Mehr als ein halbes Dutzend Zeugen sollen am Erlanger Amtsgericht helfen, eine Tat aufzuklären. Da jeder Zeuge seine Sichtweise hat, nicht einfach. Zumal ein Teil der Zeugen alkoholisiert war und der Vorfall bereits zwei Jahre zurückliegt.
MIchael Busch Die Bedingungen für eine Verhandlung vor dem Erlanger Amtsgericht sind eher suboptimal. Ein erster Termin, bereits mit geladenen und vernommenen Zeugen, ist nichtig, weil bei den Folgeterminen Fristen nicht eingehalten werden konnten. Das führte zu einem "Neustart", so dass alles bereits Geschehene wiederholt werden musste.
Des Weiteren geht es bei dem Termin um eine schwere Körperverletzung, die fast zwei Jahre zurückliegt. Dazu kommt, dass ein Großteil der damaligen Zeugen nicht mehr nüchtern war, immerhin handelte es sich um den Abend des Pfingstsonntags auf der Erlanger Bergkirchweih.
Mal ganz nüchtern betrachtet liegt zunächst die Anklage vor. Darin werden zwei Security-Kräfte, die in einem Lokal auf dem "Berg" arbeiteten, beschuldigt, dass sie einen Mann verprügelt haben sollen. Die damalige Anzeige stellte allerdings nicht der Betroffene, sondern Zeugen, die dem Mann helfen wollten.
Im Ursprung geht es um eine Bank
Für den Richter Hagen Förster galt es nun, herauszufinden, was an diesem Abend tatsächlich passiert ist, denn beide Angeklagten gaben an, dass sie tatsächlich mit dem Mann zu tun gehabt hätten. Denn der hätte eine Bank durch wildes darauf Herumhüpfen zerstört. Wegen dieser Sachbeschädigung hätten die Sicherheitskräfte seine Personalien haben wollen. Vor Gericht gab der Geschädigte an, der an dem Abend 1,5 Promille intus hatte, dass dies eben nicht gestimmt habe. Auch, dass er mehrfach geschlagen worden ist, und gegen seinen Willen zurück in das Gebäude gezogen wurde, bestritten die beiden Angeklagten. "Die wollten mir anhängen, dass ich den Tisch kaputtgemacht habe." Selber habe er "gar nicht so viel von dem Geschehen mitbekommen."
Aufklärung sollten fünf Zeugen liefern, die an diesem Abend am Berg waren. Doch das war gar nicht so einfach. Bereits der erste Zeuge erklärte, dass er vor Ort gar nicht dabei war, auch wenn er mit der Gruppe, die das Geschehen beobachtet haben will, grundsätzlich unterwegs gewesen sei. "Ich war aber schon weiter unten am Berg", was daran gelegen haben könnte, dass er nicht zu denen gehört habe, die am Ende des Berges noch mal auf die Toilette gehen mussten.
Das hatte nämlich der zweite Zeuge geschildert. Der zunächst geglaubt hatte, dass der erste Zeuge mit von der Partie gewesen sei. Der schildert, dass er gesehen habe, dass der Geschädigte von den Sicherheitskräften hinter eine Glastür gezogen wurde, die der Übergang zur Toilette ist. Dort sei der Mann verprügelt worden. Eine weitere Zeugin schilderte allerdings, dass der Rest der Gruppe erst aufmerksam geworden sein, weil sie diese auf das Geschehen hingewiesen habe. Bei den Zeugen gingen die Beobachtungen dann aber deutlich auseinander. An einen riesigen Türsteher, der die Tür blockierte, konnten sich alle erinnern, stand bei dem einen Zeugen vor der Tür, bei einer anderen Aussage innerhalb der Toilettenanlage. Der eine oder andere sah Schläge bereits vor dem Zurückziehen, andere erst hinter der Glastür, weitere gar nicht.
Das Phänomen der Zeugenwahrnehmung ist vor Gericht allerdings bekannt. In verschiedenen psychologischen Abhandlungen wird das beschrieben. Ein gewichtiger Aspekt ist zum Beispiel, dass die Erinnerung an das Ereignis von der betreffenden Person und dem Ereignis an sich abhängt. So schilderte die eine Zeugin, die keinerlei Alkohol getrunken hatte, sehr detailreich. Sie gab aber auch zu, dass "ich mich massiv geärgert habe über das Verhalten der Security-Kräfte".