Asyl In der ehemaligen Flynn Housing Area geben sich die Handwerker die Klinke in die Hand. Bevor die ersten Balkan-Flüchtlinge erwartet werden, müssen Büros für eine ganze Reihe von Behörden geschaffen werden.
von unserem Redaktionsmitglied
Jutta Behr-Groh
Bamberg — Ab heute wollte Lorenz Schneider eigentlich den Sommer genießen. Kurz entschlossen hat der selbstständige Schreiner seinen Urlaub gestrichen und einen dringenden Auftrag der Regierung von Oberfranken angenommen. Sie muss in den nächsten zwei Wochen in der ehemaligen Flynn Housing Area ein kleines Behördenzentrum schaffen: Ehe am 15. September an der Birkenallee die ersten Balkan-Flüchtlinge erwartet werden, sollen die Verwaltungsstrukturen stehen und funktionieren. Stichtag für die Büros ist der 10. September.
Für Schneider kam der Auftrag so überraschend wie für alle anderen Firmen und Handwerker, die seit wenigen Tagen auf dem vorher Menschen leeren früheren Kasernengelände arbeiten.
Kein Wunder: Auch die Stadt Bamberg weiß noch nicht lang, dass der Freistaat in einem Teil der ehemaligen Warner Barracks ein Ankunfts- und Rückführungszentrum für Asylbewerber mit geringen Aussichten auf Anerkennung einrichten will. Am 14. August gaben die Minister Emilia Müller und Joachim Herrmann (beide CSU) - nach intensiven Verhandlungen mit Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) - diese Entscheidung bekannt.
Jetzt muss alles ganz schnell gehen. Zehn Mehrfamilienhäuser, die seit dem Abzug der letzten US-Soldaten vor elf Monaten leer stehen sind, müssen binnen vier Wochen bezugsfertig gemacht werden. Vorrang haben für die Regierung die zwei Gebäude, in denen die Verwaltung der Einrichtung untergebracht wird: Erlenstraße (Alder Street) 1, 3, 5 und 2, 4, 6. Alle Verwaltungsschritte, die mit dem Asylverfahren verbunden sind, sollen an Ort und Stelle erledigt werden.
"Die Leute werden mit Bussen gebracht, steigen aus und kommen hier rein", erklärt Baudirektor Christoph Reichl von der Regierung von Oberfranken, als er am Mitwoch mit Medienvertretern im Hochparterre der Erlenstraße 4 steht. Die ehemaligen Wohnungen rechts und links vom Treppenhaus werden in zentrale Anlaufstellen mit Kapazität für bis zu 25 Ankömmlingen umgestaltet. Die Menschen würden dort registriert und einer ersten medizinischen Untersuchung unterzogen, so Reichl weiter: Sie bekämen auch gleich Dinge des täglichen Gebrauchs wie Handtuch, Seife und Zahnbürste, ehe man ihnen ihre Unterkunft in Nachbargebäuden zuweisen werde.
Große Umbauarbeiten sind nicht zu sehen. Die Häuser befinden sich laut Regierung in einem sehr guten Zustand. Die Wohnungen müssten im Grunde "nur" gründlich gereinigt, mit Lampen, Rauchmeldern und Möbeln ausgestattet werden.
Die Herausforderung bestehe darin, aus ehemaligen Wohnräumen in Windeseile funktionstüchtige Büros zu machen. Das Wichtigste sei ein leistungsfähiges Datennetz.
Ein ganzes Behördenzentrum
Weil die unterschiedlichsten Behörden mit Außenstellen in die Flynn Housing Area kommen, brauche man nicht weniger als 141 verschiedene Datenleitungen nach außen, betont der Baudirektor und stellvertretende Regierungs-Sprecher: "Hier entsteht ein Behördenzentrum."
Niederlassungen richten unter anderen die Regierung, die zentrale Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das Verwaltungsgericht Bayreuth, die Polizei und das städtische Sozialamt ein. Im Endausbau dürften um die 200 Personen in der Verwaltung der Erstaufnahmeeinrichtung arbeiten, prognostiziert Oliver Hempfling, der Pressesprecher der Regierung in Bayreuth.
"Zu Beginn werden es deutlich weniger sein."
Die personell größte Außenstelle dürfte das Bundesamt haben. In der Endausbaustufe werde man rund 100 Beschäftigte in Bamberg haben, teilte Natalie Psuja, eine der Bamf-Sprecherinnen, auf Anfrage mit. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden alle Aufgaben rund um das Asylverfahren übernehmen - von der Antragstellung über die Anhörung bis zur Entscheidung." Mitte September will man mit 15 Kräften die Arbeit aufnehmen. Die Stellen wurden bundesweit ausgeschrieben.
Auch die Regierung von Oberfranken sucht Hände ringend Personal. Die Beamten und Verwaltungsfachangestellte, medizinischen Fachkräfte, Sachbearbeiter, Fachinformatiker, Hausverwalter und Hausmeister müssen neben der fachlichen Qualifikation und Englisch-Kenntnissen ein hohes Maß an psychischer und physischer Belastbarkeit mitbringen.
Das geht aus den Stellenanzeigen der Regierung hervor, die am Wochenende unter anderem im "Fränkischen Tag" erschienen sind. Außerdem wird von den Bewerbern die Bereitschaft erwartet, "bei Bedarf auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten Dienst zu leisten".
Dienst nach Vorschrift - der sei auch aktuell nicht möglich, merkt Christoph Reichl an. Um die Herkulesaufgabe in Bamberg-Ost bewältigen zu können, hätten manche Regierungs-Beamte und -Angestellte ihren Urlaub abgebrochen oder erst gar nicht angetreten. Eine Urlaubssperre gebe es nicht.
Für maximal 1500 Menschen wird in der Flynn Housing Area Platz auf Zeit geschaffen. Das Zentrum soll sich nach und nach füllen. Zunächst sind 400 Betten geordert. Im Innenministerium geht man von einer kurzen Aufenthaltsdauer der Einzelnen aus. Nach vier bis sechs Wochen soll über das Asylbegehren der Ankömmlinge entschieden sein. Die meisten Menschen werden laut Minister Herrmann von der Flynn Housing Area aus wohl direkt die Rückreise antreten.