Warum es Heiligenverehrung gibt

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Das Herbst-Frauenfrühstück fand im Saal der Brauerei Dinkel in Stublang mit Stephan Renczes statt. Foto: Gerd Klemenz
Das Herbst-Frauenfrühstück fand im Saal der Brauerei Dinkel in Stublang mit Stephan Renczes statt. Foto: Gerd Klemenz

Glaube  Das Herbst-Frauenfrühstück des Uetzinger Pfarrgemeinderats fand im Saal der Brauerei Dinkel in Stublang unter dem Motto "Ein heilbringender Schatz - Reliquienverehrung" statt. Stephan Renczes sprach über dieses Thema.

von unserem Mitarbeiter Gerd Klemenz

Uetzing — Reliquien üben eine große Anziehungskraft aus, und es gibt große Wallfahrten zu Heiligengräbern oder zu den Stätten, an denen Reliquien aufbewahrt werden. Während sie den einen heilig sind und sie näher zu ihrem Glauben führen, erwecken sie bei den anderen Unverständnis und Ablehnung.
Aber wie kam es überhaupt zur Verehrung von Heiligen und ihren Reliquien? Als Referent für diesen Morgen konnte der Kunsthistoriker und Geschäftsführer sowie pädagogische Leiter der Katholischen Erwachsenbildung Kronach-Lichtenfels-Coburg Stephan Renczes aus Burgkunstadt gewonnen werden.
"Der Begriff Reliquie kommt aus dem Lateinischen und heißt übersetzt Überbleibsel", sagte der Referent. Das Wort bezeichne einen Gegenstand der religiösen Verehrung, zumeist einen Körperteil oder einen Teil des persönlichen Besitzes eines Heiligen. Eine der ältesten Formen der Reliquie sei die Berührungsreliquie, meist sei das ein kleines Bild, ein Stück Stoff oder ein Gegenstand, mit dem der Heilige in seinem Grab in Berührung kam. Höchsten Stellenwert unter den Reliquien genössen die Stücke, die auf die Passion Christi zurückgingen, wie Splitter öder Nägel vom Kreuz.
Reliquienverehrung gebe es nicht nur im Christentum, auch andere Religionen kennten sie. Schon relativ früh entwickelte sich im Christentum der Brauch, den Gedenktag von Heiligen und Märtyrern zu feiern. In diesem Zuge sei auch die Verehrung von Reliquien aufgekommen, die aber immer an das Grab des jeweiligen Heiligen gebunden gewesen sei.
Als erste Verehrung von Reliquien sei diejenigen des Polykarp von Smyrna überliefert. Erst im Lauf der Zeit habe man die Gräber von Märtyrern und Heiligen zu öffnen begonnen, deren Reliquien gehoben und in eine Kirche überführt. Dies habe in der lateinischen Kirche das erste Mal der Bischof Am brosius von Mailand durchgeführt, sehr bald sei es von der gesamten Christenheit übernommen worden. Erst später habe man die Gebeine in einen besonderen Schrein gelegt und diesen nicht unter, sondern vielmehr über dem Altar aufgestellt.

Brauch setzte sich durch

Seit dem Hochmittelalter gab es keinen Heiligen mehr, dem diese Ehre nicht zuteil geworden wäre. Schon vorher habe sich dann zunehmend der Brauch durchgesetzt, dass nicht nur der ganze Leichnam, sondern auch seine einzelnen Teile als Reliquien verehrt wurden.
Gegen die ursprüngliche Forderung der Zusammenhörigkeit aller Leibesglieder stand nun somit eine andere, gleichfalls sehr alte Idee. In jedem Teil einer Reliquie sei der "ganze Heilige" anwesend. Besonders im Verlauf des Spätmittelalters nahm die Reliquienverehrung eine echte Breitenwirkung mit unterschiedlichster Ausprägung an. Der Handel, teilweise auch mit geraubten Reliquien, blühte. Neben den Reliquienschreinen entstanden nun prachtvolle Reliquiare in verschiedenen Formen wie Häupter oder Armen und vielerorts gehörten Reliquienprozessionen oder große Heiltumsfahrten dazu, fuhr der Referent fort.

Himmel und Erde verbindend

Trotz aller reformatorischen Irritationen habe die christliche Reliquienverehrung in ihrer großen Blüte des Barocks bis zur Aufklärung im 18. Jahrhundert hinein gereicht, sagte Renczes. Eine Heiligenreliquie am Gebetsort schaffe eine übersinnliche Beziehung zwischen dem Heiligen, der im Himmel weile, und dem Menschen auf Erden. Die Reliquie werde damit zum Medium und stelle eine Materialisierung des Unfassbaren dar: der Heilige werde durch die Reliquie erlebbar.
Nach dem Vortrag gab es für die Frauen noch Diskussionsstoff. Der Pfarrgemeinderat bedankte sich bei Stephan Renczes mit einem kleinen Präsent.