Zeil feierte zwei Tage seinen Weihnachtsmarkt in stimmungsvoller Atmosphäre auf dem Marktplatz. Die Nostalgie machte Fortschritte: Statt der Pferdekutsche fuhr zum Auftakt eine Autokutsche vor - für den Fahrer eine Premiere.
Mehr Nostalgie, als sie der Zeiler Marktplatz mit seinem herrlichen Fachwerk-Ensemble zu bieten hat, geht eigentlich gar nicht. Aber die Nostalgie muss nicht immer die gleiche sein. Sie kann sich ändern und dem technischen Fortschritt angepasst werden.
Sechsmal hatte in den vergangenen Jahren der Zeiler Erich Zösch seine beiden Pferde Max und Moritz vor die Kutsche gespannt. Damit fuhr er zum Auftakt des Weihnachtsmarktes auf dem Marktplatz vor dem Rathaus vor. Das Christkind brachte der Zeiler in seinem Gefährt ans Rathaus, in dessen Torbogen es dann die Weihnachtswünsche der Kinder entgegen nahm.
Ein Zeichen gesetzt Im vergangenen Jahr fuhr keine Kutsche vor. Erich Zösch war gestorben. Auch um ein Zeichen der Trauer zu setzen, fiel die Kutschfahrt 2012 aus.
Aber 2013 wurde die Fahrt mit dem Christkind neu aufgenommen. Allerdings ohne Pferde.
Zeil engagierte den Haßfurter Klaus-Peter von Marklowski und dessen motorisierte Kutsche. Das ist der Nachbau eines historischen Fahrzeuges, das an die Anfänge des Automobilzeitalters erinnert. Sieht aus wie eine Kutsche, braucht aber keine Pferde, die ziehen, sondern hat einen Motor. Genauer gesagt: einen Zwei-Zylinder-Dieselmotor von BMW mit 16 PS (Pferdestärken) - also ganz ohne Pferde geht es doch nicht.
Schiebestock-Steuerung Die motorisierte Kutsche ist das Hobby von Klaus-Peter von Marklowski, wie er unserem Portal erzählte. Ganz zufällig ist es nicht, denn in der Familie wird ein Autohaus betrieben. Seit zwei Jahren hat er die motorisierte Kutsche. Etwa 8000 Kilometer ist er damit gefahren. Das auffallendste Merkmal ist: Die Kutsche hat kein Lenkrad, sondern eine Schiebestock-Steuerung.
Aber überhaupt "nicht schwer" zu bedienen, schildert der Fahrer, der am Samstag zum Auftakt des Zeiler Weihnachtsmarktes ein blaues Nikolauskostüm übergezogen hat.
Es war das erste Mal, dass Klaus-Peter von Marklowski auf einem Weihnachtsmarkt vorfährt. Er findet es "interessant", und das Gefühl "ist gut", sagt er und lächelt von seinem Kutschbock herab. Meistens wird sein Fahrzeug für Hochzeiten bestellt. "Ein paar Mal im Jahr" ist er damit unterwegs. 40 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit erreicht seine mit einem Automatik-Getriebe ausgestattete, motorisierte Kutsche, die für den normalen Straßenverkehr zugelassen ist.
Über 80 000 Euro Übrigens: Ganz billig ist das Hobby nicht. Auf über 80 000 Euro kommt die Kutsche laut Klaus-Peter von Marklowski.
Kein Wunder, denn das sei "alles Handarbeit". Historische Teile wurden eingebaut.
Der Zeiler Weihnachtsmarkt hatte natürlich viel mehr zu bieten als die motorisierte Kutsche. An zahlreichen Ständen wurden schöne Weihnachtsartikel angeboten. Bläser-, Musik- und Gesangsgruppen traten auf.
Am Sonntag kam zu dem reinen Weihnachtsmarkt auf dem Marktplatz der Verkaufsmarkt in den Straßen der Altstadt dazu.
Die Stimmung in Zeil wäre vielleicht noch besser gewesen, wenn das Wetter mitgespielt hätte. Aber am Samstag regnete es. "Das hat der Tom nicht gut organisiert", sagte eine Besucherin schmunzelnd mit Blick auf die Wassertropfen. Mit Tom meinte sie den Thomas Fensel (Stadt), der einen Großteil der Organisation erledigt. Der freute sich indes, dass alles klappte. Für Sonntag hatte Tom alles richtig gemacht: Da blieb der Regen aus und Zeil trocken.