Am Donnerstag stellten sich Theinheim und Fatschenbrunn der Bewertungskommission vor. Die beiden Orte bestechen durch das soziale Miteinander und ihr Ambiente. Am Freitag fällt die Entscheidung über den Sieg.
Zwei Dörfer, deren Bevölkerung sich tief verwurzelt fühlt und in denen sich der eine auf den anderen verlassen kann, präsentierten sich gestern der Bewertungskommission des Wettbewerbs "Unser Dorf soll schöner werden - Unser Dorf hat Zukunft". Fatschenbrunn und Theinheim, zwei Steigerwalddörfer der Kategorie der kleineren Orte, zeigten sich von ihrer besten Seite.
Ein "Schottisch" der Wirtshausmusik und das Schullied der "Aurach-Frösche" empfing die Jury in Fatschenbrunn. 247 Menschen lebten hier "in einer Natur reinster und schönster Form", erzählte Bürgermeister Thomas Sechser. Die Jungen bleiben gerne im Ort, nehmen Pendelwege bis Würzburg auf sich, weil sie den Zusammenhalt im Ort schätzen.
Einst das ärmste Dorf Ein Team um Ortssprecher Reiner Renner, das 2011 auch das große Dorffest zum Abschluss der Dorferneuerung organisiert hat, stellte die Besonderheiten vor. Vom erfolgreichen SV Fatschenbrunn mit seiner vorbildlichen Jugendarbeit über die Blaskapelle bis hin zur eigenständigen Kirchenverwaltung. Aus der Geschichte berichtete Franz Hümmer, dass hier die erste Glashütte im Steigerwald stand und dass Fatschenbrunn in den 50er Jahren als das ärmste Dorf Deutschlands galt.
Wie sich das Dorf seitdem entwickelt hat, das beeindruckte die Jury sehr. Jung und Alt war auf den Beinen, um Fatschenbrunn auch abseits der Ortsdurchfahrt zu präsentieren. Prachtvolle Gärten, geheimnisvolle Gänge und liebevoll gepflegte Häuser zeigten sie.
Der 21-jährige Markus Viering berichtete, wie angenommen sich die Jugend fühlt, und Florian Mai erzählte, wie schnell man in Fatschenbrunn als Neubürger eingebunden wird. Er kaufte hier ein Haus, und "wir waren noch gar nicht richtig eingezogen, hatten aber schon drei Einladungen zum Essen bei Nachbarn".
Ihr Paradies fanden auch Nico und Salome Scholtens, die seit fast 40 Jahren in der alten Schule ihr Weingut und eine Weinstube betreiben.
Hufschmied ist neu im Dorf Neu ins Dorf kam Hermann Müller. Der Hufschmied, der sogar orthopädische Beschläge herstellt, saniert ein altes Anwesen im "Oberdorf". Der größte Betrieb im Ort ist die Schreinerei Pfaff, durch die Manfred Pfaff führte. Die Feuerwehr ist 22 Mann stark und freut sich über ihr neues Fahrzeug. Natürlich ist Fatschenbrunn im Bürger-Netzwerk "Bürger helfen Bürgern" der Gemeinde Oberaurach aktiv, wie Brigitte Viering berichtete.
Am Hutzelbrunnen, der bei der Dorferneuerung neu entstand, treffen sich die Frauen zum Laufen oder Walken, aber auch die "Hutzler", eine Art Stammtisch, von dem Markus Hümmer berichtete. Gleich nebenan steht die alte Hutzel-Darre. Trockenbirnen aus Fatschenbrunn gingen einst um die Welt - das Dörrobst bewahrte Seeleute vor Skorbut. Einige Familien halten die Tradition aufrecht, und natürlich gab's Kostproben.
Viel Lob kam von der Kommission: für die ideale Einbindung des Ortes in die Flur, für den großen Zusammenhalt und die hervorragende Organisation der Präsentation. Juror Wilhelm Schneider erkannte, warum die Bevölkerung hier so stabil ist: "Hier leben starke Individualisten, die aber auch die Eckpfeiler dieser Gemeinschaft sind".
Adelinde Friedrich und Imelda Hetterich (Jury), die das soziale Miteinander prüften, "fanden keinen Kritikpunkt", und auch Architekt Bernhard Joos war voller Lob, ebenso wie die Gartenfachberater Heinz Müller und Johannes Bayer: Gerade die Bewahrung des Einfachen, der Respekt vor den heimischen Materialien Holz und Sandstein machten den Charme des Dorfes aus. Eines beeindruckte besonders: In vielen Orten sind alle Bäume im Weg, in Fatschenbrunn rettete die Dorfgemeinschaft die Kirchenlinde gegen viele Widerstände. "Ich finde hier keine Ansätze für weitere Empfehlungen", erklärte Müller fast ein bisschen verzweifelt.
