Abschauen für Fortgeschrittene

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Damit, dass sie sich nach nur drei Jahren schon nach größeren Räumlichkeiten umsehen müssen, hatten Hanna Schuster (links) und ihre Mutter Gabriele anfangs nicht gerechnet. Nun sollen deutlich mehr Flaschen ihres Fruchtsirups hergestellt werden können. Foto: Marian Hamacher
Damit, dass sie sich nach nur drei Jahren schon nach größeren Räumlichkeiten umsehen müssen, hatten Hanna Schuster (links) und ihre Mutter Gabriele anfangs nicht gerechnet. Nun sollen deutlich mehr Flaschen ihres Fruchtsirups hergestellt werden können. Foto: Marian Hamacher
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In einer Blockhütte begannen die Rauhenebracher Gabriele Schuster und ihre Tochter Hanna die Produktion eines Fruchtsirups. Schon drei Jahre später musste nun erweitert werden. Das Geschäft ist inzwischen ihr drittes Standbein.

Noch hallt es. Kein Wunder. Ein historischer Eisenofen, ein hüfthohes Regal und eine Trennwand aus Holzkisten - das ist momentan der neue Ausstellungsraum. "Bis zum Wochenende wird das aber alles fertig sein", verspricht Gabriele Schuster. Schließlich soll am Sonntag die nächste Stufe ihres Erfolgsprodukts gezündet werden, das erst vor drei Jahren an den Start ging.

Nach einem Praxissemester in Pennsylvania kehrte ihre Tochter Hanna 2011 nicht nur mit vielen neuen Eindrücken, sondern auch einer Geschäftsidee aus dem Osten der USA in die unterfränkische Heimat zurück. "Ich habe dort für eine kleine Firma gearbeitet und fand es einfach genial, wie sie aus nur drei Zutaten einen Sirup herstellen, der sein Aroma einzig aus der Frucht zieht und ohne Konservierungsstoffe lange haltbar ist", erzählt Hanna Schuster.


Server überlastet

Da die damalige Studentin der Lebensmitteltechnologie im Qualitätsmanagement tätig war, erhielt sie nicht nur Einblicke in die Produktion, sondern auch in das Mischverhältnis von Früchten, Essig und Zucker. "Ich hatte damals schon mit denen gescherzt, dass ich das in Deutschland ja jetzt nachmachen könnte", sagt die 26-Jährige und lacht. Aus dem Scherz wurde Ernst.

Weil die Mutter ebenso schnell überzeugt war wie die Tochter, bemühten sie sich um die Rechte und ließen sich den ungewöhnlichen Namen schützen: "Shrub". Der sorgte bei beiden seitdem gleich mehrfach für ein Schmunzeln auf dem Gesicht. "Er kommt aus dem Arabischen und heißt nichts anderes als Sirup", erklärt Hanna Schuster. "Ausgesprochen wird unsere Version zwar englisch, aber es kommt schon recht oft vor, dass wir nach ,Schrupp' gefragt werden", beschreibt sie.

Diese bevorzugte auch ein Gastronom, der in der Kabel-1-Sendung "Mein Lokal, Dein Lokal" eine Flasche des Fruchtsirups als Geheimzutat für sein Salatdressing in die Kamera hielt. Offenbar hatten nicht nur die Teilnehmer der Sendung genau hingehört, sondern auch die Zuschauer. Jedenfalls waren am nächsten Tag die Server des heimischen Online-Shops überlastet. "Wir hatten erst gedacht, dass wir gehackt worden sind", erinnert sich Hanna Schuster.

Die Untersteinbacher bieten den Sirup nicht nur im Internet an. Die Frauen sind fleißig unterwegs bei Messen, wo sie die Chef-Einkäufer großer Marken entdeckt haben. Inzwischen haben auch regionale Supermärkte oder Feinkostketten einige der 20 Sorten aus dem Steigerwald in ihren Regalen. "Wir haben festgestellt, dass es sich dort nicht so gut verkauft. Es braucht eine Beratung", sagt Gabriele Schuster dazu.

