Wenn der Chef den Mindestlohn verweigert

1 Min

Im Landkreis Haßberge bekommen immer noch nicht alle Beschäftigten die Bezahlung, die ihnen per Gesetz zusteht. Das kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genu...

Im Landkreis Haßberge bekommen immer noch nicht alle Beschäftigten die Bezahlung, die ihnen per Gesetz zusteht. Das kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die NGG beruft sich dabei auf neue Zahlen des Bundesfinanzministeriums. Danach leitete das Hauptzollamt Schweinfurt, das auch für den Kreis Haßberge zuständig ist, in den ersten sechs Monaten des Jahres 84 Ermittlungsverfahren wegen nicht gezahlter Mindestlöhne ein. Im Hotel- und Gaststättengewerbe wurden die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit 22 Mal fündig.
Für Ibo Ocak von der NGG Unterfranken steht fest: "Jeder Verstoß ist einer zu viel. Es kann nicht angehen, dass sich auch zwei Jahre nach seiner Einführung noch immer nicht alle Betriebe an den gesetzlichen Mindestlohn halten."
Auch spezielle Branchenmindestlöhne, wie es sie etwa für die Leiharbeit gebe, würden zu häufig unterlaufen. Positiv wertet Ocak dabei die Zunahme der Kontrollen: Im ersten Halbjahr prüften die Schweinfurter Zollbeamten laut Statistik 128 Hotels, Gaststätten und Restaurants - das sind 42 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.


Mehr Zoll-Personal nötig

"Je gründlicher der Zoll kontrolliert, desto größer ist das Risiko für Unternehmen im Kreis Haßberge, bei schmutzigen Praktiken erwischt zu werden", betont der Gewerkschafter. Dafür müsse das Zoll-Personal jedoch deutlich aufgestockt werden. Die Arbeit der Finanzkontrolle sei eines der wichtigsten Mittel, um die Einhaltung des Mindestlohns flächendeckend durchzusetzen, sagt Ocak. Hier gelte einmal mehr: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser." Zugleich wendet sich die NGG gegen Pläne, die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn aufzuweichen. Dafür hatten sich Union und FDP im Wahlkampf ausgesprochen.
Ocak: "Nur wenn die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten genau erfassen, lässt sich Lohn-Prellerei verhindern. Denn gerade im Gastgewerbe kommt es immer wieder vor, dass Chefs versuchen, ihre Mitarbeiter zu Umsonst-Überstunden zu zwingen", weiß der Gewerkschafter.
Die Zoll-Halbjahresbilanz geht auf eine aktuelle Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke an das Bundesfinanzministerium zurück. Deutschlandweit wurden demnach im ersten Halbjahr gut 3700 Betriebe des Gastgewerbes vom Zoll überprüft - 21 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. red