In Theinheim läuft die Erneuerung Mit dem "Steigerwaldlied" begrüßten die Landfrauen die Kommission in Theinheim. Hier hat die Dorferneuerung erst begonnen. Die Theinheimer machten engagiert bei den Vorplanungen mit, wie Bürgermeister Oskar Ebert berichtete. Auch hier war spürbar, dass sich die Menschen mit ihrem Ort identifizieren, dass sie lieber größere Strecken zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen, als wegzuziehen.
Viel wird hier wie in Fatschenbrunn in Eigenleistung erledigt - nicht nur Gestaltungsmaßnahmen, sondern auch dauerhafte Pflege, etwa des Dorfplatzes. Der zweite Kommunikationspunkt gleich nebenan war das Gasthaus "Zum grünen Baum", wo Michael Bayer in seiner Küche aus regionalen Produkten Gaumenfreuden zauberte, während sein Bruder Helmut die vermutlich kleinste Brauerei Unterfrankens betreibt. Knapp über 1000 Hektoliter - Landbier und "Knörzla" - werden hier eingebraut und direkt vertrieben. Unter anderem das besondere Theinheimer Wasser trage zu dem besonderen Aroma des Bieres bei, sagte der Brauer.
Auch in Theinheim wurde die Kommission von vielen Dorfbewohnern begleitet, zum Kreuzweg und zum Jugendzeltplatz ging es sogar per Pferdekutsche, denn Pferde spielen in beiden Steigerwalddörfern eine wesentliche Rolle. Ideal mit Radwegen angebunden, sind die Theinheimer. Von hier aus geht es bis Bamberg oder Gerolzhofen, oder drei Kilometer nach Untersteinbach, wo es Arzt, Zahnärztin, Bäckerei und Metzgerei sowie Gemischtwarenladen gibt.
Eine große Anzahl Vereine sorgt für Leben, etwa Kegler, Fischereiverein, Singkreis, Feuerwehr, Kriegerverein und Kerwa-Jugend.
"Fernsehniveau" wird dem Theinheimer Fasching bescheinigt, und auch in Theinheim ist die Glaubensvermittlung ein Anliegen, etwa durch das Kindergottesdienst-Team. Durch das "Wirtsloch" geht es vom Gasthaus direkt zur Kirche "St. Barbara und St. Laurentius", wo Pfarrer Kurt Wolf ein Kleinod des Klassizismus' erklärte. Drei Böllerschüsse gab die Krieger- und Soldatenkameradschaft ab.
Max, das letzte Schwein Beim Rundgang lernten die Jury-Mitglieder "Max" kennen, das letzte Schwein im Ort. Viele Bewohner berichteten gerne über ihr Leben im Steigerwald. Und über die Pläne, die noch anstehen, etwa die Umgestaltung des Kirchenumfeldes.
Das Leitwort, das sich die Theinheimer für ihre Dorferneuerung gewählt haben, präzisierte Guntram Ulsamer zum Abschluss: "Ihr seid nicht nur auf dem Weg, Ihr seid vor allem auf dem richtigen Weg. Wenig Vergleichbares" gebe es in der Jugendarbeit, erklärte Ulsamer, nachdem er die Hütte der Kerwa-Jugend gesehen hatte. Ins Schwärmen geriet Manfred Hußlein über die Lage im Tal der Rauhen Ebrach, die hier sehr naturnah fließt. Ein paar Obstbäume könnten hie und da noch gepflanzt werden, meinte er und schlug vor, die alte Trafostation Richtung Koppenwind als Tierhotel umzunutzen.
Der Blütenreichtum entlang der Ortsdurchfahrt und an den Häusern beeindruckte Kreisfachberater Johannes Bayer. Einige Fassaden könnten Kletterpflanzen aufwerten, schlug er vor. Zypressen- und Thujen-Hecken fand er, die "eventuell mal ersetzt werden könnten". Architekt Bernhard Joos war sicher, dass der Funke der Dorferneuerung auf die Privatanwesen überspringen wird. Schätze sind für ihn die Kirche und die vielen Bildstöcke und Wegkapellen.
"Hier wird Gemeinschaft groß geschrieben", stellte Imelda Hetterich fest, sie und Adelinde Friedrich beeindruckten Vereinsleben, Jugendarbeit und schnelle Integration von Neubürgern. Die Gemeinde habe ihre Hausaufgaben gemacht, lobte Wilhelm Schneider, im Blick auf das Radwegenetz. Der Tourismus sei stark, regenerative Energien würden genutzt. Alle beeindruckte die motivierte Dorfgemeinschaft in Theinheim.
Am Freitag besucht die Jury Kirchlauter. Dann fällt die Entscheidung, wer Kreissieger des Verschönerungswettbewerbs wird.