensystem wie hier in Deutschland, stünde der Nutzen der Politik bestimmt mehr im Vordergrund", meint der Familienvater. Doch er findet nicht alles an Obama gut. "Er war viel zu nett zu den Republikanern. Dabei haben die öffentlich gesagt, dass sie alles daran setzen werden, dass Obama nur eine Amtszeit lang bleibt.
Außerdem sollte er die Banken härter anpacken und feste Regeln für die Wall-Street aufstellen, damit es nicht mehr zu einer so schweren Bankenkrise kommen kann."
Warum er sich für Barack Obama als Präsidentschaftskandidaten entschieden hat? "Wenn Romney gute Ideen hätte und ein richtiges Konzept, würde ich ihm zuhören. Aber er spult nur die selbe Propaganda ab wie Bush damals." Seine Stimme hat Daggs schon abgegeben: am 11. Oktober - online aus Zeil.
Sander Amerikaner hat nichts für Obama übrig Ein paar Kilometer weiter, in Sand, geht ein Republikaner mit Barack Obama hart ins Gericht. Robert Brooks Bell aus Pennsylvania kam mit 18 Jahren als Soldat nach Deutschland. Da das Mindestalter für die US-Wahlbeteiligung bei 18 Jahren liegt, hatte er bis dahin noch nie gewählt. "In Deutschland habe ich auch nicht mehr", sagt Brooks, der jetzt aber die Wahlunterlagen ausfüllte.
Seine politische Meinung ist klar: Romney soll Amerika aus den Schulden führen. Der ehemalige Unternehmensberater und Unternehmer Mitt Romney habe schon einige Pleitefirmen wieder aufgebaut. "Er hat das Wissen", meint Bell. Obama ist für ihn ein Schauspieler. Brooks wird die Wahl nicht live im Fernsehen mitverfolgen: "Es reicht, wenn ich es am nächsten Morgen erfahre."