Demografie Kommunen sollten nicht tatenlos zusehen, wie sich die Alterspyramide verschiebt, fordert die Generationenbeauftragte.
von unserem Mitarbeiter Werner Baier
Hirschaid — Packen wir den demografischen Wandel nach dem Prinzip Hoffnung und selbstgestrickten Lösungen oder sollten wir ein bisschen Geld in die Hand nehmen und uns professioneller Hilfe bedienen? Vor diese Frage sieht sich der Marktgemeinderat Hirschaid angesichts einer Prognose gestellt, wonach die 12 000-Einwohner-Gemeinde bis 2029 um ganze 66 Personen wachsen wird. Die Generationenbeauftragte des Landkreises Bamberg, Sina Wicht, rechnete vor, dass sich in Hirschaid der Anteil der unter 18-Jährigen um 14 Prozent oder 318 Kinder und Jugendliche verringern werde. Die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 18 und 65 Jahren werde um 12 Prozent oder 887 Personen sinken. Gleichzeitig steige der Anteil der über 65-Jährigen um 72 Prozent oder 1270 Senioren.
Dieser Entwicklung dürften Kommunalpolitiker nicht tatenlos zusehen, gab die Expertin zu bedenken.
Am Beispiel Feuerschutz zeigte Sina Wicht den Handlungsbedarf auf: Die Kommune könne zwar Feuerwehrfahrzeuge und Gerätehäuser zur Verfügung stellen; aber es sind genügend und geeignete Freiwillige erforderlich, die sich in den Dienst der Sache stellen. Die wollen gefunden sein. Und schon heute ist Nachwuchsmangel bei den Feuerwehren kein Fremdwort mehr.
Die Fragen, um die es einer Gemeinde wie Hirschaid gehen müsse: Wer kümmert sich um Aktionen im Bürgerhaus? Wer organisiert Freiwilligendienste in der Pflege der Alten oder Kinderbetreuung? Wer setzt und hält Wohnprojekte und Nachbarschaftshilfen in Gang? Wer aktiviert die "jungen Alten", deren Potenzial zur Lösung vieler Aufgaben dringend gebraucht werde? Die Antwort der Generationenbeauftragten ist klar: Für die größte Gemeinde des Landkreises hält sie eine möglichst gut und einschlägig qualifizierte Halbtagskraft für erforderlich, am besten
einen "Kümmerer" mit sozialpädagogischer Ausbildung.
"Belebende Planung" nötig Es brauche, so die Expertin vom Landratsamt, eine "belebende Planung" und einen Motor, der sie umsetze. Der Staat unterstütze diese Aufgabe mit diversen Förderprogrammen, denn er verfolge das Ziel, älteren Menschen so lange wie möglich ein Leben zu Hause zu organisieren. Sina Wicht ist überzeugt, dass in fünf bis zehn Jahren die Problematik so deutlich werde, dass keine Gemeinde mehr über die Notwendigkeit von Lösungswegen debattieren werde. Gundelsheim, Litzendorf und Oberhaid haben das Projekt "Soziale Stadt" schon aufgegriffen. Für Hirschaid hat die Bürgernahe Liste die Schaffung einer Stelle Generationenbeauftragte/r beantragt. Christoph Busch machte klar, dass es ihm dabei sehr wohl um eine professionelle Lösung geht.
Bürgermeister Klaus Homann (CSU) schätzt die jährlichen Personalkosten für eine entsprechend versierte Halbtagskraft auf 20 000 bis 25 000 Euro. Nicht nur für ihn stellt sich die Frage, ob sich Hirschaid diesen Aufwand leisten könne.
Udo Wüst von den Freien Wählern meinte, dass man die staatliche Förderung vergessen könne. Deshalb solle Hirschaid besser eine Steuerungsgruppe einsetzen und die Arbeitsleistung in der Gemeindeverwaltung ansiedeln. Sein Fraktionskollege Georg Kestler fragte zudem nach mehr Unterstützung durch die Generationenbeauftrage des Landkreises. Heinrich Dorn (CSU) sieht die Gefahr, dass "hochstudierte Leute in der Regel auch noch Hilfskräfte benötigen", dazu ein Büro und womöglich ein eigenes Budget. Dritter Bürgermeister Hans Wichert kam auf die Idee, die entstehenden Aufgaben im Wege von Patenschaften zu leisten. Dazu seien die Bürger motivieren.
Zu einem Ergebnis kam der Marktgemeinderat nach fast einstündiger Debatte nicht.
Der Bürgermeister sieht bei der hohen Belastung der Gemeindeverwaltung keine Möglichkeit, Rathausbediensteten auch noch dieses Spektrum zuzuweisen. Die Geschäftsleiterin Ulrike Piontek ließ in der Ratssitzung anklingen, dass das Personal rund 3000 Überstunden angesammelt habe. Zudem hätten sich wahre Aktenberge mit unerledigten Angelegenheiten angesammelt ...