Kritischer Blick durch Musik
Lied wie "Blowing in the wind" von Bob Dylan haben damals auch zum Nachdenken über den Vietnamkrieg angeregt, sagt der Ebermannstädter Rentner. "Bei uns wurden in den Medien nur Bombenabwürfe gezeigt. Das hat uns irgendwie beeindruckt und niemand hat daran gedacht, dass dabei Menschen sterben", sagt Kortner. Geprägt haben die beiden vor allem die Musikrichtungen Jazz, Folk und Rock 'n Roll. "Der Stil gefällt uns noch immer", sagt Kortner. Seine Frau lächelt und nickt zustimmend.
Die Musik des Jahres 1968 bezeichnet Kortner nur als Begleitung der Bewegung. "Nur wenige der Musiker haben wirklich aktiv an Protesten oder Demonstrationen teilgenommen." Viele von ihnen seien aber gerade durch die Entwicklungen in diesem Jahr groß und berühmt geworden. "Zudem haben sie damit viel Geld verdient."
Die Entwicklungen in diesem Jahr voller Unruhen und Wandel bezeichnet Joachim Kortner als gesellschaftliches Phänomen. "Davon wurde auch nur eine bestimmte Gesellschaftsschicht angesprochen."
Er und seine Frau haben das schnell durchschaut, sagt er. "Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch. Das wäre für mich eine Welt gewesen, in die ich hinein gezwungen werde und die mir nicht gefällt", sagt Eugenie Kortner. Ihr Mann sieht das genauso: Sie hätten bestimmte Werte überzeugt ausgelebt und wollten "diese Spur auch nicht verlassen." "Wir haben nur das mitgenommen, was dazu passte. Drogen, Kommunen und freie Liebe gehörten nicht dazu", sagt Kortner. Dazu zählte zum Beispiel die freie Liebe völlig ab. "Die Frau war noch immer unterdrückt, machte die Wäsche und kochte", erklärt Eugenie.
Das Ehepaar lehnte außerdem den Konsum von Drogen ab. "Das hat damals zum guten Ton in diesen Kreisen gezählt. Da stand die Bewusstseinserweiterung und das Losgelöst sein von der Welt im Vordergrund", sagt Kortner. Sogar viele "brave Bürger" in kleinen Dörfern, hätten zu der Zeit Haschisch konsumiert, erzählt seine Frau.
Das Ehepaar erinnert sich 50 Jahre später mit gemischten Gefühlen an diese Zeit. Musikalisch und kulturell gesehen, habe sich jedoch vieles in eine positive Richtung entwickelt, da die Leere der zwölf Jahre NS-Zeit wieder gefüllt wurde.