Acht Beine für ein Halleluja: Große Spinne, lange Reise, viele Fragen

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Das Fundstück, eine Vogelspinne, sorgte für helle Aufregung. Die Aufnahme des Tieres entstand in Oberschwappach, als das Spinnlein vorübergehend bei der Tierschutzinitiative Haßberge unterkam. Foto: TI Haßberge
Das Fundstück, eine Vogelspinne, sorgte für helle Aufregung. Die Aufnahme des Tieres entstand in Oberschwappach, als das Spinnlein vorübergehend bei der Tierschutzinitiative Haßberge unterkam.  Foto: TI Haßberge

Plötzlich war da eine freilaufende Vogelspinne in einer Eltmanner Wohnung: Wie kam sie dahin? Wo ist sie jetzt? Das Protokoll einer langen Reise.

Eigentlich ja ein Klassiker: Man liegt abends im Bett, dillert noch ein wenig am Handy herum und entdeckt im Augenwinkel diesen schwarzen Schatten. Man ahnt bereits: Spinne! Dann schaut man hin und es herrscht Gewissheit: Spinne! Wahlweise kreischen oder fluchen, die Spinne fangen oder so lange brüllen, bis jemand kommt, der sie fängt.

So ähnlich erging es Anfang der vergangenen Woche einer 18-Jährigen, die mit ihrer Familie in Eltmann wohnt. Mit einem kleinen (beziehungsweise großen) Unterschied, wie die Haßfurter Polizei erklärt: In dem Zimmer der jungen Frau krabbelte keine normale, heimische Spinne, mit der man sich größentechnisch meist noch recht gut arrangieren kann, sondern eine echte handtellergroße Vogelspinne.

Nun hätte das bereits das Ende der Geschichte sein können. Jeder hat im Bekanntenkreis diese Person, die in solchen Fällen kurzen Prozess macht: Schuh aufs Viech klatschen oder Staubsauger holen. Die 18-Jährige tat nichts dergleichen, die Eltmanner Familie reagierte besonnen, wie Alexander Treutlein erklärt: Die Bewohner haben die Spinne eingefangen. Der Polizist hatte die Nachtschicht, um kurz nach 1 Uhr ging in der Polizeiinspektion Haßfurt die Mitteilung über den Spinnenfund ein.

Treutlein und ein Kollege fuhren hin und staunten nicht schlecht: Unter einer Tortenhaube saß auf einem Blech die große Spinne und staunte ebenfalls nicht schlecht, ob des Tohuwabohus ihretwegen. Ein Ausschnitt aus dem Polizeiprotokoll jener Nacht liegt uns vor. Spinne: "Polizei? Hallo, geht's noch? Ich saß nur da, ich hab' nichts gemacht!" - Polizist: "Jaja, das sagen sie alle!" - Festnahme.


Spinne in Gewahrsam

Das Tier wurde mit auf die Wache nach Haßfurt genommen. Schließlich habe man die Tierschutzinitiative (TI) Haßberge über den außergewöhnlichen Gast informiert, sagt Treutlein. Die TI kümmert sich um Fundtiere, ihre Vorsitzende Britta Merkel machte sich am Morgen auf den Weg zur Polizei, sie nahm die Spinne mit nach Oberschwappach, wo sonst überwiegend Katzen und Hunde betreut werden.

Eine Art Not-Terrarium gibt es dort, schon einmal hatte die TI einen exotischen Achtbeiner aufgenommen. Der stammte aber laut Merkel aus einer verlassenen Wohnung und war nie draußen unterwegs. Diesmal war unklar, woher die Spinne überhaupt kommt und wie sie in die Eltmanner Wohnung gelangt ist. Mit Hilfe der Reptilienauffangstation München (die sich auch um Spinnentiere kümmert) wurde zunächst geklärt, ob es sich tatsächlich um eine Vogelspinne handelt. Das war der Fall, also war der Plan: Die Spinne bis zum Ende der Woche in Oberschwappach versorgen, dann kommt sie nach München.

"Das Tier war recht gut beieinander und sah gesund aus", sagt Merkel. Wie aber kam die Spinne nach Eltmann? Gut möglich, dass sie ihrem Halter ausgebüxt und in die Eltmanner Wohnung geschlüpft ist, erwägt Merkel. Das lege jedoch nahe, dass der Halter in der Nähe wohnt, womöglich im gleichen Haus. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie von Zeil nach Eltmann gekrabbelt ist." Gemeldet habe sich bislang niemand, der seine Vogelspinne vermisst.


Die Reise nach München wird abgesagt

Kurz, bevor das Tier nach München gebracht werden sollte, kam noch die Stadt Eltmann ins Spiel. "Wir wussten von jemandem, der Spinnen hält", sagt Petra Felser, die bei der Stadt unter anderem für Fundtiere zuständig ist. Dieser Spinnenhalter wohnt in Bundorf quasi am anderen Ende des Landkreises, er ist ein Bekannter des Eltmanner Försters Christian Bartsch. Wie Felser erklärt, habe man Kontakt aufgenommen und gefragt, ob er das Tier bei sich aufnehmen würde, was der Bundorfer bejahte.

So wurde die Spinne aus Oberschwappach geholt und kam zunächst im Eltmanner Rathaus unter. Die nächste Station sollte dann Bundorf sein, aber der neue Besitzer Tobias Dömling konnte sie nicht gleich entgegennehmen, was den Eltmanner Förster Bartsch, der ebenfalls in Bundorf wohnt, dazu veranlasste, die Spinne bei sich daheim für einige Stunden aufzunehmen.

Da er aber selbst noch auf Arbeit war, rief er zuhause an und verkündete: "Es kommt gleich jemand mit einer Vogelspinne vorbei." - Pause - "Meine Frau hat sich sehr gefreut."


Blinder Passagier aus Kuba?

Petra Felser bringt noch eine andere Möglichkeit ins Spiel, wie der große Krabbler nach Eltmann gelangt sein könnte: Die Familie, bei der das Tier aufgetaucht ist, "war die Woche zuvor im Urlaub auf Kuba". In dem Karibikstaat gibt es Vogelspinnen, sie könnte als blinder Passagier im Gepäck mitgereist sein.

Diese Möglichkeit hält auch Tobias Dömling für wahrscheinlich. Er betreut über zehn Großspinnen in seinem Zuhause in Bundorf. Den neuen Mitbewohner hat er in ein Terrarium gesetzt, "sie ist gleich in die Höhle gekrochen und hat sie zugesponnen", berichtet er. Er wolle das Tier nun erstmal in Ruhe lassen nach den Reisestrapazen, vermutlich will es sich häuten. Danach möchte er die genaue Art der Vogelspinne bestimmen. Feststellen konnte er aber schon eines: "Es ist ein Jungtier. Sie ist noch nicht ausgewachsen." Oha.