von unserem Mitarbeiter Rainer Glissnik Berlin / Kronach / Lichtenfels / Coburg — Der Berliner Hauptbahnhof musste zeitweilig geschlossen werden, die Polizei öffnete schließlich we...
von unserem Mitarbeiter Rainer Glissnik
Berlin / Kronach / Lichtenfels / Coburg — Der Berliner Hauptbahnhof musste zeitweilig geschlossen werden, die Polizei öffnete schließlich wegen der gewaltigen Menschenmenge schließlich weitere Wege für den Protestmarsch sogar mitten durch das Regierungszentrum. Menschen aller Altersgruppen und aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen einte der Widerstand gegen hinter verschlossenen Türen geheim entwickelte Abkommen.
"Ich bin der Anmelder dieser Demonstration, die ich gemeinsam mit dem Trägerkreis von 33 Organisationen vorbereitet habe", erläutert Uwe Hiksch, der sich sichtlich über das Interesse aus seiner alten Heimat freut. "Jetzt warten wir, dass mehr als 600 Busse und fünf Sonderzüge ankommen", zeigte er sich vor der Großdemonstration zuversichtlich - bevor die Wirklichkeit alle Hoffnungen bei Weitem überstieg.
"Als mir aus Kronach getwittert wurde, dass mehr als neun Busse allein aus der Region Coburg-Kronach-Lichtenfels kommen werden, habe ich mich riesig gefreut. Das zeigt, dass der widerständige Geist noch immer in meiner oberfränkischen Heimat zu Hause ist. Ich hoffe, er bleibt auch erhalten."
Uwe Hiksch war 1994 über die bayerische SPD-Landesliste in den Bundestag gewählt geworden. 1998 gewann er als SPD-Direktkandidat im Wahlkreis Coburg. Nach einem Zerwürfnis mit seiner Partei ist Hiksch nun Büroleiter von MdB Annette Groth (Die Linke) und Mitglied dieser Partei. Mehr als hundert Organisationen haben zu dieser Demonstration aufgerufen. "Ich glaube, das wird etwas ganz Großes", sagte Hiksch.
Die oberfränkische Region sei in mehrfacher Hinsicht Verlierer. Sie habe noch viele altindustrialisierte Bereiche, die durch TTIP verlieren würden.
Die Freihandelsabkommen förderten vor allem die transnationalen Konzerne, machte sich Hiksch besonders Sorgen um seine alte Heimat. Die kleine mittelständische Landwirtschaft werde durch den Wettbewerb an die Wand gedrückt. Die kleinen mittelständischen Betriebe werden keine Chance gegen die transnationalen Konzerne haben.
Heimische Teilnehmer begründeten ihren Widerstand. "TTIP wird Arbeitsplätze vernichten" begründete Leonhard Fehn (Arbeitskreis Kirche und SPD, Arbeitsloseninitiative, Initiative für ein Gemeinwohl). Entsetzt sei er, dass SPD-Chef Dietmar Gabriel so für die Freihandelsabkommen eintrete. Mit den Freihandelsabkommen werde auch das Betriebsverfassungsgesetz ausgehebelt. Letztlich werde dies auch die deutschen Arbeitgeber treffen.
Die Freihandelsabkommen sind undemokratisch, begründete Barbara Gröger (Gewerkschaft) ihren Protest.
"Zum Schluss schaffen sie in Kronach noch unseren Bauernmarkt ab." Gegen die großen amerikanischen Konzerne würden viele unserer heimischen Betriebe nicht mehr bestehen können, befürchtete sie. Der kulturell und im Arbeitskreis Kirche und SPD engagierte Walter Wich-Herrlein befürchtete einen extremen Demokratieabbau. "Das Freihandelsabkommen ist der Einstieg in die Abschaffung der Demokratie", befürchtete Alexander Gröger, Greenpeace-Aktivist und Kronacher SPD-Ortsvorsitzender. Bei der angestrebten Gerichtsbarkeit habe der Staat nichts mehr zu sagen. Allein Schiedsgerichte würden in Hinterzimmern entscheiden, die ihren Sitz letztlich in der Weltbank haben. "TTIP ist der totale Terror in Potenz." Anfangs meldeten sich nur wenige Menschen für die Berliner Demonstration, am Schluss wurde der DGB regelrecht vom Interesse überrollt, erklärte der Lichtenfelser DGB-Kreisvorsitzende Heinz Gärtner.