Steinkreuze ziehen an den Kirchenplatz

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Als Manfred Welker (l.) und Helmut Fischer Anfang Mai die Steinkreuze im Schlossgraben begutachteten, standen noch alle drei Exemplare an ihrem Platz. In der Zwischenzeit wurde das Kreuz rechts von Unbekannten beschädigt und ist eingelagert. Foto: privat
Als Manfred Welker (l.) und Helmut Fischer Anfang Mai die Steinkreuze im Schlossgraben begutachteten, standen noch alle drei Exemplare an ihrem Platz. In der Zwischenzeit wurde das Kreuz rechts von Unbekannten beschädigt und ist eingelagert. Foto: privat

Die alten Sühnezeichen, die derzeit noch im Schlossgraben stehen, müssen den Bauarbeiten am Rathaus weichen. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass diese mittelalterlichen Rechtsdenkmale einen neuen Standort bekommen.

Seit den 1970er Jahren sind im Schlossgraben von Herzogenaurach drei Steinkreuze aufgestellt. Bei den anstehenden Arbeiten zum Neubau des Rathauses müssen diese Zeugnisse einer alten Rechtsordnung von ihrem Standort weichen. Helmut Fischer von der Deutschen Steinkreuzforschung und Kreisheimatpfleger Manfred Welker mussten feststellen, dass ein Kreuz bereits im Vorfeld beschädigt wurde, und haben sich Gedanken über einen neuen Standort gemacht.
Sühnekreuze aus Stein waren vor der Einführung der Cautio Criminalis Carolina im Jahr 1532 häufig Teil eines Vertrages, der zwischen zwei Parteien in einem Totschlagsprozess ausgehandelt wurde. Wie die Katasterkarte aus dem Jahr 1826 zeigt, befanden sich diese drei Kreuze zu diesem Zeitpunkt an der Kapelle südlich der Flurbezeichnung "Kapellgaerten" (nunmehr Würzburger Straße). Bereits das Herzogenauracher Urbarbuch von 1560 erwähnt den Graben "oberhalb der 3 Kreuze" als Grenze des Fischwassers der Aurach.
1716 ließ die hiesige Bürgerswitwe Kunigunda Wiesner das ältere sogenannte Käppele bei diesen drei Steinkreuzen erbauen. Daneben stand auch die sogenannte weiße Marter, die sich jetzt am Kirchenplatz befindet.
1881 war in der Würzburger Straße in unmittelbarer Nähe der Kapelle die Maschinenspinnerei Dickas und Compagnie errichtet worden. 1889 übersiedelten die "Vereinigten Fränkischen Schuhfabriken vorm. Max Brust vorm. B. Berneis AG" nach Herzogenaurach und übernahmen das Gebäude. Außerdem wurde der Kapellenacker angekauft und vertraglich die Versetzung der Kapelle vereinbart. Direktor Louis Berneis (1854-1930) steuerte 300 Mark zum Neubau der Kapelle bei.
Stadtschreiber Johann Schürr (1836-1916) hat als Zeitzeuge die Neueinweihung der Dreifaltigkeitskapelle miterlebt. Nach seinen Aufzeichnungen wurde am 24. Juni 1897 die Dreifaltigkeitskapelle an ihrem neuen Standort eingeweiht. Den Bau hatte Elise Zimmerer, Witwe des Bierbrauers Friedrich Zimmerer, bei der weißen Marter errichten lassen. Da die Kapelle der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht war, feierte das obere Stadtviertel, die Kalchgrube genannt, ihr Kirchweihfest am Dreifaltigkeitssonntag. Diese Tradition hielt besonders das Gasthaus "Frische Quelle" aufrecht. Auch wurde die Kapelle in einen Bittgang der Pfarrei St. Maria Magdalena mit einbezogen.
Allerdings erwies sich der Standort an der Straßengabelung Würzburger Straße/Welkenbacher Kirchweg im Lauf der Zeit als verkehrstechnisch ungünstig. Daher wurde die Kapelle nochmals versetzt, dieses Mal um etwa 600 Meter den Welkenbacher Kirchweg hinauf.


Von Akazien beschirmt

Hans Polster, der damalige Besitzer, außerdem Schwiegersohn und Nachfolger des Erbauers, gab hierzu sein Einverständnis. Die Kosten der Versetzung und des Wiederaufbaus hatte die Stadt Herzogenaurach übernommen. Sie lagen damals bei 8000 DM. Die neue Kapelle erhielt ihren Standort direkt neben dem "Hohen Kreuz", von Akazien überragt und beschirmt.
Neben der Kapelle befanden sich die ebenfalls versetzten Martersäulen, die drei Steinkreuze und ein Kreuz mit einem Korpus. Die Deutsche Steinkreuzforschung und Kreisheimatpfleger Richard Tille hatten gemeinsam mit einer Privatinitiative deren Versetzung ermöglicht. Die Weihe von Kapelle, Altar und Altarbild nahm der damalige Studienrat Fritz Fröhlich vor. Im Anschluss daran wurde die vor der Kapelle aufgestellte Glocke benediziert, die den Bittspruch "Herr bewahre uns den Frieden" trägt.
Allerdings waren bereits 1974 die Martersäulen beschädigt, auch die Kapelle war ruinös, besonders die Fenster waren demoliert worden. Daher erhielt diese 1976 neue Buntglasfenster. Die Wiedereinweihung erfolgte am Freitag, 7. Mai 1976.


Die Marter im Schlosshof

Die gefährdeten Steinkreuze und die Martersäulen wurden in die Innenstadt von Herzogenaurach versetzt. Auf Vorschlag von Kreisheimatpfleger Richard Tille wurde die weiße Marter im Schlosshof von Herzogenaurach vor dem Eingang zum Stadtmuseum wieder aufgestellt. Die Steinkreuze wurden an die Innenseite der Schlossmauer versetzt und befinden sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt an der Rückseite der Stadtkasse bzw. des Sitzungssaales des 1967 errichteten neuen Rathauses. Bei den anstehenden Bauarbeiten müssen die Steinkreuze wiederum "weichen".
Die alten Standorte, auch der im Schlossgraben, stehen nicht mehr zur Verfügung, daher bietet sich ein neuer Standort an: Der Grünstreifen am Kirchenplatz an der Kircheneinfriedungsmauer zwischen dem kleinen und dem großen Spital.
Vorgespräche mit Stadtpfarrer Helmut Hetzel haben ergeben, dass von Seiten der katholischen Stadtpfarrei keine Einwände gegen diesen Standort bestehen.
Für Fischer und Welker ist dies ein passender Standort, sie würden diese Wahl auf jeden Fall unterstützen, um die Steinkreuze auch in Zukunft zu erhalten und sie vor Gefahren wie den Straßenverkehr oder Vandalismus im Außenbereich der Stadt zu schützen. maw