Wenn Mutti weihnachtet

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Markus Häggberg Weihnachten ist der gegebene Anlass für Irrungen und Wirrungen. Mal abgesehen davon, dass einen die Verwandtschaft nicht einmal zu diesem heiligen Fest in Ruhe läss...

Markus Häggberg

Weihnachten ist der gegebene Anlass für Irrungen und Wirrungen. Mal abgesehen davon, dass einen die Verwandtschaft nicht einmal zu diesem heiligen Fest in Ruhe lässt, setzt sie auch noch auf Geschenke. Das schafft einmalige Szenen. So wie die von Harald aus Bad Staffelstein, der mir während eines Spaziergangs am See von seiner Mutti erzählte.
Mutti ist von ihrem guten Geschmack überzeugt, und aus dieser Überzeugung erwuchs ihr im Laufe der Jahre ein gewisser Pragmatismus. Nun möchte man doch meinen, dass ein Beschenkter in der Auswahl seiner Geschenke ein Wörtchen mitzureden habe. Dieses Wörtchen teilt sich oft auf andere Weise als die explizite Äußerung eines Wunsches nach diesem oder jenem mit. Aber wenn ein Mensch Hobbys besitzt, so liegt doch nahe, womit ihm eine Freude gemacht werden könnte. Aber hier befindet sich Haralds wunder Punkt, denn was seine Beziehung zu seiner Mutter überschattet, ist seine Vermutung, dass es Mutti immer schon ein wenig mehr um sich als um ihn ging. "Was magst Du zu Weihnachten?", wurde er von Mutti gefragt. Harald, das muss man wissen, interessiert sich für Modellbau, Geschichtliches und Reisen, und seine Mutti kennt ihn nicht erst seit gestern. "Ich schenke dir Schuhe - schöne Schuhe!", stieß sie hervor, seine Antwort gar nicht erst abwartend. "Was habe ich mit Schuhen am Hut?", protestierte Harald, und seine Mutti erzählte ihm davon, dass sie tolle Stiefel gesehen habe. Ganz tolle.
Dann führte sie aus, dass er doch Schuhe bräuchte und nicht immer rumlaufen solle wie so ein ... na wie so ein ... er sei ja schließlich noch jung und könne auch ruhig mal peppig ... hm? Eigentlich will Harald mal nach Barcelona und von dem Bildband habe er seiner Mutter mal erzählt, erwähnte er mir gegenüber. Dann fragte er sich, ob sie ihn überhaupt ernst nimmt. Fortführung fand das Drama darin, dass Haralds Mutter - überwältigt vom eigenen Geschmack - es nicht erwarten konnte, ihrem Sohn noch vor Weihnachten Bescheid zu geben, dass die Schuhe angekommen seien. Verdutzt wollte Harald wissen, ob es denn nicht klüger gewesen wäre, wenn er beim Schuhkauf dabei gewesen wäre, wegen der Passform und damit sie nicht drücken und so. Doch Mutti hatte an alles gedacht und präsentierte ihrem Harald drei verschiedene Größen des gleichen Schuhmodells, nicht passende könne man ja zurücksenden. Und so ging er in seinen doch recht passenden Schuhen neben mir am See und wir überlegten, wie er Mutti die Augen öffnen und sie für seine Ansichten sensibilisieren könne. Damit sie einmal sieht, wie bekloppt es doch ist, etwas geschenkt zu bekommen, nach dem man nicht gefragt hat. "Kauf du ihr doch auch Schuhe und schenke sie ihr auch vor Weihnachten", empfahl ich Harald und wir beide mussten herzlich lachen.
Sie müssten ja nicht ihr gefallen, Hauptsache sei doch, dass sie dir gefallen, setzte ich mit einem Augenzwinkern hinzu. So kaufte Harald seiner Mutti Schuhe ohne Anprobe, in dreifacher Ausführung und solche, wie sie ihm gefielen, wenn er Gefallen an Frauenschuhen hätte. Wir rechneten mit einem Aha-Erlebnis, mit einem Erwachen mütterlicher Einsicht. Na, mit einer Rosskur eben. Ich für meinen Teil hatte bei dieser Sache auch nichts zu verlieren. Darum lachte ich auch am lautesten, als Harald mir berichtete. Mutti fand die Überraschung gelungen, ganz toll sogar. Jetzt will sie wissen, welche Hemden er zu seinem bald anstehenden Geburtstag mag. Sie hat da schon ein ganz peppiges gesehen. Ein ganz ein tolles.