Der Zug fährt nicht mehr, und auch für Autofahrer wird's problematisch: Mit der Sperre der Bahnstrecken von Bamberg nach Lichtenfels und Ebern ab Dienstag nächster Woche erreicht das größte Mobilitäts-Experiment, das je in Deutschland stattgefunden haben dürfte, seinen Höhepunkt.
Rund 800 Bauarbeiter stellen sich ringsum den Verkehrsknotenpunkt Breitengüßbach mit vielen Baggern und Lastwagen den Autofahrern in den Weg, um Brücken abzureißen, damit sie mit größeren Spannweiten für die ICE-Strecke wieder aufgebaut werden können. Die dann nur noch zweispurig befahrbare Autobahnbrücke bei Kemmern wird dann zum Nadelöhr. Hinzu kommen noch die vielen Pendelbusse, die die ausfallenden Züge ersetzen sollen.
In einer Woche ist es soweit: Ein bislang einzigartiges Mobilitäts-Experiment beginnt. Wie bringe ich eine ganze Region, die Pendler aus sechs Landkreisen, durch ein Nadelöhr im Maintal?, lautet die Aufgabenstellung. Die Engstelle heißt Breitengüßbach, wo drei Bundesstraßen, eine Staatsstraße und eine Autobahn aufeinander stoßen. Dazu zwei Bahnlinien.
Am Montag nächster Wochen, dem 11.
Januar, fährt um 23.38 Uhr der vorerst letzte Zug von Ebern aus gen Bamberg. Danach ist es für acht Monate Schluss mit dem Schienenverkehr. Bis zum 4. September, ein Woche vor dem Ende der Sommerferien.
Doch nicht nur Schüler und sonstige Bahnfahrer sind von der Mammutaufgabe, eine ICE-Strecke binnen kürzester Zeit mitten durch den Verkehrsknotenpunkt Breitengüßbach zu rammen, betroffen. Auch die Seitentäler trifft's - und zwar hart. Die Autofahrer aus dem Baunachgrund werden die Baumaßnahme der Bahn zu spüren bekommen, nicht nur durch das erhöhte Verkehrsaufkommen auf den Straßen, da Zugfahrer aufs Auto umsatteln und Pendelbusse die ausfallenden Züge ersetzen.
Stundentakt bleibt bestehen
Die Busse fahren im Stundentakt zwischen Ebern und Hallstadt.
Der letzte Bus am Abend düst um 23.20 Uhr vom Parkplatz vor der Eberner Mittelschule zum Bahnhof in Hallstadt, wo in einen Agilis-Zug umgestiegen werden muss, um nach Bamberg zu gelangen.
Der Bus fährt den Hallstadter Bahnhof von Westen her an, an der Anna-Kapelle vorbei über die Landsknechtstraße, also nicht auf der östlichen Seite (Richtung Michelin/Brose).
Die Hallstadt-Variante mit Umstieg auf den Zug haben die Fahrplan-Gestalter gewählt, um das Bus-Wirrwarr zu entzerren, da der Bamberger Bahnhofs-Vorplatz schon überfüllt ist.
Dort treffen die vielen Busse aus Richtung Lichtenfels ein, die die Pendlerströme aus dem Frankenwald, Coburg und dem Obermaintal aufnehmen sollen. Dazu noch den überregionalen Verkehr, der sonst in den ICE-Zügen zwischen Berlin/Leipzig in Richtung Nürnberg/München unterwegs ist.
Denn: Soll der ICE ab 2017 auf der neuen Strecke düsen, muss er erst einmal aufs Abstellgleis rangiert werden. Eine Logistik-Herausforderung, wie sie in Deutschland bislang noch nicht praktiziert wurde.
Mindestens zwei neue Gleise
Die Gleisbauer beschränken sich aber nicht nur auf die Schienentrassen. Weil die bestehende Strecke um mindestens zwei Schienenstränge verbreitert und ausgebaut wird, sind die bestehenden Brücken zu schmal, weswegen sie schlichtweg abgerissen und mit größeren Spannweiten neu gebaut werden müssen.
In Breitengüßbach, wo am Kreisel in Richtung Kemmern derzeit schon eine Ersatz- und Behelfsbrücke zur einstigen Muna geschlagen wird, sind davon gleich mehrere Bauwerke betroffen. So die Brücke nach Zückshut/Leimershof.
Des Weiteren die Brücke nach Unteroberndorf im Kreuzungsbereich von Autobahn/ B 4 und B 173.
Autobahn nur noch mit 2 Spuren
Was aber für Autofahrer auf der B 279 von besonderer Bedeutung ist: Die Autobahnbrücke zwischen Breitengüßbach und Kemmern muss ebenfalls komplett neu errichtet werden, weswegen über mehrere Monate statt vier nur noch zwei Spuren zur Verfügung stehen.
Deshalb wird es mit Sicherheit zu Engpässen kommen, wenn sich rund 800 Bauarbeiter auf einmal ans Werk machen.
Es muss sich also keiner wundern, wenn er von Baunach kommend bei Breitengüßbach-Mitte auf die Autobahn auffährt und erst einmal im Stau steht, zumal auch viel Verkehr auf die B 4 geleitet wird, die aber auch bei Breitengüßbach-Nord ins Nadelöhr führt.
Längere Fahrzeiten sind vorprogrammiert.
Alternativen angeregt
Die Vollsperre der Bahn-Nebenstrecke nach Ebern ließ sich nach Auskunft der Bahn-Projektierer weder umgehen noch verkürzen, wie es Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) gewünscht und in den Vorbereitungsgesprächen immer wieder angeregt hatte. "Technische Zwänge und Vorgaben sprächen dagegen", hatte Hennemann immer wieder zur Antwort bekommen.
Auch die Alternative, einen Zug zwischen Ebern und einem Behelfs-Bahnsteig im Breitengüßbacher Gewerbegebiet (nahe Burger-King) pendeln zu lassen,war verworfen worden, weil dies Probleme beim Betanken oder bei einem Defekt aufgeworfen hätte, da der Triebwagen abgenabelt gewesen wäre.
"So ein isolierter Zug macht einem schon Angst", meint dazu Agilis-Betriebsplaner Nils Stuve.
Anschlüsse nach Nürnberg
"Da auf der eingleisigen Strecke nach Ebern nur ein Zug fahren kann, hätten wir die Fahrzeiten und den Stundentakt nicht halten können", listete Nils Stuve ein weiteres Argument auf.
Mit den Ersatzbussen, die zwischen Ebern und Hallstadt pendeln, lassen sich die Anschlüsse nach Nürnberg zur halben und vollen Stunde herstellen. Den Umstieg vom Bus in den Zug in Hallstadt nahe der Annakapelle habe man gewählt, um dem Bamberger Stadtverkehr aus dem Weg zu gehen, da dort ohnedies schon viele Busse eintreffen werden. "Außerdem wollten wir nicht, dass sich unsere Gäste komplett an den Bus gewöhnen."
Die Schüler fahren also in dieser Woche nach dem Ferienende noch zwei Tage wie gewohnt mit dem Zug. Am Montag,11.
Januar, kommt am Morgen schon ein Ergänzungsbus ins Spiel, da am Morgen kein Doppeltriebwagen mehr eingesetzt wird.
Ab Dienstag fahren dann nur noch die Busse, für die Schüler und alle anderen Reisenden. Es wird dennoch etliche geben, die in den ersten Tagen am Bahnsteig stehen und vergeblich auf das Eintreffen eines Triebwagens warten... Die Züge stehen in Nirgendwo bzw. am Geister-Bahnhof in Hallstadt.