Auf Sand gebaut: Wie der Abbau der knappen Ressource Franken verändert

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Bei knappen Ressourcen denkt man meist an Erdöl oder Metalle. Aber auch ein Stoff, den es auch in Franken scheinbar wie Sand am Meer gibt, wird knapp. Foto: Archiv
Bei knappen Ressourcen denkt man meist an Erdöl oder Metalle. Aber auch ein Stoff, den es auch in Franken scheinbar wie Sand am Meer gibt, wird knapp. Foto: Archiv
"Kantige" Sandkörner bei 200-facher Vergrößerung Foto: Archiv
"Kantige" Sandkörner bei 200-facher Vergrößerung  Foto: Archiv
 
Alte und neue Karten zeigen, wie der Kiesabbau Sand verändert hat. Die Darstellung stammt von der Bürgerinitiative "Sand bleibt". Foto: p
Alte und neue Karten zeigen, wie der Kiesabbau Sand verändert hat. Die Darstellung stammt von der Bürgerinitiative "Sand bleibt".  Foto: p
 

Ein Stoff, den es auch in Franken scheinbar wie Sand am Meer gibt, wird knapp. Der Abbau hat Folgen für Land und Leute.

Die Gemeinde in Unterfranken heißt sogar so, und sie wurde auf Sand gebaut: Aus der Luft tut man sich schwer, bei Sand am Main im Landkreis Haßberge den Main zu erkennen. Sand am See trifft es besser: Mehrere große Baggerseen machen den Ort selbst ohne Hochwasser beinahe zur Insel. Ein Idyll? Ein Freizeitparadies mit Campingplatz? Der schöne Schein hat Schattenseiten.

So wie Sand ist es vielen Orten in Franken ergangen, die in der Vergangenheit nahe am Wasser gebaut wurden. Erst mied man die wilden Flussauen mit ihren unberechenbaren Launen, doch schon im frühen Mittelalter entdeckten die Menschen die Flüsse als Lebensraum, Fischgrund und Verkehrsweg.

Bis in die Nachkriegsjahre war die Flusslandschaft des Mains und anderer Flüsse in Franken ein grünes Idyll, durch das sich das Wasser schlängelte. Davon ist heute auf weiten Strecken nichts mehr zu sehen. Nicht nur der Main selbst ist vom Fluss zu einer Kette von 34 Stauseen mutiert, die sich, durch Schleusen getrennt, für die Schiffe aneinanderreihen.


Neuer Bodensee, nur tiefer

Viel gravierender waren und sind für die Landschaft die Eingriffe durch den Kiesabbau. Eine Goldgrube für die Unternehmen, die den einzigen in großer Menge vorhandenen fränkischen Bodenschatz abgebaut haben und vielerorts bis heute noch abbauen, auch wenn Umweltauflagen, Naturschutzgebiete und der Widerstand von Bürgerinitiativen den Tagebau erschweren, manchmal sogar stoppen. Die Schürfrechte gelten aber teils noch Jahrzehnte.

Nun kann man den Abbau von Kies und Sand nicht mit dem großflächigen Abgraben der Landschaften in den Braunkohlerevieren vergleichen. Hier verschwinden ganze Dörfer. In einer der größten deutschen Braunkohlegruben, Hambach in Nordrhein-Westfalen, wird noch bis 2040 Kohle abgebaut.

Das "Restloch" wird geflutet, was bis 2100 dauern dürfte. Dabei entsteht ein See mit einer Fläche von 4200 Hektar, der bis zu 400 Meter tief ist und 3,6 Milliarden Kubikmeter Wasser enthält. Der "Hambacher See" wäre der tiefste und (beim Volumen) nach dem Bodensee zweitgrößte See Deutschlands.

Raubbau oder Rohstoffgewinnung? Die Frage stellt sich nicht erst, wenn in solchen Dimensionen gegraben wird, noch dazu für einen umstrittenen Stoff wie Braunkohle.

