Ein Auszubildender hatte einen anderen "Azubi" attackiert - sein Strafverfahren wurde eingestellt.
Eine "Hackordnung" in Handwerksbetrieben unter den Lehrlingen - das war früher üblich. Heute ist das eher die Ausnahme. Trotzdem landete ein solcher Fall vor dem Jugendgericht am Amtsgericht in Haßfurt. Ein heute 20-jähriger Auszubildender hatte einen "Neuen" so heftig gepackt und geschüttelt, dass der Kollege in die Notaufnahme eines Krankenhauses eingeliefert werden musste. Da sich die Körperverletzung letztendlich aber als geringfügig herausstellte, ging der Prozess für den jungen Angeklagten glimpflich aus: Das Gericht stellte das Verfahren gegen eine 300-Euro-Geldauflage ein.
Laut Anklageschrift, die der Staatsanwalt Thomas Heer verlas, kam es am 24. Mai dieses Jahres gegen 17.15 Uhr zu dem unschönen Vorfall. Tatort: ein Betrieb im Maintal. Tatzeit: Kurz vor Feierabend. Als, wieder einmal, einer der neuen "Azubis" sein Werkzeug und die Maschinen nicht ordentlich aufgeräumt hatte, platzte dem Angeklagten der Kragen.
Wie er in seiner Einlassung vor Gericht zugab, hat er den vermeintlichen Faulpelz "gepackt und geschüttelt, damit der endlich mal aufwacht und seine Arbeit macht."
Er bestritt allerdings, den daraufhin zu Boden gegangenen Kollegen auch noch getreten zu haben, zumindest nicht absichtlich. Irgendwie muss er ihn aber doch erwischt haben, denn der Arzt in einer Klinik diagnostizierte eine Beckenprellung. Allerdings ohne Hautverletzung, wie dem ärztlichen Attest zu entnehmen ist. Da nichts gebrochen oder verstaucht war, reichte eine Sport- und Gelenksalbe, um die geringfügige Verletzung auszuheilen.
Wie der Jugendrichter Martin Kober klarstellte, ist ein solches Gebaren heutzutage nicht mehr akzeptabel. Obwohl in früheren Zeiten frische Lehrlinge von den "alten Hasen" körperlich gezüchtigt wurden, ist heute ein solches Verhalten strafbar. Der Angeklagte hätte seinem Meister oder dem Arbeitgeber Bescheid sagen müssen.
Kein Schläger
Der Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich beschrieb den Heranwachsenden als ruhigen und überlegten Burschen und schloss aus, dass es sich um einen Schlägertypen handelt. Im Februar wird er seine Ausbildung abschließen. Er hat sich auch bereits Gedanken gemacht, wie es dann weitergehen soll. Entweder will er schulisch weitermachen und die Berufsoberschule besuchen oder ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren. Wie man weiter erfuhr, hat der Arbeitgeber zwischenzeitlich die beiden Streithähne getrennt, indem er den Angeklagten in eine andere Zweigstelle versetzt hat. Der Pädagoge schlug vor, das Verfahren gegen eine Geldbuße einzustellen.
Eine solche Einstellung hatte bereits im Vorfeld der Verteidiger Alexander Fehn angeregt. Sowohl der Vorsitzende Richter als auch der Vertreter der Anklage zeigten sich damit einverstanden. Wenn der Noch-"Azubi" bis zum 20. Januar 2017 die 300 Euro an den Jugendhilfefonds Haßberge überweist, ist die Sache dann endgültig vom Tisch.