Bei einem Selbstsicherheits- und Verteidigungskurs lernen Kinder, was im Notfall hilft.
"Stopp", schreit Lukas aus Leibeskräften, dass die Wände nur so zittern, und geht dabei einen Schritt zurück und zeigt damit unmissverständlich, bis hier hin und nicht weiter. Die Übung ist Teil eines Selbstsicherheits- und Verteidigungskurses, mit dem Kinder und Jugendliche lernen, sich zur Wehr zu setzen.
"Brazilian Jiu-Jitsu ist die beste Möglichkeit, um gewaltfrei einen Konflikt zu lösen", erklärt Martin Page, Trainer und Inhaber von High Rollers Jiu Jitsu. Gemeinsam mit der Bambergerin Christine Krämer zeigen sie im Rahmen des Ferienprogramms der kommunalen Jugendarbeit eine Abfolge von Handgriffen, mit denen auch kleinere und schwächere Menschen eine Chance haben, einen Angreifer zu begegnen.
Laut schreien ist wichtig
Zu Beginn der Stunde steht erstmal ein Aufwärmtraining auf dem Programm. Zunächst geht es darum, dem Angreifer unmissverständlich klarzumachen, dass es jetzt ein Ende hat. "Sagt ,Stopp‘, und das möglichst laut, und geht einen Schritt zurück", rät Martin Page. Laut schreien habe zumindest den Vorteil, dass die Leute merken, da ist etwas los. Falls sich der Angreifer nicht davon abhalten lässt, sollte man den Vorgang wiederholen. Das schlimmste Szenario wäre, auf dem Boden zu liegen. In vielen anderen Kampfsportarten wäre da der Kampf schon entschieden. Nicht so im Brazilian Jiu- Jitsu.
Vor allem den Kopf schützen
Mit der richtigen Technik kann sich selbst ein Schwächerer wieder befreien. Oberstes Gebot: "Schützt euern Kopf, der Kopf ist das Wichtigste, was wir haben", erklärt der Trainer. Nacheinander üben die Kinder die einzelnen Schritte, um sich aus dem Griff des Angreifers zu befreien und gleichzeitig auch handlungsfähig zu bleiben. Dies fängt schon mit der richtigen Falltechnik an, geht über in eine Übung, die sich "Rodeo" nennt. Dabei gilt es, sich zehn Sekunden auf dem Rücken eines sich "wild bewegenden" Trainers auszuhalten, ohne abgeworfen zu werden. Die Übungen sind so aufgebaut, dass sie aufeinander aufbauen und Spaß machen, aber immer so effektiv wie nur möglich sind. "Ohr auf die Schulter des Angreifers und ihn mit Armen und Beinen umklammern", lautet die Anweisung. Die Schritte werden wiederholt und erklärt.
In einem nächsten Schritt geht es darum, sich aus der Umklammerung zu lösen und dabei den Gegner auf dem Boden zu halten. Martin Page erklärt es anhand eines Beispiels: "Habt ihr schon einmal versucht, bei einer Liegestütze aufzustehen, wenn euch jemand die Schulter nach unten drückt? Da habt ihr keine Chance." Erst das praktische Beispiel überzeugt die Kinder, die dabei auch ihren Spaß haben. Am Ende der Stunde wird noch einmal jeder Schritt wiederholt. Dann sind die Zehn- bis 14-Jährigen an der Reihe.