Zwei Jungs, zwei Bier, ein Gedanke

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Markus Häggberg Vor einiger Zeit und in unserer Gegend, da war der Stefan dem Thomas mal behilflich. Thomas' Traum war dahin, denn all die Hoffnungen, die er einst in die neue Wohn...

Markus Häggberg

Vor einiger Zeit und in unserer Gegend, da war der Stefan dem Thomas mal behilflich. Thomas' Traum war dahin, denn all die Hoffnungen, die er einst in die neue Wohnung legte ... ja mei. Der Traum vom gemeinsamen Leben mit Steffi war geplatzt und jetzt war die Wohnung zu groß für ihn allein und seinen Geldbeutel. Also entschloss sich Thomas zu einem Umzug in eine kleinere Bude, und dafür brauchte er den Stefan, denn der hatte Erfahrung mit Umzügen und auch einen Kleintransporter.
So schleppten die Jungs den ganzen Tag treppab, woran erst Hoffnungen, dann Erinnerungen und jetzt Spinnweben hingen. Steffi war kein uninteressanter Charakter, denn sie war weitgereist und polyglott. So ein wenig färbten ihre Neigungen auch auf Thomas ab, und so standen nun noch eine türkische Ottomane im Flur, eine Reihe Marimbas und Congas rund um das Himmelbett im Schlafzimmer, zwei verwegen gekleidete Schaufensterpuppen im Gästezimmer sowie alle möglichen Möbel und technischen Geräte nebst in Kisten verpackte Bücher zwischen Balkon und Gäste-WC.
Die Krönung aber bildete das mehrere tausend Liter fassende Aquarium im Wohnzimmer. Das Ungewöhnlichste an diesem Aquarium waren die Fische darin. Goldfische gab es mal, auch andere Flosser schwommen entlang der Glasscheibe. Doch eines Tages hatte Steffi, inspiriert von ihrem Urlaub im Amazonas, die Idee, ungebräuchlichere Zierfische einzusetzen. Reminiszenz an einen Flussarm, an dem sie beinahe mal gebadet hätte. Jedenfalls setzte sie mit Thomas Piranhas ein, und die wurden mehr und die Goldfische wurden weniger, und die Piranhas mussten bald künstlich, also von Steffi und Thomas, ernährt werden.
Jetzt waren die Biester groß, Steffi weg, und das Ausschöpfen der enormen Wassermenge samt Evakuierung der Biester wollten sich die Jungs für den Abend aufheben. Bis dahin schufteten sie wie die Berserker, schraubten, zerlegten und schleppten sie. Mehrfach fuhren sie den vollen Kleintransporter vom Hof und kamen mit einem entleerten wieder zurück.
Noch einmal stiegen sie die Treppen hinauf, um sich der letzten großen Aufgabe in der nun fast vollkommen leeren Wohnung zu stellen. Zuvor aber genehmigten sie sich zwei Bier, rückten ihre Stühle vor das Aquarium und folgten meditierend den Bewegungen der Biester. So saßen sie da, schweigend im Feierabendblues, das Ende eines Lebensabschnitts fühlend. Thomas dachte heute seltener als sonst an Steffi, und für Minuten umgab ihn ein Friede. Oder Müdigkeit. Oder beides. Eine noch unmerkliche Lust auf ein neues Leben setzte in ihm ein.
Dann durchzuckte ihn ein Gedanke und er begann ein unergründliches Lächeln zu lächeln. "Du sag' mal: Kann man Piranhas essen?", fragte er Stefan. Der blickte stier vor sich hin, dann, ganz langsam, spielte ein Lächeln um seinen Mund und er gab zu, dass ihn das auch gerade beschäftige. Er zückte zu Recherchezwecken sein Handy. "Hm, giftig sind sie schon mal nicht." Später am Abend fanden die Jungs auch noch heraus, dass Piranhas schwer zu fangen und anstrengend zu schlachten sind, und eher wie Fleisch denn Fisch schmecken. Ausnahmslos.