Auch ein plattes Rad gehört jemandem

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Eine hohe Geldstrafe kassierte ein vielfach Vorbestrafter vor dem Haßfurter Antsgericht.
Eine hohe Geldstrafe kassierte ein vielfach Vorbestrafter vor dem Haßfurter Antsgericht.

Wegen Diebstahls wurde ein vielfach Vorbestrafter zu einer Geldstrafe von 1100 Euro verurteilt.

Kaum eine Meldung kommt im Polizeibericht häufiger vor, und in manchen Großstädten ist diese Straftat eine Art Volkssport: Die Rede ist vom Fahrraddiebstahl. Oft handelt es sich um hochwertige Räder, die Aufklärungsquote ist sehr gering, und so landen die Diebe eher selten vor dem Kadi.

Der Diebstahlsprozess vor dem Gericht in Haßfurt war etwas anders gelagert: Es ging um ein unverschlossen abgestelltes Rad, das zudem platt und ohne Sattel war - aber auch das darf man nicht einfach mitgehen lassen. Weil es sich bei dem Dieb um einen vielfach vorbestraften Knastbruder (60) handelte, kam eine empfindliche Geldstrafe heraus: 110 Tagessätze zu je zehn Euro, mithin summa summarum 1100 Euro.


Geschenk an Flüchtling

Wie die Beweisaufnahme ergab, hatte das Corpus delicti eine interessante Vorgeschichte. Das Alu-Rad war fünf bis sechs Jahre alt und wurde ursprünglich bei Aldi für rund 300 Euro gekauft. Die 54-jährige Eigentümerin wohnt im Maintal und ist ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagiert.

Um einem mittellosen Afghanen unter die Arme zu greifen, überließ sie diesem im Dezember 2015 den gebrauchten, aber voll funktionsfähigen Drahtesel. Der Asylbewerber nutzte das Zweirad unter anderem dazu, um zum Bahnhof in Ebelsbach zu fahren.

Anfang Mai 2016 meldete sich der Afghane bei der Frau, die ihm das Rad geliehen hatte. Wie er schrieb, hatte er das ihm übergebene gute Stück am Ebelsbacher Bahnhof abgestellt und bei der Rückkehr an der Stelle, wo das Gefährt stand, nur noch ein geknacktes Schloss vorgefunden.

Einige Zeit später erfuhr die bestohlene Radeigentümerin von einer Bekannten, die das Fahrrad kannte, dass ein älterer Mann damit in Ebelsbach herumfahre.

Auf diese Weise kam man dem Dieb auf die Spur. Der Mann erklärte zu den Vorwürfen, dass das Rad in einem reparaturbedürftigen Zustand gewesen sei. Dass er es mitgenommen habe, bestritt er nicht. Da man ihm nicht nachweisen konnte, dass er die Fahrradkette durchtrennt hatte, ließ Staatsanwalt Thomas Heer den Vorwurf des besonders schweren Fall des Diebstahls fallen. Übrig blieb nur noch ein "einfacher" Diebstahlsfall.


Angeklagter war reumütig

Strafrichterin Ilona Conver brauchte ziemlich lange, bis sie das umfangreiche Vorstrafenregister des Beschuldigten verlesen hatte. Es umfasst insgesamt 28 Verurteilungen, 13 davon wegen Betrugs. Angesichts dieses "Bundezentralregisters, das seinesgleichen sucht" (Staatsanwalt Heer) forderte er für den Arbeitslosen eine erneute Haftstrafe von vier Monaten.

Die Vorsitzende hatte durchaus Verständnis für diesen Antrag des Anklagevertreters, entschied sich schließlich aber doch für die Geldstrafe. Sie hielt dem Stammkunden der Justiz zugute, dass er sich geständig gezeigt, das Rad zurückgebracht und sich bei der Eigentümerin entschuldigt hatte.

Wenn der Verurteilte den Richterspruch annimmt und auch der Staatsanwalt auf eine Berufung verzichtet, wird ihm aufgrund seiner Einkommenssituation die Abzahlung in Raten gewährt.