Dabei könnte ihr Produkt durchaus bekannter sein. Denn neu an "Shrub" ist nur der Name: Vor 200 Jahren wurden leicht verderbliche Lebensmittel durch ein ausgiebiges Essigbad konserviert und anschließend mit Zucker versetzt. Doch dies geriet in Deutschland spätestens mit dem kommerziellen Siegeszug der Limonade Mitte des 20. Jahrhunderts dann Schluck für Schluck in Vergessenheit.

Das wollen die Schusters ändern. "Man muss ihn probieren und Rezepte haben, wie man ihn einsetzen kann", sagt Gabriele Schuster zu ihrem Sirup. Auf Messen verkaufe er sich am besten. Die Folge: Familie Schuster beschäftigt gleich mehrere Mitarbeiter, um so möglichst oft präsent zu sein.


Drei Standbeine

Die Tingeltour hat sich bezahlt gemacht. Die 10 000 im vergangenen Jahr abgesetzten Flaschen sollen heuer verdoppelt werden. Viel wichtiger als der Ausstellungsraum, in dem die Flaschen über die noch nicht vorhandene Ladentheke gehen sollen, ist der Familie daher das angrenzende Zimmer - das durch Schaufensterscheiben von der Straßen aus einsehbar ist: "Gläserne Manufakur" nennen sie ihre neue, knapp 20 Quadratmeter große Küche. "Bislang mussten wir alles in einer kleinen Blockhütte kochen. Jetzt haben wir nicht nur doppelt so viel Platz, sondern auch einen großen Lagerraum gleich nebenan", erklärt die 54-Jährige, die wie ihre Tochter hofft, einen Grundstein für Wachstum gelegt zu haben.

Aus den 20 Prozent, die der Verkauf des Sirups derzeit zum Familienbudget beiträgt, sollen bald mehr werden. "Aber da lassen wir uns trotzdem Zeit. Wir wollen harmonisch wachsen", sagt Gabriele Schuster.

Auf die Sirup-Produktion allein sind sie nicht angewiesen. Inzwischen hat die Familie, die ihre Wurzeln in der Landwirtschaft hat, drei Standbeine. Mit sechs Hektar Erdbeer- und Heidelbeerfeldern startete Vater Johannes Schuster vor 15 Jahren den Betrieb. Heute macht der Verkauf der Früchte rund 30 Prozent des Einkommens aus.
Nebenbei gefragt: Bauen kleine Landwirtschaftsbetriebe den Nebenerwerb stärker aus? Horst Rost vom Landwirtschaftsamt in Schweinfurt widerspricht: "Die Existenzsicherung steht im Vordergrund. Das kann der Ausbau des Betriebs sein, eine Kooperation oder ein Nebenerwerb wie etwa eine Pensionspferdehaltung", sagt der Abteilungsleiter für Förderung. Klappt so ein Weg nicht, geben die Bauern meist ganz auf, und wieder ist ein landwirtschaftlicher Hof verschwunden. Gerade Betriebe unter 60 bis 70 Hektar werden weniger. "Nur auf eine Karte setzen, kann man eigentlich gar nicht mehr", sagt dazu Hanna Schuster. "Das wäre fahrlässig. Da muss nur ein starker Frost kommen, und die Ernte ist hin."

Unabhängig von der Witterung sind dagegen die silbernen Skate-Anlagen, die bei Schusters stehen - und für die Hälfte der Einnahmen sorgen. Die selbstgebaute Sprungschanze begeisterte einst seine Frau beim Inlineskaten. Johannes Schuster baute weitere - und exportiert sie inzwischen europaweit. Wer weiß, vielleicht läuft es dank Innovationsgeist im Steigerwald mit "Shrub" bald genauso?

"Shrub" schlecken in Untersteinbach

Eröffnung
Einen Einblick in ihre "Gläserne Manufaktur" sowie in den neuen Ausstellungsraum geben Gabriele und Hanna Schuster am Sonntag, 22. November. Ab 13 Uhr besteht in dem Laden an der Hauptstraße 2b in Untersteinbach die Möglichkeit, die Produkte zu testen.

Leseraktion Mit etwas Glück haben FT-Leser beim "ABO Plus" die Chance, bei der Herstellung und der Abfüllung des Fruchtsirups einmal über die Schulter zu gucken. Zwei Gruppen mit je 15 Personen sind am 5./6. Dezember in Untersteinbach dabei, wenn er in Flaschen abgefüllt wird.