Zusammen gärtnern ohne Zwang

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Roswitha Dicker (l.) und Christiane Chantre am Hochbeet an der Erlöserkirche. Foto: Maria Menzel
Roswitha Dicker (l.) und Christiane Chantre am Hochbeet an der Erlöserkirche.  Foto: Maria Menzel

Das Projekt Essbare Stadt bietet Bambergern seit 2017 die Möglichkeit, zusammen Obst und Gemüse in ihrer Nachbarschaft anzubauen. Wie kommt die Idee an?

Bamberg — "Ist das Zitronenverbene?", fragt eine vorbeischlendernde Passantin in die Runde. Christiane Chantre und Roswitha Dicker bestätigen die Vermutung und bieten ihr an, dass sie sich etwas vom Kraut abschneiden kann. Eigentlich war die Dame mit einer Freundin auf einem Spaziergang unterwegs, jetzt probiert sie ein paar Kräuter und tauscht mit den beiden Gärtnerinnen vom Hochbeet an der Erlöserkirche Tipps zum Anbau von unterschiedlichen Pflanzen aus. Genauso haben sich die Initiatoren der Essbaren Stadt ihr Projekt vorgestellt. "Jeder kann sich etwas aus den Hochbeeten mitnehmen, egal, ob jemand beim Anbau mitgeholfen hat oder nicht", sagt Koordinator Matthias Schöring.

Das Hochbeet an der Erlöserkirche wird von einer Gruppe von freiwilligen Gärtnern aus der Umgebung betreut. Das Projekt wird außerdem von der Kita "Kleine Strolche", der Gemeinde der Erlöserkirche und dem Bürgerverein Gangolf unterstützt. Den Standort gibt es seit fast einem Jahr. Inzwischen hat sich der Gartenanbau über die zwei Beete hinaus entwickelt. An den Mauern der Flusspromenade ranken sich Tomaten, Wein und Beeren.

Roswitha Dicker ist auf das Projekt durch einen Flyer aufmerksam geworden. Sie ist regelmäßig am Beet an der Erlöserkirche. Die Anwohnerin fand es schade, dass das gemeinsame Gärtnern wegen der Corona- Kontaktbeschränkungen im Frühjahr wegfallen musste. "Während des ersten Lockdowns war es aber trotzdem sehr schön, aus dem Haus zu kommen, um die Pflanzen zu gießen und sich danach noch ein wenig hinzusetzen", erzählt die Bambergerin.

Wo Bedarf besteht

Die Pflege der Hochbeete soll hierarchiefrei ablaufen. "Wir wollen niemandem sagen, ihr müsst so und so oft was am Beet machen", sagt Matthias Schöring. "Wir bauen nur dort Hochbeete auf, wo Bedarf besteht", ergänzt sein Kollege Denis Hébert. Es müssen sich also mehrere Leute melden und erklären, dass sie gerne im Hochbeet etwas pflanzen würden. Was gepflanzt oder nicht gepflanzt wird, wird den ansässigen Gruppen und dem Zufall überlassen. "Wenn sich an einem Standort wirklich niemand mehr kümmern würde, könnten wir das Beet auch wieder abbauen", so Hébert. Dies sei bis jetzt aber noch nicht notwendig gewesen.

Die Gruppen müssen sich selbst organisieren. Hébert und Schöring sind nur Ansprechpartner für die Stadt oder Sponsoren. "Wir kommunizieren zum Beispiel mit dem Gartenamt", erklärt Schöring. Das Gartenamt habe zum Beispiel den Wasseranschluss am Hochbeet Erlöserkirche organisiert. "Die Pflanzen bringen Leute mit oder wir bekommen Lieferungen von der Solidarischen Landwirtschaft", erklärt Hébert.

Einige Bürger finden, die Hochbeete sollten eher genutzt werden, um das Stadtbild zu verschönern. "Ich denke nicht, dass sich Leute wirklich Salat oder so etwas vom Beet mitnehmen würden", meint Brigitte Pfrogner über den Standort am Marienplatz. Sie spaziert regelmäßig an den Hochbeeten vorbei und findet, dass ein Blumenbeet einen höheren Nutzwert hätte. Dem Team von der Essbaren Stadt sind bis jetzt allerdings keine anderen negativen Rückmeldungen zugekommen. Auch von Seiten des Gartenamts seien bis jetzt nur positive Rückmeldungen gekommen.

Das Projekt wurde für die ersten zwei Jahre seines Bestehens vom Bundesministerium für Umwelt mit Geldern unterstützt. Jetzt ist der Verein auf Spenden angewiesen. "Ohne die staatlichen Fördergelder werden wir weniger Standorte im Jahr aufbauen können", erklärt Schöring. Das sei für den Verein allerdings in Ordnung, da er schon an vielen Orten Hochbeete aufgebaut hat. Seine Arbeit wird schon von mehreren Sponsoren unterstützt, auch Spenden aus den jeweiligen Nachbarschaften helfen, das Projekt am Laufen zu halten.