TTIP bringt Chancen für innovative und hochwertige Produkte, sagen die einen. Und die Risiken?!, fragen die anderen.
Ein kluger Freihandel stärkt den Schutz regionaler Spezialitäten, davon ist Anton Dippold vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überzeugt. Bei seinem Vortrag in der Gaststätte Karolinenhöhe in Trieb über die Vor- und Nachteile des Transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) machte er am Donnerstag deutlich, dass mehr als 1400 Produkte, Wein und Spirituosen noch gar nicht inbegriffen, in der Europäischen Union als regionale Spezialitäten mit einer geographischen Herkunftsbezeichnung geschützt seien.
Allein die Bundesrepublik zähle 79 landwirtschaftliche Produkte plus 30 Weinsorten und Spirituosen mit entsprechender Kennzeichnung. Dabei gehe es um weit mehr als wirtschaftliche Wertschöpfung.
Deutlich spürbar war die Verunsicherung der Landwirte über ein Abkommen, von dem ihre Zukunft abhängen könnte.
Der Vorsitzende des Verbandes für landwirtschaftliche Fortbildung, Rudi Steuer, sah Chancen für Landwirte, die Produkte mit einem hohen Selbstversorgungsgrad herstellten. Zum Beispiel Fleisch, Milch und Zucker. Das Freihandelsabkommen biete die Möglichkeit, diese Produkte zu exportieren. TTIP könnte den Markt entlasten.
Durchaus offen stand Michael Bienlein dem Freihandelsabkommen gegenüber. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes erläuterte, dass die Landwirte im Landkreis auf Exporte angewiesen seien. "Wir nutzen unser gutes Grünland für die Milchproduktion, und Milch und Käse sind für die Ausfuhr hervorragend geeignet", sagte der Landwirt aus Siedamsdorf. Anton Dippold bremste die hohen Erwartungen, die sich dem freien Handel mit Nordamerika eröffnen. "Die Landwirtschaft in den USA ist uns, allein durch große Höfe und klimatische Voraussetzungen, überlegen", gab er zu bedenken.
Die Chance der Bauern bei uns bestehe im Export veredelter Produkte. Auch den Bedarf an ökologischen Produkten könnten die Öko-Höfe nicht decken.
Die Frage von Andreas Popp, Vorsitzender des Rings junger Landwirte, ob er seinen Betrieb umstellen solle, wollte Dippold nicht beantworten. "Er sei kein Hellseher und könne nur die Fakten darlegen", sagte er. Einer der häufigsten Kritikpunkte der TTIP-Verhandlungen sei die hohe Intransparenz. Dippold stand der 12. Runde der Verhandlungen Ende Februar in Brüssel skeptisch gegenüber.
Einen Abschluss im ersten Halbjahr hielt er wegen der Präsidentschaftswahlen in den USA und den Bundestagswahlen 2017 für unwahrscheinlich. Der Agrarfachmann listete noch einmal die Vorteile des Abkommens auf. Es bestünden gute Absatzmöglichkeiten für innovative und hochwertige Produkte. Durch den Abbau von Zöllen könnten Einsparungen erfolgen.
Es könnten zusätzliche Arbeitsplätze entstehen und Bürokratie abgebaut werden.
"Chancen für die Landwirtschaft bestehen im Bereich von Premiumprodukten und Spezialitäten, der US-amerikanische Markt für hochwertige Lebensmittel wächst konstant", wiederholte Dippold. Aber auch die Kritik an TTIP wachse. In Deutschland, Österreich und Luxemburg sei die Mehrheit dagegen. Anstoß nähmen die Bürger an der mangelnden Transparenz der Verhandlungen. Ein weiterer Punkt: Europäische Umwelt- und Verbraucherrichtlinien, etwa zu genmanipulierten oder mit Hormonen behandelte Lebensmittel, könnten verwässert werden. Für die größte Aufregung sorge derzeit der Investorenschutz, der es ausländischen Unternehmen ermöglichen soll, vor geheim tagenden Schiedsgerichten Staaten auf Schadensersatz für entgangene Gewinne zu verklagen.