Ein besorgter Bürger hatte das Landesamt für Denkmalpflege eingeschaltet. Er befürchtete, dass Sondengänger die bronze- und hallstattzeitlichen Hügelgräbern auf dem Dornig öffneten. Die Untersuchung des Falles ergab: Offenbar suchte dort nur Schwarzwild nach Nahrung.
Matthias Einwag Schlanke Buchen recken ihre mit frischem Grün versehenen Äste in den blauen Himmel. Der lichtdurchflutete, mit Immergrün bedeckte Waldboden verströmt den betörenden Duft unberührter Natur. Wir sind im heiligen Hain der Kelten auf dem Höhenkamm des Dornigs zwischen Loffeld, Frauendorf und Sträublingshof. Ein wundervoller Ort. Kein Wunder, dass die Kelten ihre Toten an solch einem magischen Platz bestatteten, um sie von hier aus in die Anderswelt zu verabschieden.
Doch was ist das?! Etliche der 59 bronze- und hallstattzeitlichen Grabhügel weisen deutliche Anomalien auf: Irgendwer hat sich an den flachen Erdkuppen zu schaffen gemacht und offenbar versucht, von oben in die Hügelgräber einzudringen. Viel dürften die Raubgräber augenscheinlich nicht gefunden haben, denn die Hügelgräber wurden bereits in den 1850er-Jahren geöffnet und leergeräumt. Die damaligen Methoden waren aus heutiger Sicht unprofessionell und unzureichend, so dass keine tieferen Erkenntnisse dabei herauskamen.
Friedhof der Staffelbergbewohner
Bernhard Christoph ist ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege. Seit vielen Jahrzehnten hilft er mit, die prähistorische Stätten im Kreis Lichtenfels zu erforschen und die Kenntnis über das Leben unserer Ahnen zu vermehren. Er ist überzeugt davon, dass das Gräberfeld auf dem Dornig von den Bewohnern des Staffelbergs angelegt worden sein muss. Dafür spreche die Sichtachse vom Dornig zu Staffelberg, die noch heute besteht. "Dieser ganze Höhenrücken ist ein einziges Gräberfeld", erklärt Bernhard Christoph immer wieder den Teilnehmern von Exkursionen des Geschichtsvereins Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW).
Als er von den vermeintlichen Raubgräbern hörte, die sich an den Grabhügeln zu schaffen machten, war Bernhard Christoph elektrisiert. Wenige Tage später besuchte er das abgelegene Waldgebiet am Dornig, um sich ein Bild zu machen, was die Frevler dort angerichtet haben.
"Ich war am Dornig und habe die bisher vorliegenden Informationen mit der Örtlichkeit abgeglichen", sagt er auf Anfrage dieser Zeitung. An den von einem aufmerksamen Bürger benannten Stellen, auf die ihn das Landesamt für Denkmalpflege hinwies, stellte er prompt größere Schäden fest. Zudem fand er auf dem gesamten Areal der beiden Gräberfelder und darüber hinaus an vielen Stellen aufgerissenen Oberboden und ausgeworfenes Gestein: "Schäden sind zwischen Grabhügeln, am Fuß von Grabhügeln und obenauf bis in die alten Grabungsöffnungen des 19. Jahrhunderts hinein feststellbar."
Keine Spuren von Spaten
Allerdings gebe es entsprechende Löcher bis in die nördlich der Gräber liegende Steilböschung hinein. "An keiner der von mir untersuchten Schadstellen waren Spuren von Werkzeugen wie Hacke und Spaten zu finden." Ein Landwirt, den er vor Ort angetroffen hat, klagte jedoch über die Schäden durch umherstreifende Wildschweine. "Die Aufwühlungen entsprechen zudem denen, die ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit in jüngerer Zeit wiederholt auch an Dämmen von Eisenbahnanlagen festgestellt habe", fährt Bernhard Christoph fort. Außergewöhnlich sei lediglich, dass die eher großflächigen Aufwühlungen am Dornig ausgerechnet auf größeren Grabhügeln vorhanden sind. "Im Gegensatz zur Aussage des Landwirts, er habe vereinzelt Hufabdrücke von Wildschweinen an solchen Stellen gesehen, konnte ich derlei nicht erkennen. Vielmehr sind die Schadstellen weder von Fußabdrücken, noch von Tierspuren gekennzeichnet." Das könne jedoch daran liegen, dass die Spuren inzwischen vom Regen verwischt wurden.
Gegen mögliches Raubgräbertum spricht nach Ansicht von Bernhard Christoph "insbesondere die räumliche Ausdehnung der Schadstellen, die sich über mehrere Hundert Meter erstreckt und nicht nur Grabhügel betrifft". Zudem seien die Schäden auf den Grabhügeln der südlichen Gruppe zwar beachtlich, aber sie greifen nicht wesentlich in Bereiche ein, die von den Ausgräbern des 19. Jahrhunderts unberührt gelassen wurden. Eher wurden deren Aushub und die zugehörige Grube umgewühlt. "Einen Raubgräber hätte sicher das bisher unausgegrabene Areal interessiert und er wäre entsprechend in die Tiefe gegangen", folgert er.