Bei Sand und Kies denkt man eher an den von der Betonindustrie genutzten Slogan "Es kommt drauf an, was man draus macht". Tatsächlich wird ein Großteil des in Franken und anderswo in Deutschland abgebauten Sands als Zuschlagstoff für Beton und andere Baustoffe sowie bei der Asphaltherstellung (Straßenbau) verwendet. Andere Einsatzgebiete sind Schleifmittel und die Industrie (Glas). Lauter Sachen also, die man braucht. Und es ist ja eine feine Sache, dass es den Rohstoff Sand direkt vor der Haustür gibt, er nicht wie Öl und Gas importiert werden muss.

Auch beim Sand ist aber die Menge das Problem. Es gibt ihn eben nicht wie "Sand am Meer". Die natürlichen Lager an Sand und Kies sind hierzulande vor allem durch die Erosion von Gesteinen während der Eiszeitalter entstanden; der Sand wurde durch Stürme und Wasser in die Täler geweht und gespült. Diese Reservoirs erneuern sich nicht.

Der Quarzsand zeichnet sich dadurch aus, dass die Körner Ecken und Kanten haben, was den technischen Einsatz erst möglich macht. Die Körner des Wüstensands sind vom Wind rund geschliffen. Beton, der mit solchem Sand als Zuschlag hergestellt wird, hat eine geringere Festigkeit. Wegen der schwindenden Vorräte von Bausand gibt es Versuche, auch Wüstensand zu Baustoff zu machen.

Nutzbar für Betonbauer ist auch der Sand aus dem Sprichwort: Allerdings hat Sand am (und im) Meer den Nachteil, dass er erst vom Meersalz gereinigt werden muss, weil das die Bewehrung aus Stahl angreifen und schnell zerstören würde.


Die fränkischen Goldgruben

Kein Wunder also, dass auch die fränkischen Kies- schon lange Goldgruben sind. Man glaubt es kaum, aber die Zahlen sind nicht zu widerlegen: Die drei vom Menschen am meisten genutzten Ressourcen dieses Planeten sind in dieser Reihenfolge: die Luft, das Wasser, Sand und Kies!

40 Milliarden Tonnen Sand werden jedes Jahr weltweit verbraucht, davon kommen 15 Milliarden Tonnen direkt aus der Natur. Alleine die künstliche Insel "The Palm" in Dubai verschlang 150 Millionen Tonnen Sand und Kies. Die moderne Welt ist auf Sand gebaut. 200 Tonnen Sand stecken in einem Einfamilienhaus, 30 000 Tonnen Sand werden für jeden Kilometer Autobahn gebraucht.

In Bayern werden jedes Jahr 150 Millionen Tonnen Steine- und Erden-Rohstoffe gefördert, erläutert das Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg. Dazu zählen Steine wie Basalt, Lehm, Ton und Salz, das Gros machen aber Sand und Kies aus, die sich zwischen Alpen und Main aufgrund der geologischen Verhältnisse in großer Menge bilden konnten. Bayern steuert zur gesamten Förderung in der Bundesrepublik fast 20 Prozent bei, sagt das LfU.
Noch gibt es in Deutschland ausreichend Vorrat an dem nicht erneuerbaren Rohstoff Sand, während das Geschäft mit dem raren Gut anderswo, zum Beispiel in Marokko, mafia-ähnliche Strukturen hat entstehen lassen. Hier verschwinden über Nacht ganze Strände, Ökosysteme im und am Meer kippen.

Sand soll bleiben. Deshalb hat sich in der unterfränkischen Gemeinde eine Bürgerinitiative gegen weiteren Kiesabbau diesen Namen gegeben: "Sand bleibt". Die Initiatoren befürchten langfristige Umweltschäden, wenn das Land nur noch aus Löchern besteht. "Die Hochwassergefahr steigt, das Grundwasser ist in Gefahr", sagt der Sprecher der Initiative, Mark Werner.

Die BI zieht gegen den Kiesabbau vor Gericht, mit ersten Erfolgen. Vielleicht kann man der Kies-Industrie etwas Sand ins Getriebe streuen ...